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Krumme Gurken

Krumme Gurken

Titel: Krumme Gurken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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sie zurück.
    Sie heulte. »Waas … was ist?«
    »Ruf Rowdy an!«
    »Hast du mit ihm geredet?«
    »Nee!«, sagte ich. »Hab ja gleich wieder dich angerufen.«
    »Ich bin voll peinlich!«, sagte Carmela.
    »Bist du nicht. Ruf ihn an!«
    »Der lacht mich aus!«
    »Macht er nicht!«
    Pause.
    »Tschüss!«, sagte ich und drückte auf Rot.
    Was jetzt also? Ich mussste mich bei Lost Horizon abreagieren. Mann – auf einmal erinnerte ich mich, dass ich
schon vor Wochen Fenton und Kim allein bei ihrem Flugzeugwrack gelassen hatte und stattdessen durch die depressiven Gegenden von Gothic wanderte.
    Hmm … Oder doch nicht? Plötzlich kam mir das wie Zeitverschwendung vor. Lost Horizon … das konnte noch warten. Besser ich würde mir von meinem Vater ein Fernglas ausleihen und aus sicherer Entfernung die ganzen beleuchteten Fenster des Klosters unter die Lupe nehmen. He, he, he …
    Ach, Quatsch! Das hab ich nur zum Spaß gesagt. So ein Spanner bin ich nicht. Echt nicht! Warum zögerte ich eigentlich? Web hatte ich zwar nicht, aber Lost Horizon wartete schon sehnsüchtig auf seine Vollendung. Hatte mir mit dem Spiel viel Zeit gelassen. Das war auch gut, denn draußen hat’s mir jetzt echt gut gefallen: Insektenviecher zirpten, Nachtvögel heulten und schissen auf die Nachtruhe, Sternenbanner am Himmel – ich hatte mich in die warme Nacht eingekuschelt und wollte den schönen Mantel nicht ablegen. Zumal ich immer noch komisches Kribbeln verspürte. Anna? Kann man sich in das Bild einer Frau verknallen, das man hinter einem beleuchteten Fenster gesehen hat? Es schien so. Das Kribbeln hatte doch angefangen, als ich im Garten war. Ich würde noch mal gern mit dem komischen Hippiemädchen sprechen. Wohl wegen Anna.
    Dieser Garten machte irgendwas mit mir. Eine Erinnerung flitzte mir durch den Kopf. War ich vor gefühlten tausend Jahren nicht auch mal ein Naturbursche gewesen? Meine Oma war inzwischen gestorben, aber als Kind hatte ich bei ihr etliche Ferien verbracht. In der Sächsischen Schweiz. Mit den Kindern aus dem Dorf hatte ich dort in den Felsen Räuber und Gendarm gespielt. Und Indianer. Wollte immer Old Shatterhand sein, aber ein grober Junge
aus dem Dorf hatte mir eins auf die Fresse gehauen, und ich musste Intschu tschuna spielen. Im richtigen Leben musst du immer wie ein Tier kämpfen, um deine Wunschrolle zu bekommen. Digital kannst du alles spielen, worauf du Lust hast. Ein paar entfernte Tiergeräusche rissen mich aus meinen Überlegungen. Hier draußen war’s doch etwas unruhig, aber von Bruno dem Bären keine Spur, also ganz ungefährlich. Oder? Hmm … gab’s in Bayern Wölfe? Mutig drehte ich noch eine Runde ums Kloster rum.
    Um dreiundzwanzig Uhr landete ich wieder am Haupteingang. Jetzt freute ich mich schon so richtig aufs Lost Horizon . Eine Mädchenmeute trudelte mit Koffern rein. Ferien vorbei. Und noch mal mein Handyklingelton – HÄNDE HOCH! SCHURKE! Diesmal war’s Rowdy. »Bin verliebt, Alda!«
    »Wer ist die Glückliche?«, fragte ich, obwohl ich’s schon wusste.
    »Na, wer schon? Carmela!«
    »Die ist super!«, sagte ich.
    »Nicht gemeingefährlich?«, fragte er.
    »Hab damals nur gescherzt«, log ich.
    »Du und deine Scherze, Alda!«
    »Hast du’s ihr gesagt?«
    »Sie hat mich gerade angerufen. Gute Nacht!«
    »Schlaf gut, Dschulio!«, sagte ich.
    »Idiot!« Er legte auf.
    Ich lachte. Irgendwie war ich plötzlich auch glücklich. Komisch, oder? Ohne Web?
     

     
    Leise ging ich die Holztreppe hinauf. Aus dem Schlafzimmer meiner Eltern kamen tierische Geräusche auf Sächsisch.

    »Und fertsch, Mutti!«, brüllte Vater. »Soou!«
    Sei’s ihnen gegönnt. Die Septembernacht knisterte vor Liebe. Liebe hin, Liebe her! Mein Energietank war leer. Musste wieder etwas Energie ansammeln, bevor’s weiterging mit meinem Lebensspiel. Fenton Paddock konnte bis morgen warten.
    So weit war’s mit mir gekommen? Wollte ich echt das Zocken verschieben? War ich krank, oder was?
    Meine Tür lag gleich gegenüber der Treppe. Am Ende des Flurs gab’s eine Eisentür, die aber verschlossen war. Ich hatte sie gleich nach der Ankunft ausprobiert. Du musst immer alle Türen anklicken – das weiß jeder Zocker. Nur nicht die, hinter denen Monster oder Zombies oder Säbel schwingende Gorillas warten. Hinter der da aber schliefen nur Mädchen, zumindest lag das Fenster mit meiner nackten Königin in dieser Richtung. Diese Tür schien aber schon länger nicht aufgesperrt worden zu sein. Der Eiserne

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