Krumme Gurken
blies mich bis in den Himmel: I’d do anything for love (but I won’t do that) .
»Gute Nacht, Benn!«, kam nach dem Song von unten.
»Gute Nacht, ihr Süßen!«, sagte ich. So groß war ich schon gewachsen. Doch die Angst vor Enthüllung wuchs auch. Ich legte mich ins Bett und dachte weiter nach: Was kann einem Lustiges passieren, verdammt! Gott! Gib mir eine Geschichte! Bitte!
Stille.
Und dann hörte ich nur noch den letzten Satz meiner Königin: »Ich bin am nächsten dran«, sagte Anna.
Was meinte sie damit? Irgendwas hatten die Mädchen mit mir vor. Die Zeichen dafür würde nur ein Idiot übersehen. Aber was? Was hatten sie mit mir vor?
Emma am Ende?
In der Früh hatte mich das Zwitschern von daneben geweckt. Ich krallte mir meine Flöte und zwitscherte durchs Liebesloch zurück: Stille Nacht . Weihnachten stand zwar nicht an, aber mein Repertoire erlaubte mir keine Sommersonghöhenflüge mehr. Weihnachtslieder kannte ich noch von meinem alten Flötenunterricht mehr als genug.
»Voll schön, Bennie«, sagte Mia.
»Du hast doch noch Ferien, Benn«, sagte Emma. »Begleitest du mich in die Stadt? Ich muss zum Zahnarzt.«
»Du gehst aber ran!«, hörte ich Anna aus dem Hintergrund.
Hmm … Mit Emma in die Stadt? Warum nicht? Konnte ja nicht schaden, meine Freundin Anna, die mich erst am nächsten Donnerstag küssen wollte, ein wenig eifersüchtig zu machen.
Die heutigen Wolken haben Emma in etwas mehr Stoff gekleidet als ich bei ihr gewöhnt war: schwarze Jeans und eine weiße Bluse mit schwarzen Streifen, oder halt umgekehrt schwarze Bluse mit weißen Streifen. Ihr Zebra-Look wurde mit viel Geschmack durch ihr glattes schwarzes Haar vervollständigt. Schaute echt schnuckelig aus. Seit ihrem Auftritt beim Fußballspiel kam mir Emma immer interessanter vor. Mit einer solchen Freundin könntest du eine
Bande Skinheads in die Flucht schlagen. Doch das Kribbeln war immer noch am stärksten, wenn ich an Anna dachte. Den Amor kannst du nicht austricksen. Der trifft mit seinem Liebespfeil dein Herz, nicht deinen Arsch, sodass du ihn wegfurzen könntest. Der Liebespfeil erinnerte mich wieder mal dran, dass mir immer noch nichts Krasses eingefallen war, womit ich die Mädels weiter unterhalten könnte. Und der Abend rückte langsam näher.
»Ich bin hart im Nehmen«, sagte Emma vor dem Tor und gab mir ihren Rucksack zum Tragen. »Ich sollte Eishockey spielen.«
»Machen wir Handdrücken?«, fragte ich.
»Klar!«, sagte sie und packte mich an der Hand. Boah! So direkt?
»Das ist Händchenhalten und nicht Handdrücken«, sagte ich, ließ aber meine Hand in ihrer. Zum ersten Mal im Leben hielt ich Händchen. Ja, krass! Aber ich musste schließlich Erfahrung sammeln. Langsam kam ich mir nicht mehr wie die eiserne Jungfrau vor, sondern wie der Jungfernhäutchenbrecher schlechthin. Ohne mein Zutun noch dazu. In Bayern schienen die Mädels den Sturm zu führen. In Dresden hatte ich immer gedacht, du musst dich total anstrengen, um mit einem Mädchen ins Gespräch zu kommen, deshalb war ich ja hauptsächlich im Web aktiv, da war’s gemütlicher. Aber hier im Mädcheninternat schien es für Jungen auch gemütlich zu sein – ich musste gar nichts machen. Die Mädels machten alles für mich. Anna wollte mit mir Tischtennis spielen, um mich nächste Woche küssen zu dürfen. Emma wollte, dass ich sie zum Zahnarzt begleite und brauchte Händchenhalten auf dem Weg dorthin. Waren alle Mädchen in Bayern so brutal direkt drauf? Oder checkte ich hier etwas nicht richtig, verdammt?
»Händchenhalten ist doch fast genauso schön wie Handdrücken«, sagte Emma. »Komm! Der Bus!« Wir hielten uns weiter an den Händen und joggten zur Busstation. Uff! Geschafft!
»Meistens krieg ich gleich nach dem Anpfiff ’ne rote Karte«, sagte Emma beim Einsteigen. »Beim letzten Spiel hab ich mich aber zurückgehalten. Wir mussten gewinnen. Damit wir zu der Schulparty dürfen, die hat uns Frau Korcks versprochen.
»Schulparty? Im Internat?«
»Nö!«, sagte Emma. »Das wäre ja voll langweilig. Bei uns gibt’s nur Mädchen. Die Jungs und Mädels von der Schule hier in der Stadt lassen jedes Jahr eine Tanzparty steigen. Sie laden auch die Schulen aus der Umgebung ein. Wir waren schon im letzten Jahr dabei. Echt lustig! Super Mukke: HipHop und Oldies!«
»Gute Mischung!«, sagte ich. »Wann denn?«
»Am nächsten Mittwoch. Kommst du mit?«
»J … j … ich hab da … ich hab da meinen Flötenunterricht.« Huch! Fast hätte
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