Krumme Gurken
Stunden wieder. Ein gutes Zeichen, oder? Das derb schöne Gefühl von gestern hatte sich bei mir festgemauert und stand unverrückbar da wie die Berliner Mauer… eh … das war kein guter Vergleich. Sorry! Hauptsache, ich freute mich wahnsinnig auf den Nachmittag mit Mia.
»Wollen wir uns das neue Krumme-Gurken -Video angucken?«, fragte ich Mia nach der Schule. »Mit dir als Sängerin!«
»Machen wir doch zuerst einen Ausflug«, sagte Mia. »Draußen ist es voll schön, da kann man doch nicht im Zimmer hocken bleiben. Das Video können wir auch am Abend noch schauen.«
Sie hatte gerade vor ein paar Sekunden an meine Tür geklopft, mein Vater hatte sie nach oben geschickt. Als sie die Tür aufmachte, hörte ich vom Hof das übliche Mädchenstimmenorchester des Freitagnachmittags: Heimweg! Zum Glück blieb Mia übers Wochenende hier – ihre Tante hatte sie ja erst am Mittwoch gesehen.
»Was machst du da eigentlich?«, fragte Mia streng und runzelte ihre Stirn. Eine Strähne ihres wunderbar roten Haares schmückte ihre Nasenspitze. Sie trug einen breiten Ledergürtel mit einer massiven Schnalle um die Jeans und ein kurzes schwarzes T-Shirt mit einem Ausschnitt, der Rowdy zu einer Wahnsinnstat verführen würde. Huch! Ich hatte die übelst schönste Sexbombe in der EU zur Freundin! Das poetische Mädchen! Hey! Kein Glück im Spiel, Mann, und dann gewinnst du das Liebeslotto!
Ich hockte gerade an meinem Notebook. »Eeh … wollte … wollte …« Hmm … warum stotterte ich plötzlich? Sie würde mir doch nicht den Kopf abreißen, weil ich mein eigenes Spiel zu Ende spielen wollte, oder? So brutal war sie nicht!
»Du willst ohne mich das Spiel zu Ende zocken?«, fragte Mia. »Unglaublich! Rutsch ein bissl zur Seite!« Sie schob mich auf die rechte Stuhlhälfte und beschlagahmte die Tastatur.
In Richards Zeit belegen die letzten zwölf Priester Shambalas die morphogenetischen Felder mit einem Schwur, um Shambala zu retten. Nur mithilfe eines dreiteiligen Drachenamuletts kann Fenton diese Felder umgehen, um die Nazilager aufzumischen. Richard lässt ihm durch die Zeit Gegenstände zukommen. Mia zockt gnadenlos
schnell. Nach ein paar Minuten hat Fenton die drei Teile des Drachenamuletts beisammen und als ihm der Geist Richards aus der alten Zeit zuflüstert, mithilfe der Amulette könne Fenton seine Gedanken zu Materie werden lassen, lässt Mia ihn sich einen Drachen zusammendenken, der die Nazis vertreibt. Die Nazi-Gräfin will die Stellen sprengen, die die morphogenetischen Felder kontrollieren, damit der Drache verschwindet und sie wieder die Oberhand gewinnt. Zum Glück hat sich Kim inzwischen befreit und liefert sich mit der Gräfin krasse IP-Man-Kung-Fu-Kämpfe. Zum Schluss kickt Kim die Gräfin in einen Erdschlund voll mit heißer Lava.
Gewonnen!
Aber es gibt noch ein richtiges Happy End: Fenton und Kim finden sich. Richards Geist taucht auf. Richard will in den alten Shambala-Zeiten bleiben und den zwölf Priestern bei ihrer Rettungsaktion helfen. Nur Fenton und Kim kehren in unsere Welt zurück. »Du hältst dich für ’nen tollen Kerl, was?«, sagt Kim zu Fenton am Schluss. Abspann mit Namen. Musik.
Das Spiel ist durchgezockt. Diese Mia! In einer Viertelstunde. Das gibt’s doch nicht, oder?
»Du hältst dich für ’nen tollen Kerl, was?«, sage ich zu ihr und beiße sie sanft ins Ohrläppchen.
Ich badete mit einem Mädchen im See, bekam aber keinen Ständer. Kann sein, dass es an den romantischen Gefühlen lag, doch ich glaube, eher war das Wasser der Grund: saukalt! Der Herbst klopfte schon langsam auch in Bayern an.
»Spiel mir etwas vor!«, sagte Mia, als wir wieder am Ufer waren. Ich zog meine Flöte aus dem Rucksack. Wir schlüpften
in unsere Kleider, damit das Flötenkonzert auf der Isomatte steigen konnte. Du kannst nicht zur andächtigen Musik deine nackten Eier bammeln lassen. Obwohl, unter uns: Der nackten Mia etwas auf meiner Flöte vorzuspielen, ist auch bunt schön!
Ich trillerte los : In my Place von Coldplay . Mia sang mit. Aber das überraschte mich nicht mehr. Mia ist die Herrin der singenden Vögel. Sie kennt alle Lieder:
»In my place, in my place
Were lines that I couldn’t change
I was lost, oh yeah
I was lost, I was lost
Crossed lines I shouldn’t have crossed
I was lost, oh yeah«
Nach dem Lied nahm Mia mir die Flöte aus der Hand, streckte sie gen Himmel und guckte an der Flöte entlang, als wollte sie abmessen, wie gerade die
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