Krumme Touren in Texas
Messingschild
stand »Reverend«. Der große Mann öffnete die Tür
und bedeutete mir mit einem Kopfnicken,
hineinzugehen. Ich ging hinein. Es schien einfach
angebracht. Der große Kerl blieb im Flur und schloß
die Tür. Vermutlich stand er Wache.
Das Büro war dunkelgrün gestrichen, das
Balkenwerk war aus gebeiztem Kiefernholz. Zwei
rosarot bezogene Lehnstühle standen vor einem
rotlackierten Schreibtisch, ein weißes Sofa nahm die
Wand rechts von mir ein. Das Zimmer war überladen
mit Büchern, Teppichen und Pflanzen.
Ehrwürden selbst saß hinter dem Schreibtisch auf
einem hohen rotlackierten Stuhl. Sie hatte ihren
Chortalar abgelegt und trug ein dunkelgrünes Kleid.
Als ich eintrat, lächelte sie mich an.
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»Soso, Miss Carpenter. Ich dachte nicht, daß ich
Sie so bald wiedersehe. Sind Sie wegen geistlicher
Anleitung hier?« Sie griff beiläufig über den
Schreibtisch nach einem Päckchen Luckies, nahm eine
heraus, zündete sie mit einem Streichholz an,
schüttelte das Streichholz langsam aus und ließ es in
einen großen Marmoraschenbecher fallen. »Warum
nehmen Sie nicht Platz?«
Ich setzte mich, ohne etwas zu sagen.
Sie holte eine Karaffe aus einem Schreibtischfach.
»Brandy?«
»Klar.« Ich zuckte die Achseln.
Sie lachte leise in sich hinein und schenkte uns ein,
dann
kam
sie
und
reichte
mir
einen
Kognakschwenker. Als ich das Glas nahm, setzte sie
sich vor mich auf die Schreibtischkante, schlug die
Beine übereinander, nippte an ihrem Brandy und
betrachtete mich neugierig. Wir saßen ein paar
Minuten schweigend da, dann sagte sie: »Tragen Sie
immer Hosen, wenn Sie in die Kirche gehen?«
»Um ehrlich zu sein, ich bin keine Kirchgängerin.
Eigentlich wollte ich heute abend nicht zum
Gottesdienst, ich bin sozusagen nur von der Menge
hineingedrängt worden. Tatsächlich bin ich
gekommen, um mit Ihnen über Waymon Stovall zu
sprechen. Ich nehme an, Gott war so verblüfft, mich
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in der Kirche zu sehen, daß er nicht darauf geachtet
hat, wie ich angezogen war.«
Sie gluckste, ihre grünen Augen glitzerten wie die
eines Sperlings, der hinter einem besonders
knackigen Wurm her ist.
»Schicken Sie immer einen Schläger, wenn jemand
Ihre Kleiderordnung verletzt?«
Sie lachte wieder, dann trank sie ihren Brandy aus
und schenkte uns noch einen ein. Sie beugte sich
langsam vor, zog die Schuhe aus und ließ sie neben
meinen Füßen zu Boden fallen. Dabei sah sie mir
unentwegt in die Augen. Ich spürte, wie sich eine
heiße Röte an meinem Hals bildete und mir
kribbelnd
ins
Gesicht
stieg
wie
eine
Heuschreckenplage, die das Land überzieht.
»In meiner Kirche können Sie tragen, was Ihnen
gefällt, Hollis. Ist es in Ordnung, wenn ich dich
Hollis nenne?«
Ich nickte.
»Um die Wahrheit zu sagen, mir gefällt’s, wie du
dich anziehst«, wurde sie deutlicher und lächelte
mich an.
Kruzifix, hörte sie denn gar nicht mehr auf?
»Mache ich dich nervös?« fragte sie mit tiefer
Stimme und legte ihre Füße auf meinen rechten
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Oberschenkel. Mein Gesicht würde mit Sicherheit für
immer rot bleiben. Sie lachte wieder.
Ich war froh, daß wenigstens eine ihren Spaß
hatte. Ich wußte nicht, was ich erwartet hatte, aber
das hier wäre mir im Traum nicht eingefallen. Der
Brandy tat endlich seine Wirkung. Ich trank in
kleinen Schlucken und sann über diesen neuen
Religionstrend nach. »Vielleicht wäre ich schon eher
zur Kirche gegangen, wenn ich gewußt hätte, wie du
Seelen rettest, Schwester.«
Sie lächelte. »Die Wege des Herrn sind
unergründlich.«
»Allerdings.«
»Mir gefällt, wie du aussiehst. Findest du mich
schön, Hollis?«
»Ich finde, du siehst nicht schlecht aus«, murmelte
ich. Ich würde Shakespeare in absehbarer Zeit keine
Konkurrenz machen. Sie langte rüber und schüttete
mein Glas voll. Ich entspannte mich allmählich.
»Machst du das oft, Schwester?«
»Was?«
»Deine Gemeindemitglieder verführen.«
»Tue ich das?« fragte sie.
»Fühlt sich so an. Ich wußte nicht, daß du Frauen
magst.«
»Ich liebe alle Kinder Gottes, Hollis.«
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Das war eine hübsche Art, es auszudrücken.
»Auch die kleinen Deppen?«
Eine Sekunde wurden ihre Augen schmal, dann
warf sie den Kopf in den Nacken und lachte.
Ich lachte ebenfalls. Wir blieben eine Weile dabei.
Ich hatte nicht damit gerechnet, daß der Abend so
ausgelassen werden würde.
»Was wolltest du eigentlich mit mir besprechen,
Hollis?« fragte
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