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Krumme Touren in Texas

Krumme Touren in Texas

Titel: Krumme Touren in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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nichts damit zu tun, und ich will dich ganz
    bestimmt nicht umbringen lassen. Du mußt mir
    vertrauen. Es ist alles ganz anders, als es aussieht. Du
    mußt kommen. Wir müssen uns unterhalten.«
    »Bist du verrückt geworden? Und dir noch eine
    Gelegenheit geben, mich zu beseitigen? Ich würde
    nicht mal zu dir fahren, wenn du versprechen
    würdest, mir ein Foto von Irene Dunne zu zeigen, auf
    dem sie splitterfasernackt ist.« Das war gelogen – ich
    würde jederzeit überallhin gehen, um das zu sehen.
    Charlotte fuchtelte mit den Armen, um meine
    Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und formte
    stumm die Worte mit den Lippen: »Wenn du nicht
    gehst, gehe ich.«
    Ich kniff die Augen zusammen und streckte ihr die
    Zunge raus, dann sagte ich: »Gut, ich komme. Wo
    bist du?«
    183
    »Schau in deinen Briefkasten. Da findest du noch
    eine Nachricht, die Bitsy eingeworfen hat.«
    »Bitsy? Meinst du den Schrank mit der
    Hakennase?«
    »Ja, das ist Bitsy. Er ist ungefährlich.«
    »Für wen? King Kong in einer kugelsicheren
    Weste?«
    Die Leitung war tot. Hinter dem Türchen in der
    Mauer lag ein weißer Umschlag im Kasten.
    Dixie Touristenhotel. Harrisburg Boulevard 6722.
    Zimmer acht. – Komm allein.
    Wieder ohne Unterschrift.
    »Was steht drin?« fragte Park, der durchs Zimmer
    auf mich zusprang, um einen Blick auf die Nachricht
    zu werfen.
    »Harrisburg? Was macht sie denn da?«
    »Ach zum Geier, wer weiß? Wahrscheinlich hat sie
    es nur ausgesucht, weil sie keinen unpassenderen Ort
    finden konnte, um sich mit mir zu treffen«, moserte
    ich.»Beeil dich lieber«, drängte Charlotte besorgt.
    »Du fährst doch nicht wirklich hin?« Park ließ es
    eher nach einem Befehl als nach einer Frage klingen.
    184
    Durch seine Chefallüren flog bei mir endgültig die
    Sicherung raus, so daß ich tatsächlich beschloß, mir
    anzuhören, was Schwester Jasmine zu sagen hatte. So
    reagierte ich immer auf ihn. Aus irgendeinem Grund
    mußte ich das genaue Gegenteil von dem tun, was er
    wollte. Dagegen war ich machtlos.
    »Natürlich fahre ich«, erwiderte ich, als hätte ich
    nie daran gezweifelt. »Und du mußt mir deinen
    Wagen leihen, Park.«
    Knapp zehn Minuten Streiterei waren erforderlich,
    um ihn dazu zu bringen, mir den Wagen zu geben.
    Wenn Charlotte sich nicht eingemischt und ihn
    bearbeitet hätte, hätte er nie eingewilligt.
    »Wir haben die Ford-Werkstatt angerufen, als du
    geschlafen hast«, sagte er, als er mir widerstrebend
    die Schlüssel gab, »sie haben dein Auto abgeholt und
    setzen eine neue Windschutzscheibe ein. Es ist
    morgen nachmittag fertig. Sieh zu, daß du meins
    ohne Einschußlöcher wiederbringst, wenn du es
    einrichten kannst.«
    Eine Dreiviertelstunde später fuhr ich mit dem
    grünen Buick Sportzweisitzer durch die Innenstadt.
    Anice stand auf meinen Knien, den Kopf aus dem
    Fenster gereckt. Durch den Regen war es etwas
    abgekühlt, so daß ich sie mitnehmen konnte.
    185
    Es war halb sieben, und obwohl der Himmel
    wolkenverhangen war, reichte das Tageslicht noch
    für gute Sicht. Zu dem Zeitpunkt, als ich die Main
    Street kreuzte, war ich so gut wie sicher, daß ich
    verfolgt wurde, aber ich konnte den Wagentyp nicht
    erkennen. Ich fuhr zweimal bei Rot über die
    Kreuzung, bog links in die San Jacinto und nahm
    noch ein paar Abzweigungen, bis ich sicher war, daß
    ich den Verfolger abgeschüttelt hatte. Ich bog in die
    Preston und setzte meinen Weg fort, vorbei an
    gewaltigen Lagerhäusern aus rotem Backstein mit
    Zementtreppen, riesigen Metalltüren und großen
    Fensterscheiben. Schließlich schlängelte ich in
    großem Bogen zum Harrisburg Boulevard und ließ
    mich ostwärts treiben, vorbei an weiteren
    Lagerhäusern und
    Fabriken, an schäbigen
    Gebrauchtwagenmärkten,
    Spielhallen,
    Bierkaschemmen und Backsteinwohnhäusern mit
    Namen wie »Mae« oder »Avena«, in altenglischen
    Buchstaben in die Zementschilder über den
    Eingängen gemeißelt. Die meisten der ein- und
    zweigeschossigen
    Gebäude
    waren
    in
    den
    hochstilisierten geometrischen Formen der zwanziger
    Jahre
    gebaut
    worden.
    Fabrikarbeiter
    mit
    eingefallenen Gesichtern, stumpfem Haar und leeren
    Augen standen in Grüppchen unter Markisen vor
    186
    Biergärten und stierten apathisch, als wir
    vorbeifuhren.
    Dieser Stadtteil deprimierte mich immer höllisch.
    Als ich weiter Richtung Osten fuhr, lief eine junge
    Frau in einem bunten Sommerkleid lachend im Regen
    vor uns über die Straße. Ein hünenhafter Mann mit
    schulterlangem schwarzem

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