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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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Handvoll ins Grab werfen und sich so von dem Toten verabschieden konnten.
    Bealfeld hielt sich im Hintergrund, bis sich die große Trauergemeinde verlaufen hatte, bevor er auf Rachel Toledano zuging und ihr schweigend den Arm drückte. Die junge Frau blickte auf. Tränen liefen ihr über die Wangen. Bedrückt sah sie ihn an.
    »Es war meine Schuld, John«, wimmerte sie und lehnte sich zitternd an ihn. »Wenn ich nicht so gebettelt hätte, wären wir … wären wir nicht zum Escorial gefahren … und dieser Kerl hätte ihn nicht umgebracht … Aber ich … meine Mutter … Du hattest uns gewarnt … wir sollten vorsichtig sein.«
    »Ist ja gut, Rachel, ganz ruhig«, versuchte der Kommissar sie zu beruhigen. Tröstend legte er den Arm um ihre Schultern und führte sie vom Grab weg. »Das hätte auch sonstwo passieren können.«
    »Wenn er nicht versucht hätte, die Papiere wieder in den Tresor zurückzulegen …«, schluchzte Rachel. »Sie schienen ihm so wichtig zu sein, daß er ohne Zögern … sein Leben aufs Spiel setzte.«
    |523| »Und damit vielleicht einem von euch das Leben rettete«, sagte Bealfeld.
    »Ja, denn mehr Kugeln hat er anscheinend nicht gehabt«, schaltete sich David Calderón ein, der zu ihnen getreten war, »sonst hätte er uns ebenfalls abgeknallt und wäre nicht gleich geflohen.«
    Dem Kryptologen lief es kalt den Rücken hinunter, als er jetzt wieder daran dachte, was am Sonntagabend passiert war. Nachdem sie noch in der Nacht der Mordkommission aus Madrid den Hergang geschildert hatten, hatten sie den ganzen Montag damit verbracht, Maliaños Haushälterin Marina beizustehen und die Beerdigung zu organisieren. Er schüttelte den Kopf, um die Gedanken an den toten Architekten zu verscheuchen.
    »Jedenfalls müssen wir wieder bei Null anfangen. Und das, wo wir nun wissen, wozu unsere Gegner fähig sind.«
    »Ja, und es ist zudem nicht schwer zu erraten, wer uns die Dokumente abgenommen hat. Leider waren meine Informationen richtig. James Minspert ist in Antigua. Auch wenn er sich verborgen hält, ist doch klar, daß er der Drahtzieher des Ganzen ist. Und seine Männer arbeiten effizient: Während ihr im Escorial überfallen wurdet, hat man hier eure Hotelzimmer durchwühlt.«
    »Meins haben sie wirklich gewissenhaft auseinandergenommen.«
    »Haben sie etwas mitgehen lassen?«
    Die beiden jungen Leute schüttelten den Kopf.
    »Alle wichtigen Dokumente hatten wir im Hotelsafe«, sagte David. »Bis auf die acht Pergamentkeile … Ich werde das Gefühl nicht los, daß Minspert uns die drei Keile aus der Agency hat mitnehmen lassen, damit wir die Suche nach den restlichen für ihn erledigen. Und kaum hatten wir das fertige Puzzle, da hat er es sich unter den Nagel gerissen. Aber dabei wird er es nicht belassen.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Hoffentlich täusche ich mich, aber ich glaube, Minspert |524| wird versuchen, die offizielle Mission, mit der ihn die NSA betraut hat, zu nutzen, um ein paar alte Rechnungen zu begleichen. Das bereitet mir am meisten Sorge. Wir sind in großer Gefahr. Er hat überall seine Spitzel.«
    »Ich fürchte, Gutiérrez gehört auch dazu«, sagte Bealfeld. »Gestern abend wollte er mich schon wieder auf später vertrösten. Ich möchte Fortschritte sehen! habe ich ihn angebrüllt. Wenn ich nicht so hartnäckig gewesen wäre, hätte er die von Maliaño eigentlich für gestern angesetzte geodätische Untersuchung ganz abgeblasen. Ich glaube, er versucht mit allen Mitteln zu verhindern, daß wir in das Loch hinabsteigen. Auf der Plaza Mayor hat er mir den Zustand der Arbeiten gezeigt. Es ist zum Verzweifeln. Sie graben mit winzigen Schaufeln und säubern die Einzelteile an Ort und Stelle mit Pinseln. Der Leiter der Bergungsmannschaft hat mir erklärt, wenn alles gut läuft, bräuchten sie noch mindestens drei Tage.«
    »Drei Tage? Bis dahin ist meine Mutter längst tot, wenn ihr da unten etwas zugestoßen ist!« rief Rachel verzweifelt.
    »Das wissen wir, Rachel. Deshalb ist die geodätische Untersuchung heute nachmittag ja auch so wichtig. Meinst du, das stehst du durch? Oder willst du lieber ins Hotel und dich ein wenig ausruhen?« fragte Bealfeld rücksichtsvoll.
    »Ausruhen? Jetzt? Meinen Patenonkel hat man ermordet, und meine Mutter liegt vielleicht schwerverletzt in irgendeinem unterirdischen Stollen. Wir haben schon viel zuviel Zeit verloren!«
    »Dann laßt uns fahren«, meinte Bealfeld, legte ihr den Arm um die Schultern und deutete auf das Auto, das er

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