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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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hat, haben Sie gesprochen, besser gesagt unverständlich gestammelt. Ganz ähnlich wie Señorita Toledano. Und deren Mutter. Und der Papst. Und der israelische Delegierte. Stimmt’s?«
    Die Frage war an Víctor Tavera gerichtet, der neben ihm stand. Der Toningenieur nickte verwundert.
    »Ich kapiere es nicht. Seit Jahren zeichne ich die Geräusche dieser Stadt auf, ohne daß irgendwer mir Beachtung schenkt. Und plötzlich interessiert sich alle Welt für meine Arbeit.«
    »Wer hat Sie denn noch danach gefragt?« wollte David bestürzt wissen.
    »Dieser Kahrnesky zum Beispiel …«
    »Sie kennen ihn?«
    »Ich habe ihm das Foto gezeigt«, erklärte Bealfeld.
    »Dieser Typ kam gestern mit zwei Schlägern zu mir ins Tonstudio. In den Keller, wo wir letztens auch waren«, fuhr der Geräuschesammler fort. »Sie hatten eine Waffe dabei, mit der mich einer bedrohte, während der andere alles durchsuchte. Zum Glück hatte mein Sohn Enrique alles mitbekommen. Vom Kellereingang rief er herunter, der Kommissar parke gerade seinen Wagen. Darauf sind sie schnell abgehauen.«
    »Vermutlich haben sie nach den Aufnahmen von der Plaza Mayor gesucht. Und vielleicht auch nach denen von Sara«, meinte Bealfeld.
    »Aber die haben sie doch schon«, sagte David.
    »Der Kommissar meint die Aufnahmen, die ich seit Jahren von der Plaza Mayor mache. Und die von Sara aus dem Krankenhaus, als mich Doktor Vergara gerufen hatte, damit ich ihr Gestammel aufzeichne. Die ersten Symptome.«
    |592| »Ich habe Tavera erklärt, wie heikel unsere Situation ist«, ergänzte Bealfeld. »Wenn wir diese ersten Aufnahmen von Sara hier aus dem Krankenhaus mit denen von der Papstrede auf der Plaza Mayor vergleichen, könnten wir beweisen, daß sie es ist, die spricht, und man würde uns in das verdammte Loch hinunterlassen müssen. Sonst wird uns das niemand glauben …«
    »Ich nehme an, die Aufnahmen vom Papst werden schon andere untersucht haben, die über mehr Mittel verfügen als ich«, sagte Tavera.
    »Natürlich, aber die Experten, die das Band in den Staaten analysiert haben, haben nicht die geringste Ahnung von der Bedeutung der Plaza Mayor. Sie schon«, erklärte der Kommissar.
    »Sara hat mich darauf aufmerksam gemacht«, sagte Tavera. »Sie hat als einzige gemerkt, daß es auf der Plaza Mayor ein regelmäßiges, moduliertes Hintergrundrauschen gibt. Es ist kaum zu hören, da es eine sehr niedrige Frequenz hat. Zudem breitet es sich auch über die ganze Stadt aus, so daß man sich daran gewöhnt hat und es nur schwer zu orten ist. Doch es kommt direkt vom Platz. Sara glaubte, daß die Bewohner dieses Geräusch zwar nicht bewußt hören, es aber wohl wahrnehmen. Vor allem im Schlaf.«
    David kam wieder in den Sinn, was der Informatiker von der Abteilung für Spezielle Signale in der Agency gesagt hatte: Hier gibt es ein festes Muster, eine Art Sprache.
    »Haben Sie irgendeine Erklärung dafür?« fragte er Tavera.
    »Wenn ich es glauben könnte, würde ich Ihnen etwas von Psychophonien erzählen. Das sind Überlappungen von Klangenergien. Unter normalen Umständen verfliegt diese Energie, ohne irgendeine Spur zu hinterlassen. Aber wenn sich eine große Menschenmenge auf dieselbe Schwingung einstimmt, kann sich diese Ballung von psychischer Energie an bestimmten Stellen sammeln, die wie Kondensatoren wirken. Es heißt, die Plaza Mayor sei so ein Ort.«
    »Stimmen die Aufnahmen denn überein? Ich meine, die von |593| Sara und Rachel Toledano hier im Schlaflabor und die vom Papst und dem israelischen Delegierten?«
    »Bis in alle Einzelheiten. Der einzige Unterschied ist, daß wir die vom Papst und von der Pressekonferenz durch Schallverstärker hören. Señorita Toledano hat ihre eigene Stimme auf der Aufnahme wiedererkannt, auch wenn sie keinen blassen Schimmer hat, was sie da sagt. Möchten Sie Ihre hören?«
    »Ja, bitte.«
    »Dann passen Sie auf«, sagte Tavera und drückte die Starttaste des Aufnahmegeräts, aus dem sogleich eine Klangfolge tönte, die ihm längst vertraut vorkam.
    »Et em en an ki sa na bu apla usur na bu ku dur ri us ur sar ba
bi li ar ia ari ar isa ve na a mir ia i sa, ve na a mir ia a sar ia …«
    »In welcher Sprache spreche ich da?« fragte David.
    »Ich weiß nicht, ob man das wirklich als ›Sprechen‹ bezeichnen kann«, meinte Tavera. »Es klingt eher so, als würden Sie etwas rezitieren oder singen. Hören Sie sich das nächste Stück auf dem Band an.«
    Tatsächlich hatten sich die Silben nun rhythmisch

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