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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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Talisman nicht nur ein später erfundenes Märchen ist.«
    »Sie haben vorhin von einer genaueren Abbildung dieses Talismans gesprochen.«
    »Ja. Und zwar ist er auch auf einem Mosaik vor dem Thron des Kalifen zu finden. Es war in einem sehr schlechten Zustand. Aber da es nur aus weißen und schwarzen Fliesen bestand, ohne irgendein anderes dekoratives Element, habe ich es rekonstruieren können. Ich werde es Ihnen zeigen.«
    |657| Rachel zuckte zusammen, als die Archäologin ihr das Foto hinhielt. Doch sie fing sich sofort wieder. Kein Zweifel, dieses Mosaik gab haargenau ihr Labyrinth wieder! Es war dieselbe Zeichnung wie auf dem Pergament, das ihnen in Maliaños Arbeitszimmer im Escorial gestohlen worden war und den Architekten das Leben gekostet hatte.
    »Haben Sie eine Ahnung, was das bedeutet?«
    »Das ist ein Labyrinth.«
    »Das sehe ich. Aber welchen Sinn hat dieses Mosaik unter dem Thron des Kalifen?«
    »Mit dem Mosaik wurde die Macht dieses Talismans übertragen. Er durfte nicht von seinem Platz bewegt werden, um sicherzustellen, daß al-Walid I. die Macht über all die Länder erhalten blieb, die sich von einem Ende des Mittelmeers zum anderen erstreckten. Dieser Talisman hatte ihm seinen Weg und seine Zukunft gezeigt. Deshalb versuchte er seine Macht auch auf Jerusalem und Mekka auszudehnen, indem er auf den Fundamenten von Salomos Tempel und im Inneren der Kaaba das in Spanien gefundene Labyrinth wiederholte. Über dem Thron findet man im übrigen auch eine arabische Inschrift, die sicherlich mit all dem zusammenhängt.«
    Rachel sah sich das rekonstruierte Labyrinth und das Foto mit der arabischen Inschrift genau an. Ich verstehe überhaupt nichts, dachte sie, das zu entschlüsseln ist ein Job für David.
    »Könnten Sie mir Fotokopien von diesen drei Bildern machen?« fragte sie. »Ich meine das Wandgemälde von Don Rodrigo, das Mosaik mit dem Labyrinth und die arabische Inschrift über dem Thron.«
    Elvira Tabuenca lächelte so seltsam, daß Rachel schon fürchtete, sie werde nein sagen. Aber die Archäologin schien nichts anderes erwartet zu haben und stand auf, um ihre Bitte zu erfüllen.
    »Das ist schon kurios. Die gleichen wollte Ihre Mutter auch haben. Ich bin sofort zurück.«
    Sie verließ den Seminarraum. Rachel blieb am Tisch sitzen, um den Worten der Archäologin nachzusinnen, als es ihr wie |658| Schuppen von den Augen fiel: David Calderón, die Bäume, die Minsperts Männer in Qasarra ausgetrocknet und gefällt hatten, um die Landebahn bauen zu können, der Baum auf dem Parkplatz vor dem Krankenhaus, der gefällt werden sollte … Ihr blieb fast das Herz stehen, als ihr schlagartig klar wurde, in welcher Gefahr David schwebte.
    Wir müssen David sofort da rausholen, dachte sie. Es würde Bealfeld viel Verdruß bereiten, bei all den Sicherheitsvorkehrungen, die er getroffen hatte. Es hatte ihn beträchtliche Mühe gekostet, Gutiérrez und die spanischen Behörden dazu zu bringen, daß sie einige Beamte zur Überwachung des Krankenhauses abstellten, und dies auch Doktor Vergara gegenüber durchzusetzen, dem diese Polizeipräsenz gar nicht gefiel. Wenn sie sich jetzt täuschte und ihr Verdacht sich als unbegründet herausstellte, würde eine höchst heikle Situation entstehen. Die beantragte Genehmigung, unter der Plaza Mayor nach ihrer Mutter zu suchen, die ganz sicher dort unten war, würde gefährdet sein.
    Sofern sie sich täuschte. Wenn sie aber richtig lag, stand ihr eigenes Leben auf dem Spiel, wie James Minspert bei seinem letzten Anruf hatte durchklingen lassen. Seine Telefonanrufe, in denen er sie bedrängte, sich nicht weiter einzumischen, ließen keinen Zweifel daran. Ihr Herumschnüffeln, wie er es nannte, stelle den ganzen Prozeß in Frage, der von der Friedenskonferenz gekrönt werden sollte. Man werde nicht gestatten, daß irgendwer diese Pläne durchkreuze, man habe schon genug Schwierigkeiten. Doch es wurde immer offensichtlicher, daß Minspert vor allem seine persönlichen Interessen bedroht sah und über Leichen ging, wenn sich ihm jemand in den Weg stellte. Allein der Gedanke daran verursachte ihr schon eine Gänsehaut.
    Als Elvira Tabuenca mit den Fotokopien zurückkam, hatte Rachel sich entschieden. Schnell verabschiedete sie sich von der Archäologin und eilte hinaus auf den Gang, wo Bealfeld auf sie wartete. Sie packte den überraschten Kommissar beim Arm und zerrte ihn hinter sich her.
    |659| »Schnell, John, wir müssen ins Krankenhaus!«
    »Aber … was ist denn

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