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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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Das Weberschiffchen, mit dem Mutter an ihm gearbeitet hatte, steckte noch zwischen den gespannten Wollfäden. Sie ließen sie den Teppich nicht vollenden.«
    »Das alles wurde versteigert, während sie noch am Leben war?«
    »Auf Artals Befehl hin fand die Versteigerung statt, als sie im Sterben lag. Vom Bett aus mußte sie mit anhören, wie ihre Kleidungsstücke vom öffentlichen Ausrufer unters Volk gebracht wurden, und die krankhafte Neugier der Nachbarn erleben. Wie sehr hat sie sich geschämt, als sie den nach außen hin stets so liebenswürdigen Klatschbasen wehrlos zusehen mußte, wie sie ihre Wäsche durchwühlten und die groben Nähte und Flicken musterten, mit denen wir notgedrungen |686| unsere Kleider ausbesserten. Ich biß mir in die Hand, um nicht laut loszuschreien, während ich die Soldaten beobachtete, die unser auf der Straße aufgereihtes Hab und Gut bewachten, und dann hier ein Kohlebecken, dort ein Mörser verkauft wurde oder auch ein Spinnrocken oder ein kostbarer Spiegel, der zu einem Spottpreis wegging …«
    »All unser Besitz wurde verkauft?«
    »Und was nicht verkauft wurde, weil niemand es wollte, wurde auf gerichtliche Anordnung im Haus eines Bankiers eingelagert. Wie ich Euch ja schon erzählt habe, hat dieser Mann mir nur den Webstuhl überlassen, nachdem Juan de Herrera ein gutes Wort für mich eingelegt hatte.«
    Eine lange, kummervolle Stille breitet sich aus. Randa fällt es schwer, den Faden seiner Geschichte wiederaufzunehmen und sich an seine Rückkehr nach Antigua zu erinnern, an seine Verzweiflung, als er vom Tod Rebeccas erfuhr. Ohne auch nur Zeit zu haben, sich davon zu erholen, da er unmittelbar darauf von den schwerwiegenden Anklagen erfuhr, die gegen ihn erhoben worden waren, weshalb er sich sofort wie ein gemeiner Schurke verstecken mußte, bevor ihn jemand erkannte und an die Inquisition auslieferte.
    »So oft hatte ich mir auf meiner Reise meine Heimkehr ausgemalt! Der Gedanke an euch hat mir so viele Male als Ansporn gedient …! Und plötzlich fand ich mich nun hier allein mit dir und hatte nicht einmal die Zeit, dich in den Arm zu nehmen. Und dann überfielen mich Rafael und du noch mit der Neuigkeit, daß ihr geheiratet hattet …«
    »Als Don Manuel starb, mußten Rafael und Doña Blanca den Palast neben der Casa de la Estanca verlassen, der daraufhin unbewohnt blieb und verfiel. Turriano bot uns dreien an, zu ihm zu ziehen. Da beschlossen wir zu heiraten. Wohin sollten wir auch gehen? Außerdem konnten wir so Juanelo unter die Arme greifen, denn er lebte von der Hand in den Mund, hatte aber hinreichend Platz.«
    »Und sein Wasserhebewerk? Hat man ihn dafür denn nicht bezahlt?« fragt Randa erstaunt.
    |687| »Turriano erfüllte seinerseits alle eingegangenen Verpflichtungen und baute es fertig. Die Stadt hatte ihm dafür achttausend Dukaten versprochen, aber er sah keinen einzigen davon, obwohl er seinen Lohn viele Male einforderte. Der Stadtrat rechtfertigte sich damit, daß das Wasserhebewerk ja vor allem dem Alkazar Seiner Majestät zugute kam und nicht der Stadt. Er wandte sich daraufhin an den Hof in Madrid, aber wie wir vor ein paar Tagen von Herrera erfahren haben, wurden alle seine Bittschreiben von Artal de Mendoza abgefangen, der ihm nicht wohlgesonnen war und ihn seinerzeit auch nicht für die silberne Hand entlohnt hatte, die Turriano eigens für ihn entworfen und gebaut hatte. Sechs Jahre lang schlug sich Turriano mit diesen Streitereien herum, schrieb an den Hof, stritt sich mit den Räten der Stadt, und weil seine Gläubiger ihn bedrängten, mußte er sich schließlich die achttausend Dukaten leihen, um seine Schulden bezahlen zu können. Und da er die ausgestellten Wechsel nach der vereinbarten Frist nicht einlösen konnte, stellten sie ihm zu seinem großen Schaden neue mit noch höheren Zinsen aus. Bis er vollkommen mittellos war.«
    »Konnte man gegen eine solche Ungerechtigkeit denn nichts unternehmen?«
    »Es blieb nicht die einzige. Die Stadträte beachteten ihn auch nicht mehr bei der Erteilung anderer Aufträge, mit denen sie ihn hätten entschädigen können. Dann versuchte Turriano, vom Erzdiakon, an den er einige seiner Häuser verpachtet hatte, den Pachtzins zu bekommen. Aber der Geistliche redete sich mit seinen kirchlichen Sonderrechten heraus. Schließlich ersuchte Turriano den König gar darum, gegen einen geringen Dienstbotenlohn an den Hof nach Madrid zurückkehren zu dürfen, obgleich er wußte, daß er, sollte das Wasserhebewerk

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