Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
Widerstände entgegenzusetzen und nicht mehr schreien zu wollen. Es hatte ohnehin keinen Zweck. Madhrab hatte schnell gelernt, dass er dadurch die Qualen bei jedem Besuch des Sadisten nur verlängerte. Das Herausschreien half ihm darüber hinaus beim ersten Überwinden des Schmerzes, auch wenn es ihm zunehmend schwerer fiel, die sich mit jeder Behandlung steigernde Pein zu ertragen.
Er fürchtete, dass er die Folter nicht überleben würde, und musste dringend etwas unternehmen, bevor seine Zeit ablief. Wenn er alleine war und Sicks Anwesenheit nicht ertragen musste, zerrte und zog er unter großer Kraftanstrengung an den Ketten. Immer und immer wieder. Pausenlos, bis die Handgelenke bluteten und schmerzten. Der Bewahrer gab die Hoffnung nicht auf. Sie mussten sich einfach lösen.
Irgendwann hatte er tatsächlich das Gefühl, dass sie sich Stückchen für Stückchen lockern ließen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er zumindest einen Arm ein klein wenig mehr würde bewegen können. Der Lordmaster hoffte, dass ihm dies rechtzeitig gelänge, bevor er durch Sicks Folter zu schwach geworden war.
»Wisst Ihr schon das Neueste?«, fragte Sick.
»Nein, wie sollte ich?«, antwortete Madhrab. »Ich hänge hier unten in der Dunkelheit des Verlieses zur Bewegungslosigkeit verdammt an eisernen Ketten, wie Ihr unschwer erkennen könnt.«
»Hach, wie konnte ich das nur übersehen«, säuselte Sick lächelnd, während er ein Brandeisen in den Kessel vor ihm steckte. »Übrigens ... ich habe mir jüngst eine Drachenpeitsche für Euch zugelegt«, fuhr Sick fort. »Sie vermag selbst die lederne Schuppenhaut eines Drachen im Handumdrehen zu zerfetzen und schält das Fleisch in schönen Scheiben von den Knochen. Ich werde sie bald für Euch mitbringen. Und ... bevor ich es noch vergesse ... Lordmaster Kaysahan ist tot. Das ist eine interessante Nachricht für Euch, nicht wahr?«
Lordmaster Madhrab zuckte unwillkürlich zusammen und rasselte dadurch lautstark mit den Ketten. Wie ist das möglich?, fragte er sich in Gedanken. Ich habe ihn nicht tödlich verletzt. Mein Schwerthieb war bewusst gezielt. Es sah schlimmer aus, als es war. Ich traf keine entscheidenden Körperteile. Dessen bin ich mir sicher. Der Stoß sollte Kaysahan außer Gefecht setzen, aber nicht töten. Die Orna hätten ihn retten können. Nein, müssen. Ich zog das Schwert rechtzeitig und schnell genug wieder heraus, bevor Solatar größeren Schaden anrichten konnte.
Er behielt seine Gedanken lieber für sich, bevor Sick auf die glorreiche Idee kam, sie ihm mithilfe der Folter zu entlocken.
»Ihr schweigt?«, bohrte Sick mit einem obszönen Grinsen auf den Lippen nach. »... oh, wie dumm von mir. Warum solltet Ihr auch etwas dazu sagen? Schließlich seid Ihr verantwortlich für seinen Tod. Und ich, sosehr mich der Verlust eines tapferen Bewahrers auch schmerzen mag, freue mich sogar. Sagt das aber bitte nicht weiter. Ihr werdet mir noch für eine Weile erhalten bleiben. Länger, als ich ursprünglich annahm ... viel länger.«
Sick rieb sich die Hände und prüfte nebenbei, ob das Brandeisen bereits glühte.
»Habt Ihr Eure eigenen Krieger getötet und andere dazu angestiftet oder befohlen, Euch dabei zu helfen?«, fragte Sick unvermittelt.
Zum ersten Mal stellte Sick dem Lordmaster eine Frage über einen Vorfall, der ihn tatsächlich schwer belasten konnte. Madhrab war sich deshalb seiner Antwort nicht sicher. Er selbst zweifelte an der Richtigkeit seiner Entscheidung, die ihn dazu veranlasst hatte, die von den Waffen der Rachuren vergifteten Kameraden zu töten, um dadurch eine noch größere drohende Katastrophe zu verhindern. Der Ablauf des Spieles zwischen Sick und ihm, dessen Regeln alleine der Foltermeister vorgegeben hatte, war mittlerweile klar.
»Nein, natürlich nicht«, log Madhrab den Regeln entsprechend.
»Oha«, sagte Sick, »Ihr streitet es also ab?«
Das heiß glühende Brandeisen brannte sich zischend unter die Armbeuge des Bewahrers, versengte Haut und Haare. Der Geruch nach verbranntem Fleisch stieg dem Lordmaster unangenehm in die Nase. Es war sein eigenes Fleisch, das er roch.
Madhrab schrie seinen Schmerz in die Dunkelheit der Zelle hinaus.
I RRWEGE
M etaha hatte die junge Frau gleich nach ihrer Ankunft in der Siedlung eingehend untersucht und schüttelte nun langsam den Kopf, als sie mit Taderijmon und Baijosto sprach, der sich inzwischen angekleidet hatte.
Belrod saß lächelnd auf dem Boden in einer Ecke ihrer Behausung und
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