Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
Zumindest dachte ich das, bevor ich die Leibwächter des dunklen Hirten sah, die mich durch die Wälder verfolgten. Der dunkle Hirte ist erwacht, so viel ist gewiss.«
»Natürlich … ein alter Hut«, grummelte Metaha vorwurfsvoll, »das wissen wir bereits. Eine Sonne verdunkelt sich schon seit Tagen. Das ist gewiss sein Werk. Ein deutliches Zeichen der bevorstehenden Dämmerung. Aber der dunkle Hirte kümmert mich kaum. Er mag Schaden anrichten, das Gleichgewicht verschieben, Völker unterjochen oder gar vernichten, doch ist er am Ende nicht stark genug, Kryson auf ewig zu überdauern. Er ist kein Lesvaraq. Seine Macht ist begrenzt. Ihr habt daher meine Frage nicht beantwortet.«
»Ich habe eine Aufgabe zu erfüllen, die einer alten Prophezeiung folgt. Sie führte mich zu Euch, besser gesagt zu Baijosto, dem Krolak. Es geht um das Erbe des vorläufig Letzten der Lesvaraq, Ulljan. Ich mache mich auf die Suche nach seinem Buch, das er vor seinem Tod vor den Saijkalrae-Brüdern versteckte«, antwortete Sapius auf seine künftigen Aufgaben vorgreifend.
» Rucknawzor …«, rief Metaha und klatschte in die Hände, »o ja, ich kenne die Prophezeiung. Die Suche nach dem Buch der Macht. Ulljans legendäres Buch. Ein gefährliches Werk, das absolute Macht über Leben und Tod, die Vergangenheit, die Zukunft und sogar die Schöpfung verheißt. Aber der Name des Buches bedeutet in der Sprache der Altvorderen auch die Zerstörung alles Bestehenden. Wusstet Ihr das? Die Prophezeiung spricht von sieben Streitern und Ihr mögt wohl einer unter ihnen sein. Baijosto soll der zweite sein, nehme ich an.«
»Richtig«, antwortete Sapius kurz und knapp.
»Aber nur ein Lesvaraq soll Ulljans Buch verwenden können. Heißt es zumindest. Es gibt heute jedoch keinen Lesvaraq unter den Lebenden. Was also wollt Ihr damit anfangen?«, fragte Metaha neugierig.
»Die Geburt der Lesvaraq steht bevor. Das Buch soll eines Tages ihnen gehören. Das ist Teil meiner Aufgabe. Ich werde dafür sorgen, dass sie sicher aufwachsen und stark genug werden, um den Saijkalrae entgegentreten zu können, sie abzulösen, das Gleichgewicht wiederherzustellen, dauerhaft zu wahren und Ulljans Erbe anzutreten«, erklärte Sapius sein Vorhaben.
»Interessant«, grübelte Metaha nach, »die Wiedergeburt der Zeichenträger zur Wahrung des ewigen Gleichgewichtes zwischen Licht und Schatten. Die alte Ordnung kehrt offenbar zurück, die wir doch längst überkommen glaubten und auf die wir nicht mehr zu hoffen wagten. Ihr scheint Feuer und Flamme für Eure Sache zu sein. Gebt acht, dass Ihr Euch dabei nicht verbrennt. Wenn Ihr recht behalten solltet, was nach den jüngsten Vorzeichen durchaus möglich wäre, handelt es sich um eine sehr schwerwiegende Angelegenheit. Kryson wird dann nicht mehr sein, wie Ihr es kennt. Ihr redet von Ulljans Erbe, als wäre es das Einfachste und Natürlichste, was es gibt. Wusstet Ihr, dass Ulljan ein Lesvaraq der Dunkelheit war und dass er dies, nachdem sein Gegner bei einer ihrer zahlreichen Auseinandersetzungen unglücklicherweise vernichtet worden war, geschickt verborgen hielt? Sicher, es macht am Ende keinen Unterschied, ob ein Lesvaraq für den Tag oder die Nacht steht. Beides hat seine guten und schlechten Seiten. Dennoch … seid vorsichtig, Sapius. Mir scheint, Ihr wisst nicht viel über die Lesvaraq und ihr Streben um das Gleichgewicht. Wer gab Euch diesen Auftrag? Oder kamt Ihr etwa selbst darauf?«
»Ich … nun … ja. Es sind Visionen und Träume, die mir den richtigen Weg deuten«, sagte Sapius, der über die Offenheit der alten Naikihexe erstaunt war.
»Träume? Sie können trügerisch und gefährlich sein. Träumer sind empfänglich für allerlei Einflüsse während ihres Schlafes, ob im Guten oder Schlechten. Sie haben ihren Geist nicht unter Kontrolle und merken den Unterschied zwischen Traum und Wirklichkeit daher kaum. So manch alter, finsterer Geist wandelt unerkannt in den Träumen und sucht sich ein willfähriges Opfer, das er für seine Zwecke ausnutzen kann. Hütet Euch vor den bösen Einflüsterungen, Sapius. Ich kann Euch nur warnen«, äußerte Metaha ihre Bedenken.
»Ich danke Euch für Eure aufrichtige Rede«, sagte Sapius, »aber ich werde den eingeschlagenen Weg weitergehen.«
»Sicher werdet Ihr das«, meinte Metaha, »es lag nicht in meiner Absicht, Euch davon abzubringen. Ihr seid ein Teil des Ganzen und doch solltet Ihr dabei nicht vergessen, dass Ihr Euch immer frei entscheiden könnt und nicht
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