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Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub

Titel: Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Abzweigung und jede Zelle. Die meisten Gefangenen kannte er mit Namen. Dies war sein Zuhause. Ein düsteres Heim ohne Tageslicht. Madhrab war erstaunt, wie viele geheime Wege im Kerker des hohen Vaters seit Erbauung des Hauses angelegt worden waren. Wer nicht gefunden werden wollte und sich gut auskannte, konnte für eine lange Zeit ungesehen versteckt bleiben.
    Nicht einmal der hohe Vater wird die Geheimgänge kennen, dachte der Bewahrer. Er war sich sicher, dass niemand außer Madsick und dessen sich im Todeskampf befindlichen Vater die weit verzweigten und versteckten Gänge vollständig kannte.
    »Du wartest hier«, wies Madhrab den Jungen an. »Verstecke dich, sobald du Kampfeslärm oder einen Alarm hören solltest. Warte so lange, bis sich die Aufregung wieder gelegt hat. Du wirst den Kerker ohne mich verlassen.«
    »Aber ich kann nicht alleine nach oben gehen«, antwortete Madsick.
    »Doch, du kannst und du wirst. Du bist kein Gefangener. Sie werden dich nicht festhalten«, sagte Madhrab.
    »Aber niemand weiß, dass es mich gibt«, merkte Madsick betrübt an, »ich existiere nicht. Vater hat mich versteckt. Ich durfte mich nur den Gefangenen zeigen, bevor er sie in einer letzten Sitzung zu Tode folterte.«
    »Die schändlichen Taten deines Vaters könnten sich für uns als Vorteil erweisen. Versuche es«, meinte der Lordmaster, »schleiche dich an den Wachen vorbei. Sobald du draußen bist, wirst du im Haus der hohen Mutter eine Orna aufsuchen. Ihr Name ist Elischa. Sie ist wunderschön, hat langes, dunkles Haar, ein grünes und ein blaues Auge. Du musst über die Mauer klettern. Das Fenster ihrer Kammer ist das dritte von links im obersten der Mauer zugewandten Stockwerk. Lass dich nicht erwischen. Sag ihr, dass ich heute noch kommen werde und sie mitnehme. Sie soll sich bereit halten. Elischa wird dir die Botschaft danken.«
    Madsick sah den Bewahrer mit großen Augen an, schluckte schwer und nickte einmal zur Bestätigung, alles verstanden zu haben. Ermutigend klopfte der Lordmaster dem Jungen auf die Schulter und nahm ihn in den Arm, bevor er sich von ihm löste und sich auf den Weg machte, seine Ausrüstung zu holen.
    Für eine Weile verharrte der Junge auf der Stelle, dann war Madhrab um die Ecke und aus seinen Augen verschwunden. Es dauerte nicht lange, bis er das Krachen einer Tür und das Splittern von Holz vernahm. Lautes Geschrei und fluchende Worte drangen durch den Gang an das empfindliche Gehör von Madsick. Er kaute nervös an seinen Fingernägeln, als die Schreie plötzlich nach einer Reihe von dumpfen Schlägen erstarben. Der Junge zitterte am ganzen Körper. Es wurde still im Kerker. Die Stille dauerte nicht lange an, da erklang ein durchdringender und anhaltender Glockenton. Madsick hielt sich die Ohren zu, huschte zu einem ihm bekannten Geheimgang und verschwand wie ein Geist in der Wand.
    Madhrab hatte die Wachen vor und in der Zelle ausgeschaltet. Sie träumten von einer Welt jenseits des Kerkers und würden mit schweren Kopfschmerzen erst nach einer Weile wieder aus ihrer unfreiwilligen Bewusstlosigkeit erwachen. Bevor Madhrab die Wachen in einem Überraschungsangriff niedergeschlagen hatte, war es einem Wärter allerdings gelungen, Alarm zu schlagen. Es blieb Madhrab also nicht viel Zeit, sich anzukleiden, denn nur allzu rasch würden die zur Wache eingeteilten Sonnenreiter eintreffen, um ihn erneut festzusetzen. Zu seinem Bedauern befand sich das Blutschwert Solatar nicht unter den Gegenständen in der Zelle.
    Das hätte ich mir denken können«, grummelte Madhrab in seinen langen, struppigen Bart. Solatar wird im Haus des hohen Vaters aufbewahrt oder sie haben es Chromlion gegeben.
    Der Lordmaster griff sich einen mittellangen, an den Enden mit Stahl verstärkten Stab von einer der am Boden liegenden Wachen. Die Waffe wurde Totschläger genannt und lediglich von Wärtern in Kerkern eingesetzt. Das Tragen von Schwertern und Äxten war den Wachen in den Kerkern hingegen nicht erlaubt. Falls es zu einer Gefangenenrevolte oder einem Ausbruch kommen sollte, wurde dadurch eine Bewaffnung der Gefangenen verhindert. Für die Verwendung in einer Schlacht war ein Totschläger allerdings weniger geeignet.
    Stiefeltritte hallten schwer durch die Gänge. Madhrab horchte aufmerksam und zählte insgesamt zehn Sonnenreiter, die im Laufschritt den Gang entlanggerannt kamen und schwer atmeten. Sie standen in voller Rüstung und waren schwer bewaffnet. Breitbeinig und die Soldaten kampfbereit erwartend

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