Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
Dienst quittiert und wärt bei Nacht und Nebel nach Tut-El-Baya abgereist, um Euch bei Haluk Sei Tan persönlich zu entschuldigen. Hätten wir gewusst, dass sie Euch im Kerker verrotten lassen, hätte es einen Aufstand unter den Sonnenreitern gegeben.«
»Den die Bewahrer, ohne zu zögern, blutig niedergeschlagen hätten«, warf Madhrab ein. »Wahrscheinlich war es besser so für Euch alle.«
»Wir müssen etwas unternehmen«, drängte Brairac.
» Ich werde etwas unternehmen«, korrigierte Madhrab seinen Freund. »Ihr werdet Euch sicherheitshalber zurückhalten. Aber Ihr könnt mir helfen. Ich muss noch heute aus dem Haus des hohen Vaters fliehen und neue Kräfte sammeln, ehe ich mich erneut stellen werde, die Untersuchung zu einem Abschluss bringe und Solatar wieder an mich nehme. Die Orna Elischa wird mich begleiten. Besorgt uns unsere Pferde aus den Ställen. Ihr müsst uns auch unentdeckt durch die Mauern und die Dornenebene nach draußen bringen. Niemand außer Euch und den Männern hier darf von der Flucht erfahren. Nehmt ihnen das Schweigeversprechen bei ihrem Leben ab.«
»Aye«, bestätigte Brairac, »ich gab Euch mein Wort. Wir werden Euch als Sonnenreiter durch die Tore bringen. Ein Reitertrupp in den frühen Stunden das Tages wird nicht weiter auffallen. Ich werde den Trupp persönlich anführen. Mit dem Holzbein kann ich inzwischen wieder auf einem Pferd sitzen. Aber wie bringen wir die Orna raus? Wir haben keinen Zutritt zum Haus der heiligen Mutter, seit sie brutal ermordet wurde.«
»Was sagt Ihr da?«, Madhrab war entsetzt. »Die heilige Mutter wurde ermordet?«
»Ja, es geschah erst vor einigen Tagen«, antwortete Brairac. »Die Vorbereitungen für die Vereidigung Chromlions mit Elischa waren in vollem Gange, da erreichte uns die Nachricht vom Tod der heiligen Mutter. Es gab eine Krisensitzung. Ein Bruch zwischen den Häusern droht.«
»Es kam alles viel schlimmer, als ich befürchtete«, sagte Madhrab mit einem resignierenden Kopfschütteln. »Hört zu, Brairac. Es gibt einen Jungen mit einer ganz besonderen Begabung, der sich in den Gängen des Kerkers versteckt hält. Sein Name ist Madsick. Kümmert Euch um den Jungen und nehmt Euch seiner an. Seine Musik ist pure Magie und er bewegt sich wie ein Schatten. Er wird Elischa benachrichtigen.«
»Ihr vertraut ihm?«, fragte Brairac.
»Ich vertraue ihm. Fragt mich aber nicht warum. Es ist nur ein vages Gefühl. Er wird seinen Weg gehen. Helft ihm, sich anfangs draußen zurechtzufinden«, schloss Madhrab das Gespräch.
Bevor sie sich auf den Weg aus dem Kerker machten, nahm Brairac den Sonnenreitern bei ihrem Leben und ihrer Seele das Versprechen ab, Stillschweigen über das Erlebte und den Lordmaster zu bewahren.
Madhrab wurde in die Uniform und Rüstung eines einfachen Sonnenreiters gesteckt. Im Schutz der Nacht stieg ein Trupp Sonnenreiter aus dem Verlies des hohen Vaters. Unter ihnen befand sich ein Bewahrer.
*
Der Bauch störte Elischa schon seit geraumer Zeit beim Einschlafen. Sie konnte die Bewegungen des Kindes unter ihrem Herzen deutlich spüren. Das junge Leben, welches in ihr heranwuchs, hatte die Angewohnheit, sich ausgerechnet zu den Zeiten zu melden, in welchen Elischa Schlaf suchte. Waren die Bewegungen anfangs noch zaghaft gewesen, vergleichbar einem leichten Kitzeln mit einer Feder, so schwankten sie mittlerweile zwischen zärtlichem Streicheln, starken Tritten bis hin zu manch schmerzhaftem Stoß. Elischa hatte zunehmend Mühe, ihren Zustand unter den weiten Kleidern zu verbergen. Stattdessen war sie auf die Idee verfallen, die Anweisung der heiligen Mutter nach ihrer Rückkehr, Elischa ein wenig zu mästen, zu ihren Gunsten auszunutzen. Sie ließ sich von den für das Verteilen des Essens zuständigen Schülerinnen große Portionen und insbesondere Süßspeisen auf die Zelle bringen, die sie dann heimlich entsorgte.
Wurde sie auf ihren Leibesumfang angesprochen, erklärte sie diesen mit ihrem gesunden Appetit. Die Notlüge wurde zum Glück nicht hinterfragt. Im Gegenteil, Elischa hatte den Eindruck, dass manche ihrer Ordensschwestern mit dieser Erklärung mehr als zufrieden waren und sich auf merkwürdige Weise freuten, sie wieder als eine der ihren ansahen und nun freundlicher grüßten. Das Geflüster und Getuschel hinter ihrem Rücken hörte endlich auf. Wahrscheinlich lag der Gedanke, eine Orna könnte tatsächlich ein Kind erwarten, so weit von den Denkmöglichkeiten der Ordensschwestern entfernt, dass sie diese
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