Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
stellte er sich zwischen den zersplitterten Türrahmen.
»Ergreift den Gefangenen«, rief der Anführer der Sonnenreiter, nachdem er Madhrab entdeckt hatte.
Die ersten beiden Sonnenreiter drangen mit gezogenen Schwertern auf den Bewahrer ein. Den Totschläger in einer Hand wirbelnd vollführte der Lordmaster eine einzige für das Auge nicht wahrnehmbare Bewegung. Die Sonnenreiter taumelten zurück und fielen vor den erstaunten Blicken ihrer Kameraden wie vom Blitz getroffen zu Boden.
»Wer seid Ihr?«, fragte der Anführer der Sonnenreiter.
»Das tut nichts zur Sache, haltet ein und lasst mich ziehen, dann wird Euch nichts geschehen«, antwortete Madhrab. Der Lordmaster wusste, es hatte keinen Zweck den Sonnenreitern seine Identität zu offenbaren. Sie würden ihm nicht glauben. Er befand sich in einem erbämlichen Zustand und hatte sich in dem Spiegel, den ihm Sick vor die Nase gehalten hatte, selbst nicht wiedererkannt.
»Das kann ich nicht«, erwiderte der Sonnenreiter. »Ihr seid fürwahr gefährlich. Wir werden die Bewahrer hinzuziehen.«
»Dazu werdet Ihr keine Gelegenheit erhalten«, bluffte der Lordmaster. »Ich wiederhole mein Angebot noch ein letztes Mal. Lasst mich ungehindert vorbei und ich verschone Euer Leben und das Eurer Männer.«
»Nein, wir werden Euch nicht entkommen lassen«, zeigte sich der Sonnenreiter unnachgiebig.
»Dann schickt einen Eurer Soldaten und holt Kaptan Brairac«, versuchte Madhrab den Sonnenreiter weiterhin von einem ansonsten unausweichlichen Kampf abzuhalten. »Solltet Ihr auf die Idee kommen, die Bewahrer zu alarmieren, führe ich Euch alle zu den Schatten.«
Der Anführer dachte nach. Die Demonstration des außergewöhnlichen Könnens dieses merkwürdigen Gefangenen hatte ihn offensichtlich beeindruckt. Er wies einen seiner Kameraden an, nach Brairac zu suchen, der sofort auf dem Absatz kehrtmachte und sich rasch von der Truppe entfernte. Unentschlossen und sichtlich verunsichert standen die Sonnenreiter dem Lordmaster gegenüber. Sie konnten ihn nicht einfach gehen lassen, das war Madhrab durchaus bewusst. Andererseits hatte seine Drohung Wirkung gezeigt. Sie warteten auf das Eintreffen des Kaptan, ohne einen weiteren Angriff zu starten.
Es dauerte nicht lange, da vernahm der Lordmaster das Klappern eines Holzbeins auf steinernem Boden, das sich mit einzelnen Stiefelschritten abwechselte.
»Was ist hier los?«, fragte eine Madhrab vertraute Stimme.
»Der Gefangene ist aus seiner Zelle ausgebrochen und hat einige Wachen und Sonnenreiter niedergeschlagen, Kaptan«, antwortete der Sonnenreiter pflichtbewusst. »Er droht, uns zu töten, wenn wir ihn nicht entkommen lassen.«
»Und Ihr habt Euch von ihm beeindrucken lassen? Zehn Sonnenreiter gegen einen verwahrlosten Gefangenen?«
Brairac warf einen kritischen Seitenblick auf den im Türrahmen der Zelle lehnenden Gefangenen, den er im Halbdunkel nur schwer erkennen konnte, und machte keinen Hehl daraus, dass er über das in seinen Augen feige Verhalten seiner Kameraden mehr als verwundert war.
»Es war klug, nicht anzugreifen. Tadelt die Männer nicht. Sie hatten keine Chance«, sagte der Lordmaster und lächelte. Er war froh, seinen Freund unter den Sonnenreitern zu sehen. Dieser zuckte bei den Worten zusammen und traute seinen Ohren kaum. Diese Stimme kannte und schätzte er seit langer Zeit.
»Madhrab?«, fragte er mit unsicherer Stimme. »Seid Ihr es wirklich? Was haben sie mit Euch im Kerker gemacht, mein Freund?«
Der Kaptan arbeitete sich mit den Ellenbogen durch die Sonnenreiter und hinkte geradewegs auf seinen Freund zu. Der Anführer des Wachtrupps wollte den Kaptan zurückhalten, doch Brairac stieß ihn nur unsanft zur Seite.
»Bei allen Kojos«, platzte es aus Brairac heraus, als er direkt vor Madhrab stand und ungläubig in dessen Augen starrte, »Ihr seid es tatsächlich!«
»Ja, Brairac. Ich bin es und lebe noch«, antwortete der Lordmaster.
»Aber ... Ihr, ich kann es kaum glauben. Es ist Wochen her, seit sie Euch in den Kerker sperrten. Ihr seht furchtbar aus. Wer hat Euch so zugerichtet?« Brairac war fassungslos.
»Ein gewisser Sick. Er nannte sich Meister der Folter und wurde auf mich angesetzt, um mich zu töten«, sagte Madhrab verbittert. »Wochen, sagt Ihr? Ich habe im Kerker jegliches Gefühl für die Zeit verloren, so scheint mir.«
»Wie ist das möglich?« Brairac war außer sich. »Sie erzählten uns Sonnenreitern, die Untersuchung sei längst abgeschlossen und Ihr hättet den
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