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Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub

Titel: Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Offensichtlich war der Kaptan mithilfe eines Seils über die Mauer geklettert. »Warum hat das so lange gedauert?«, zischte er.
    »Ich wurde aufgehalten«, konterte Elischa.
    »Aufgehalten? Von wem?«, fragte Brairac besorgt.
    »Von einer guten Ordensschwester. Macht Euch keine Gedanken über sie. Es ist alles in Ordnung. Was ist mit Madhrab?«, beharrte Elischa auf die Beantwortung ihrer Frage.
    »Habt Geduld. Madhrab wird vor der Dämmerung zu uns stoßen, kurz bevor wir zu einem kleinen Ausflug nach draußen aufbrechen. Wir dürfen kein Risiko eingehen. Er hält sich bis dahin versteckt. Lasst uns keine Zeit verlieren. Hier sind einige Sachen für Euch, die Ihr anziehen solltet. Ich hoffe, sie passen, ich hatte Euch schlanker in Erinnerung«, sagte Brairac und reichte ihr ein Bündel mit Kleidung und Ausrüstungsgegenständen, die in ihrer Kombination unschwer als Bestandteile einer Uniform der Sonnenreiter zu erkennen waren.
    Elischa überlegte, ob sie auf die letzte Bemerkung des Kaptans antworten sollte, schwieg allerdings lieber angesichts der dadurch zu befürchtenden Erklärungsnot.
    Ohne zu zögern, legte sie die Uniform an und verstaute ihre eigenen Sachen in ihrem Stoffbündel. Hose, Leinenhemd, Wams, Stiefel und Umhang passten einigermaßen. Helm, Handschuhe und Brustpanzerung waren jedoch zu groß, was Elischa allerdings nicht weiter störte. Im Gegenteil, dadurch fühlte sie sich in ihrer Bewegungsfreiheit nicht allzu eingeschränkt. Bevor sie den Umhang endgültig um die Schultern gelegt und mit der goldenen Brosche befestigt hatte, war Brairac bereits auf die Mauer geklettert und deutete ihr durch Handzeichen an, ihm zu folgen. An einem Seil emporzuklettern bereitete Elischa normalerweise keine Schwierigkeiten. In ihrem Zustand hatte sie jedoch ihre Mühe, sich an der Mauer hochzuziehen. Sie keuchte vor Anstrengung, als sie endlich oben angelangt war.
    »Ihr seid außer Form geraten, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf«, meinte Brairac mitleidig lächelnd.
    »Wohl kaum«, erwiderte Elischa verärgert, »ich bin es nicht gewohnt, in Uniform und Rüstung der Sonnenreiter zu laufen und meine eigenen Sachen zusätzlich mit mir als Ballast herumzuschleppen und dabei auch noch hohe Mauern zu überwinden. Ihr hättet mir beim Klettern durchaus etwas von der Last abnehmen dürfen. Ich hätte es Euch gewiss nicht verübelt.«
    »Ich bin ein Krüppel ...«, antwortete Brairac, »... und froh, mit einem Bein überhaupt gehen, geschweige denn klettern zu können. Ich wäre Euch keine große Hilfe gewesen.«
    »Schon gut«, sagte Elischa betroffen, »ich habe es nicht vergessen. Jetzt bin ich ja oben.«
    Der Abstieg auf der anderen Seite der Mauer erfolgte wesentlich schneller. Sie konnten sich am Seil herunterlassen und mit den Füßen an der Wand abstoßen. Heil wieder am Boden angekommen liefen sie im Schutz der Mauer zu den Ställen. Dort warteten bereits die für den Ausritt ausgewählten sechs Sonnenreiter in voller Rüstung auf Kaptan Brairac und Elischa. Die Sonnenreiter trugen Vollgesichtshelme aus Eisen, die mit roten und sonnengelben Federn geschmückt waren und auf deren Stirn sich das Zeichen des Ordens besonders hervorhob. Unter den Helmen waren die Gesichter nicht zu erkennen. Die Pferde waren frisch versorgt und gesattelt worden.
    Elischas Pferd Feera wieherte und tanzte freudig auf den Vorderhufen hin und her, als es die in der Uniform der Sonnenreiter verkleidete Orna erkannte. Elischa tätschelte zur Begrüßung den Hals des Tieres und strich behutsam über seine weichen Nüstern. Feera beruhigte sich schnell und stieß vorsichtig mit der Schnauze gegen das Visier ihres Helmes.
    »Wir brechen auf«, befahl Brairac barsch. »Aufsitzen!«
    Die Sonnenreiter gehorchten prompt und schwangen sich in die Sättel. Elischa blieb wie angewurzelt neben ihrem Pferd stehen.
    »Was ist mit Euch, Sonnenreiter?«, bellte Brairac. »Habt Ihr meinen Befehl nicht gehört? Ich sagte, aufsitzen.«
    »Aber ...«, Elischa flüsterte verzweifelt, »sollten wir nicht warten, bis ...?«
    »... bis die Sonnen vielleicht wieder untergehen? Ist es das, worauf Ihr wartet? Wir reiten. Ich sage es zum letzten Mal, aufsitzen!« Brairac schnitt ihr abrupt das Wort ab und klang ungehalten.
    Widerwillig stieg Elischa auf den Rücken ihres Pferdes und setzte sich mit den anderen Sonnenreitern in Bewegung. Sie wusste nicht, ob die Sonnenreiter von Brairac in die Fluchtpläne eingeweiht worden waren und ob sie bemerkt hatten,

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