Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
Waffe benutzt werden konnte.
»Verzeiht, Hassard. Aber er sieht eher nach einem gefährlichen Räuber des Ostmeeres aus als nach einem Eiskrieger, der unser Vertrauen verdient hätte«, bemerkte Corusal schmunzelnd.
Alvara hatte den Stimmungsumschwung ihres Gatten sofort bemerkt. Seine Laune hatte sich gebessert und ihn aus der Nachdenklichkeit gerissen. Zu ihrem Bedauern fand er offenbar Gefallen an dem stinkenden Ungeheuer, das sich bedrohlich vor ihnen aufgebaut hatte. Der Fürst verstand es meisterlich, seine Gefühle zu verbergen. Doch sie kannte ihn inzwischen so gut, dass sie jede Veränderung sofort feststellen konnte. Es bereitete ihm Vergnügen, den Eiskrieger spielerisch in die Irre zu führen, was seine wahre Einstellung betraf, und ihn für eine Weile zappeln zu lassen. Schon früher hatte der Fürst eine Schwäche für das rebellische Auftreten seiner Krieger der Leibgarde gezeigt und das teils gegen jede Etikette verstoßende Verhalten mit einem Augenzwinkern toleriert. Die kleinen, eher unbedeutenden Wortgefechte, das gespielte, im Grunde wohlgemeinte Tadeln war zu Warrhards Lebzeiten zu einem alltäglichen Ritual geworden, das der Fürst geliebt und nach dem Tod seines Freundes schwer vermisst hatte. Obgleich Baylhard von seiner äußeren Erscheinung nur wenig mit Warrhard gemein hatte, waren sie sich doch im Kern ihres Wesens und Verhaltens ähnlich. Diese Übereinstimmung im Charakter des Eiskriegers war es, die Corusal sofort erkannt hatte. Sie faszinierte ihn. Daran gab es für Alvara keinen Zweifel, der die Ähnlichkeiten ebenfalls aufgefallen waren.
»Ich stimme Euch durchaus zu, mein Fürst«, bestätigte Hassard, »rein äußerlich betrachtet gäbe es das eine oder andere auszusetzen, wenn Ihr besonderen Wert auf die Einhaltung der Hausordnung des Eispalastes legt. Ihr könnt mir vertrauen. Baylhard besitzt das Herz eines Eiskriegers. Er wird Euch bis zu Eurem Gang zu den Schatten die Treue schwören und Euch selbst noch dorthin begleiten, wenn Ihr es wünscht.«
»Ist das so?«, wandte sich der Fürst an Baylhard.
»Ein Wort von Euch und ich schlitze mir hier und jetzt vor Euren Augen mit einem Moldawar-Zahn den Bauch auf«, antwortete der Eiskrieger. Der Klang seiner Stimme hörte sich rau an, als ob er über viele Sonnenwenden hinweg seine Stimmbänder tagein, tagaus auf einem rostigen Eisenschwert wund gerieben hätte.
»Das wird nicht nötig sein«, sagte Corusal Alchovi, »die Leibgarde hat in der Schlacht viele Eiskrieger verloren. Zu viele. Wir können es uns nicht erlauben, auch nur ein Leben sinnlos zu vergeuden. Aber erzählt mir von Euch, Baylhard. Was bringt einen Mann dazu, Moldawars zu jagen?«
»Ein Moldawar ist ein Fisch. Nicht mehr und nicht weniger. Ich kenne keine Furcht. Fürwahr, die Schrecken des Meeres sind groß und gefährlich«, führte Baylhard aus. »Seit ich ein kleiner Junge war, fuhr ich zur See. Aber ich musste mit ansehen, wie ein einziger Moldawar meinen Vater, meine beiden Brüder und meinen Großvater verschlang. Genau in dieser Reihenfolge. Er hat sie sich einfach von unserem Boot geholt. Ich wurde nur deshalb verschont, weil er schon satt war, nachdem er zuletzt meinen Großvater in Stücke gerissen und die einzelnen Teile aufgefressen hatte. Er sah mich mit seinen kalten, mordlustigen Fischaugen an, als ob er mich herausfordern oder verspotten wollte. Seit dieser Zeit jagte ich Moldawars. Nebenbei war das ein durchaus einträgliches Geschäft. Die Haut der Raubfische war begehrt, das Fleisch schmeckt gut und die Rückenflossen versprachen Männern mit erlahmender Männlichkeit neue, nie zuvor gekannte Freuden und Ausdauer. Nach der Katastrophe war es allerdings vorbei. Niemand wollte noch einen Moldawar oder auch nur Teile davon kaufen. Ich denke, der Schrecken des Erlebten saß zu tief in den Köpfen der Opfer.«
»Wie habt Ihr die Fische gejagt? Hattet Ihr Gefährten, die mit Euch aufs Meer gefahren sind und Euch geholfen haben?«, wollte Alvara wissen.
»Nein, ich war alleine, meine Fürstin«, erklärte Baylhard, »stets alleine mit meinem Boot und einer eisernen Lanze. Moldawars sind einsame Jäger, genau wie ich einer wurde, als ich ihr Verhalten beobachtete und mich allmählich an sie anpasste. Ein guter Moldawarjäger jagt niemals gemeinsam mit Gefährten. Die Gesellschaft anderer ist bei der Jagd störend und gefährlich. Während ich Moldawars jagte, konnte ich keine Ablenkung gebrauchen. Jeder noch so kleine Fehler kann tödlich
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