Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
tatsächlich beliebt und wurde überaus verehrt unter seinen Kriegern und den überlebenden Klan. Er war Befreier und Beschützer der Klanlande. Sein Name hatte an einem einzigen Tag und einer einzigen Nacht Geschichte geschrieben und blieb – komme, was immer kommen wolle – für immer unvergesslich. Niemand würde sich hingegen an eine Regentschaft erinnern, die vor allem in den letzten Sonnenwenden durch ein Sich-Verschanzen hinter den Kristallmauern des Palastes und ein übertriebenes Bedürfnis nach Schutz der eigenen Familie gekennzeichnet war.
Was auch immer der Regent gegen ihn im Schilde führen sollte, Madhrab musste sich vorsehen. Seine Hoffnung war, dass er sich voll und ganz auf die Bewahrer seines Ordens würde verlassen können. Gewiss keine einfache Angelegenheit, denn der Bewahrer Master Chromlion, dessen Vater, Fürst Fallwas, einen entscheidenden Einfluss am Hofe des Regenten ausübte, war eindeutig gegen ihn eingestellt. Ein Todfeind, so viel stand für Madhrab fest.
Er war sich nicht im Klaren darüber, wie viele der Bewahrer Chromlion auf seine Seite zu ziehen vermochte. Sicher war jedoch, dass einige Feinde des Lordmasters in den eigenen Reihen lauerten, begierig darauf, ihn zu verdrängen und über kurz oder lang seinen Platz einzunehmen. Bis es so weit war, sich um den inneren Kampf Sorgen zu machen und gegen die bevorstehenden Intrigen zu wehren, warteten allerdings noch einige Tage der Wanderschaft auf die Liebenden.
Sie waren in einer leicht bewaldeten, ansonsten durch saftige Wiesen üppig begrünten Ebene angekommen. Im Norden ragte das mächtige Riesengebirge mit seinen schroffen, steilen, bis weit in den Himmel reichenden grauschwarzen Felswänden über ihnen auf. Die Sicht war gut und sie konnten die mit Eis und Schnee bedeckten Berggipfel des beeindruckenden Bergmassivs erkennen, das sich nahtlos von den Grenzlanden der Westküste bis an die Ostküste von Ell zog. Kein Sterblicher hatte jemals einen Gipfel von oben gesehen. Die Berge waren viel zu hoch und die Luft dort oben zu dünn zum Atmen.
Madhrab hatte einen idealen Platz für ihre Rast vor einer kleinen Gruppe von hochgewachsenen Bäumen ausgesucht, die in einer kleinen Senke dicht zusammenstanden. Der Platz würde ihnen Schutz vor Wind, Wetter und unwillkommenen Blicken gewähren. In der Nähe führte ein Bach vorbei, der im Gegensatz zum derzeitigen Zustand des Rayhin kristallklares Wasser mit sich führte und an den tieferen Stellen zum Baden einlud. Einige gut gewachsene, fette Fische tummelten sich munter in dem sanft strömenden Bachlauf. Für frisches Essen würde an diesem Abend jedenfalls gesorgt sein.
Die Blätter der meisten Bäume wiesen bereits die gelbliche und leuchtend rote Färbung des Herbstes auf. Das war ein sicheres Zeichen: Der Winter konnte nicht mehr lange auf sich warten lassen.
In dem kleinen Wäldchen direkt hinter ihrem Lagerplatz sammelte Elischa trockenes Brennholz. Sie bereitete das Feuer der Orna vor, das von Weitem nicht sichtbar war und ihren Standort dadurch nicht verraten konnte. Das Feuer hatte weitere Vorteile: Es brannte länger, war heller und spendete deutlich mehr Wärme als gewöhnliche Flammen.
Madhrab schien inzwischen aufmerksam Ausschau nach irgendetwas Bestimmtem zu halten. Er verhielt sich, als ob er eine Gefahr wahrgenommen hätte, deren Bedeutung er sich noch nicht sicher war.
Elischa fühlte sich dadurch irritiert und unwohl zugleich. »Was suchst du? Hast du etwas Ungewöhnliches gesehen oder gehört?«, fragte sie leicht besorgt.
»Nein, nichts, worüber du dir Gedanken machen müsstest«, antwortete Madhrab. »Wir befinden uns in der Heimat meines treuen Streitrosses Gajachi, das die Rachuren brutal abgeschlachtet haben«, seine Stimme klang plötzlich verbittert. »In dieser Gegend gibt es einige große Herden mit wundervollen Wildpferden.«
»Ah, ich verstehe. Jetzt weiß ich, warum du Drolatols Angebot nach der Schlacht abgelehnt hast. Du willst dir ein neues Pferd aus den Reihen der Wildpferde fangen«, schloss Elischa.
»Du hast recht, zum Teil jedenfalls. Ich hatte allerdings nicht vor, eines der edlen Pferde einzu fangen . Es soll aus freien Stücken zu mir kommen. Und für dich finden wir ebenfalls ein geeignetes Ross«, bestätigte der Lordmaster sein verwegenes Vorhaben.
»Wie willst du das anstellen? Wir sind zu Fuß unterwegs und die Rösser sind furchtbar stark und schnell. Sie werden nicht einfach zu dir laufen, du trägst noch nicht einmal ein
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