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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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sein; wenn er nicht die höchste Stufe des jeweiligen Gegenpols erreichen konnte, fehlten ihm womöglich die absoluten und oft als zerstörerisch bekannten Mittel, die jeweils nur an der äußersten Grenze von Tag und Nacht zu finden waren.
    Warum musste dies alles nur so kompliziert sein? Kallya überforderte ihre Geduld und zuweilen ihre Fähigkeiten.
    Ich bin zu alt für diesen Unfug!, dachte sie verbittert.
    »Wirst du deinem Bruder und mir beistehen? Bitte, Taderijmon. Nimm all deine Kraft zusammen, steh auf, geh dort zur Tür hinaus und hilf mir. Ich habe die Kraft nicht mehr, mich alleine um dich, Belrod, Solras, Kallya, den Rat und deinen Bruder zu kümmern. Nebenbei werden wir uns gegen den Angriff des dunklen Hirten wappnen müssen.«
    »Mein Gesicht und große Teile meines Körpers sind verwüstet, Metaha«, antwortete Taderijmon. »Ich habe keine Lippen mehr, verlor Ohren und Nase, als mich die Leibwächter des dunklen Hirten häuteten. Meine Augen quellen hinter störendem Narbengewebe hervor, das einst Augenbrauen war. Ich fürchte, auf Dauer blind zu werden. So wie du. Im Licht brennen meine Augen und trocknen aus, weil ich sie nicht durch die Lider schützen kann. Sie haben mir wie einem Tier das Fell abgezogen.
    »Aber du bliebst am Leben, besitzt Arme, Beine und einen ganz vernünftigen Kopf zum Denken. Setze ein, was du hast, und sei wieder der Taderijmon, der du zuvor warst. Niemand verlangt von dir, dass du perfekt sein musst.«
    »Perfekt? Davon war und bin ich weit entfernt. Die Leibwächter schufen ein Monster. Ich sehe abstoßend aus.«
    »Das ist nicht wichtig. Wenn es dich allerdings so sehr stört, verhülle dein Antlitz oder trag eine Maske, hinter der du dein Gesicht verstecken kannst. Aber bleib nicht liegen und grüble über dein Schicksal nach. Es wird dich schnell einholen, wenn du untätig bleibst.«
    Taderijmon starrte nach wie vor an die Decke. An seinem Fingerspiel, wobei die Finger, einer nach dem anderen, nervös auf und ab hüpften und ein klopfendes Geräusch verursachten, konnte Metaha sehen, dass der Naiki-Jäger wenigstens darüber nachdachte.
    »Gut«, sagte er überraschend, »ich werde dir helfen meinen Bruder zu retten. Diese üble Rede unseres Volkes gegen Baijosto mutet mich ungerecht an, wenn ich daran denke, dass er den Lesvaraq im Grunde vor einem Schicksal bei den Rachuren bewahrt hat. An diesem Bild stimmt etwas gewaltig nicht.«
    »Ich danke dir, Taderijmon. Du hast ein gutes Herz«, lobte Metaha den Waldläufer.
    »Wer weiß? Wenn ich das tue, dann nur für meinen Bruder und nicht, um dir einen Gefallen zu tun.«
    »Nichts anderes hatte ich erwartet. Es ist mir gleichgültig, wie, weshalb oder für wen du etwas anpackst. Hauptsache, das Ergebnis deiner Handlungen stimmt und du tust tatsächlich etwas. Ich schicke dir Kallya alsbald vorbei, damit du mit ihr reden kannst. Wenn sie versteht, wird sich ihre Einstellung gegenüber Baijosto ändern.«
    »Ich hätte nie gedacht, dass du eine Träumerin bist«, sagte Taderijmon mit einem bissigen Unterton in der Stimme.
    »Ich bin eine Hexe, Taderijmon, die Träume habe ich längst hinter mir gelassen. Aber ein wenig Fantasie kann für die Begabung niemals schaden.«
    Zufrieden mit dem Ergebnis der Unterredung ließ sie Taderijmon in seiner Behausung zurück. Mit vereinten Kräften würden sie Kallya den richtigen Weg weisen.
    Viel Zeit hatte Baijosto damit verbracht, über das Mädchen Kallya nachzudenken. Ihre Ablehnung schmerzte ihn. Sie war ein Kind und er wusste wohl, dass er sich ihre Zuneigung nicht erkaufen konnte. Ihr natürlicher Instinkt und ihre Begabung schützten sie vor Unbill und den Einflüssen der Dunkelheit. Das war im Grunde sehr praktisch und hilfreich, denn umso leichter würde es Metaha fallen, den Lesvaraq vor dem dunklen Hirten und dessen Dienern zu schützen. Dennoch grämte ihn die Situation, in die er ob ihrer Einstellung geraten war. Das Schicksal meinte es nicht gut mit ihm. Immerhin hatte er Solras gefunden und für ihre Befreiung gekämpft, um den Lesvaraq in die Siedlung zu bringen. Doch was hatte ihm dies am Ende eingebracht? Die Geborgenheit und Sicherheit der Siedlung unter seinesgleichen gehörte der Vergangenheit an. In den letzten Monden war er häufiger mit dem Rudel durch die Baumwipfel des Faraghad gezogen, als dass er sich bei Freunden und seinem Bruder in der Siedlung hatte blicken lassen.
    Das wilde Leben mit den Baumwölfen war nicht in seinem Sinne. Trotz ihrer

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