Kryson 03 - Zeit der Dämmerung
sie Euch schon geben, was ich Euch nicht längst schenkte?«
Der dunkle Hirte lachte ein gehässiges Lachen, mit dem er Rajuru verhöhnte. Die alte Saijkalsanhexe war eifersüchtig auf Tallia. Das amüsierte und reizte ihn zugleich. Er war nicht abgeneigt, die beiden Frauen aufeinander loszulassen und den Ausgang des Kampfes abzuwarten. In der Absicht, Rajuru herauszufordern, rief er mit einer Handbewegung einen unsichtbaren Zauber herbei, den er auf die am Boden liegende Hexe lenkte. Rajuru spürte die tödliche Gefahr. Saijrae wollte ihr Schmerzen zufügen, sie verletzen, und es war ihm gleichgültig, ob sie dabei starb. Geistesgegenwärtig baute Rajuru rasch einen Schutz gegen den Zauber auf, der sie allerdings Kraft kostete. Kraft, die ihren Zustand beeinträchtigte und sie sofort vor den Augen des dunklen Hirten und der versammelten Saijkalsan altern ließ. Ihre Abwehr und die Folgen derselben hatte der dunkle Hirte erwartet und durch seinen Angriff erfolgreich herbeigeführt. Er war zufrieden mit sich selbst.
»Seht doch«, sagte Tallia, »sie verwandelt sich und zeigt uns ihr wahres Gesicht.«
»Sie ist so hässlich und alt«, wandte sich der dunkle Hirte angewidert ab, »wirf sie aus den heiligen Hallen und bring sie zu den Gescheiterten. Es wird Zeit, aufzuräumen, die alten Fesseln abzulegen und sich neuen Pfaden zu widmen. Ich will sie nicht mehr sehen.«
»Zu gerne«, lächelte Tallia siegessicher.
Die Braut des dunklen Hirten bewegte sich auf Rajuru zu, beugte sich hinab und packte die Saijkalsanhexe an den Haaren, um sie daran grob auf die Beine zu ziehen. Rajuru verzog das Gesicht und kreischte lautstark. Durch eine abrupte Bewegung entwand sie sich – unter Inkaufnahme des schmerzhaften Verlustes eines Haarbüschels – dem Griff Tallias und machte sich ihrerseits zum Angriff bereit. Sie schlug Tallia die spitzen Krallen einer Hand ins Gesicht, während sie das Mädchen mit der anderen Hand am Hals packte und zudrückte.
»So einfach werdet Ihr mich nicht los«, geiferte die Saijkalsanhexe, »nicht nach alle dem, was ich für Euch getan und erleiden musste. Ich herrsche über ein mächtiges Volk. Meine Kraft beziehe ich inzwischen aus mir selbst. Ich brauche die Berührung der Saijkalrae schon lange nicht mehr, um die Macht der Magie für mich zu nutzen.«
Die Krallen durch das Gesicht der jungen Saijkalsan ziehend, fügte Rajuru der Braut des dunklen Hirten tiefe blutige Kratzer zu. Tallia schrie auf, packte Rajuru erneut an den Haaren und zog deren Kopf vornüber nach unten, während sie ihr Knie mit Wucht gegen die Nase der alten Saijkalsanhexe schlug. Durch den kräftigen Aufprall wurde die Nase Rajurus zerschmettert und ihr Kopf nach oben zurückgeworfen. Augenblicklich schoss Blut aus der Nase der Rachurenherrscherin. Während ihr der stechende Schmerz wie ein Blitzeinschlag bis in den Kopf stieg und ihr fast das Bewusstsein raubte, dachte sie nur an ihren Sohn Grimmgour, der den Schmerz in diesem Moment durch ihre Seelenverbindung miterleiden musste. Aus blutunterlaufenen Augen warf sie Tallia einen hasserfüllten Blick zu. Rajuru war bereit, ihre Kontrahentin zu töten. Unbemerkt fasste sie unter ihr Gewand, wo sie den Schattendolch kalt auf ihrer Haut spürte. Drauf und dran, der Braut des dunklen Hirten eine tödliche Wunde mit dem Dolch zuzufügen, umfasste ihre Hand den Griff. Dennoch zögerte sie die Waffe einzusetzen. Niemand sollte wissen, dass sie einen solchen Dolch besaß und gelegentlich für ihre Zwecke benutzte. Sie wollte nicht riskieren, dem dunklen Hirten den Schattendolch in die Hände zu spielen, und zog ihre Hand wieder heraus.
»Hört auf mit dem albernen Gezanke«, mischte sich der dunkle Hirte ein, »ich brauche und fordere die Unterstützung jedes einzelnen Saijkalsan bei der Umsetzung meiner Pläne ein.
»Sie wird verschwinden oder sterben«, keuchte Rajuru, während sie eine Hand vor ihre Nase hielt und mit der anderen versuchte einen weiteren Angriff Tallias abzuwehren.
Rajuru hatte den magischen Schlag nicht kommen sehen, der sie hart traf und einige Fuß weit durch die Halle schleuderte. Sie landete auf dem harten steinernen Boden und richtete sich nur mühsam unter Stöhnen wieder auf. Aber so schnell gab sie sich nicht geschlagen. Sie war eine Rachurin, in erster Linie aber Herrscherin eines Volkes und hatte gelernt keine Schwäche zu zeigen.
»Aha…«, sagte Rajuru, »du willst also ein magisches Duell, um deine Kräfte mit mir zu messen.«
»Nicht
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