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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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wirst du bis in alle Ewigkeit in den Flammen der Pein schmoren. Schwöre, dann erlösen wir dich von deinen Leiden.«
    »If fwöre bei den Kojof und den Fatten«, legte Malidor den Eid ab.
    Thezael verzog das Gesicht zu einer gequälten Fratze. Das Lispeln des ehemaligen Saijkalsan, durch das weder Kojos noch Schatten richtig ausgesprochen wurde, störte sein Empfinden. Der Praister brauchte einige Sardas, bis er sich wieder gefangen hatte und fortfahren konnte.
    »Brav, mein Freund«, sagte er. »Wir wollen dich dafür belohnen und halten, was wir dir versprachen.«
    Thezael wandte sich an seine Praister. Auf seinen Lippen lag ein triumphierendes Lächeln.
    »Wir haben wieder einen Ungläubigen bekehrt, meine Freunde. Bringt es zu Ende und erhitzt die Dornen!«
    »Nein … bitte nift!«, flehte Malidor.
    Die Praister kannten keine Gnade mit einem Saijkalsan. Sie drehten auf Anweisung Thezaels erneut an den Holzrädern. Die Dornen bohrten sich tiefer und tiefer in den geschundenen Leib des Gefolterten. Zwei weitere Praister traten heran und halfen dabei, die Dornenkammer über ein offenes Feuer zu schieben, das die stählerne Dornenkonstruktion erhitzen und zum Glühen bringen sollte. Malidor spürte die aufsteigende Hitze kaum noch. Er fiel in ein Delirium aus Wachen, Schmerzen und Bewusstlosigkeit, bis er schließlich seinen letzten Atemzug tat und starb. Eine gehässige Knabenstimme folgte ihm in die Dunkelheit. Er kannte die Stimme seines einstigen Herrn zu gut: »Versager! Du bist gescheitert!«
    Saijkalsan Malidor war tot.
    Als Malidor erwachte, lag er auf einer blühenden Wiese im kühlenden Schatten unter einem mächtigen, uralten Baum. In der Nähe hörte er das sanfte Rauschen eines Bachlaufes. Er fragte sich, wie er an diesen wunderschönen Ort gekommen war. Wo befand er sich? War dies das Land der Tränen? Er konnte sich nicht bewegen. Seine Verletzungen waren zu schwer. Über ihm im Baum saß eine Eule, die ihn aufmerksam betrachtete. Ihr Gefieder war blauschwarz, durchbrochen von einzelnen grauen und goldenen Federn.
    »Willkommen«, sagte die Eule, »wir haben Euch erwartet. Ihr kamt spät; später, als wir dachten. Aber gerade noch rechtzeitig, um Eurer wahren Bestimmung zu folgen.«
    »Wafe oder träume if oder bin if tot?«, wunderte sich Malidor.
    »Ein wenig von allem«, meinte die Eule. »Ihr kennt den Baum des Lebens Farghlafat. Habt Ihr nicht von ihm geträumt? Nur wenige finden den Weg in das Land der Tränen. Ihr wähltet den Weg des Schmerzes wie Euer Lehrer einst, den Ihr Euren Feind nennt. Dabei seid Ihr Euch viel ähnlicher, als Ihr denkt, und solltet Euch gegenseitig respektieren. Euer Schicksal ist mit dem seinen und dem der Lesvaraq eng verwoben. Sapius ist klug und stark. Ihr werdet Euch auf Euren Wegen oft begegnen.«
    »Fapiuf? Der Fweifler war hier?«, fragte Malidor ungläubig.
    »Gewiss doch, und wir zeigten ihm den Weg.«
    Die Eule schwebte mit ausgebreiteten Schwingen vom Ast herab, ließ sich neben Malidor nieder und veränderte vor dem staunenden Malidor ihre Gestalt. Eine in einen schwarzblauen, mit goldenen Fäden durchwirkten Kapuzenmantel gekleidete Gestalt ohne Gesicht und Hände stand plötzlich neben Malidor.
    »Wer oder waf feid Ihr?«, fragte Malidor, der seinem Auge kaum traute.
    »Das ist nicht von Belang. Wir sind der Wanderer; so dürft Ihr uns nennen, wenn Euch das behagt«, schlug der Wanderer vor. »Wartet, bevor Ihr weiterredet. Euer Nuscheln macht uns verrückt. Wir ertragen das kaum.«
    Mit dem Ärmel seines Gewandes berührte der Wanderer die Lippen Malidors. Ein stechender Schmerz durchzuckte ihn an jener Stelle, an der ihn der Wanderer berührt hatte, bis tief in den Mund hinein.
    »Jetzt dürft Ihr weiterreden«, hieß ihn der Wanderer an.
    Malidor bemerkte, dass das lästige Lispeln wie durch ein Wunder verschwunden war. Er spürte zu seiner Freude, dass seine Zunge abgeschwollen, die Lippen verheilt und wieder Zähne in seinem Mund nachgewachsen waren. »Habt Dank, Wanderer! Aber was wollt Ihr von mir? Wie kam ich an diesen Ort?«
    »Das ist nicht so einfach zu verstehen. Ihr seid hier, weil Euch die Praister zu Tode gefoltert haben. Sie verstießen gegen das Gesetz der Macht und übersahen, dass Euch ein anderes Los bestimmt war, als auf ihren Foltertischen zu sterben. Sie wollten Euch zu den Schatten bringen, stattdessen brachten sie Euch in das Land der Tränen. Euer zerstörter Körper liegt in den Kammern der Praister unter dem Kristallpalast in

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