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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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untersucht hatte. Dort, wo die Praister ihn aufgeschnitten hatten und die Dornen zahlreich in seinen Körper eingedrungen waren, fand er überall hässliche Narben vor, die seinen Leib verunstalteten. Aber er hatte Glück gehabt, es war alles verheilt und er konnte Arme und Beine frei bewegen. Rasch sprang er vom Tisch und huschte zur Tür. Zu seiner Erleichterung ließ sich diese leicht und geräuschlos öffnen. Malidor schlüpfte erst hindurch, nachdem er geprüft hatte, ob sich im dahinterliegenden Flur jemand befand. Am Ende des Flures fand er genau das, worauf er gehofft hatte. An einem in die Wand eingelassenen eisernen Haken hing ein rotes Praistergewand. Bei näherem Hinsehen ahnte Malidor, weshalb sein Besitzer das Gewand dort aufgehängt hatte. Es war schmutzig und musste gereinigt werden, an vielen Stellen über und über mit getrockneten Blutflecken versehen. Kaum hatte er das Gewand übergeworfen, spürte er, dass es sein Blut war. Es war ihm, als habe sein eigenes Blut zu ihm gesprochen. Sosehr er sich über die Wahrnehmung auch wunderte, damit konnte er sich im Moment nicht aufhalten. Er musste einen Weg nach draußen finden und dabei die Praister nach Möglichkeit vermeiden. Er war alles andere als erpicht auf eine weitere Begegnung mit den Folterknechten. Vielleicht würde er sich eines Tages rächen. Aber jetzt war nicht die Zeit, an Rache zu denken. Barfuß und in der Hoffnung, einen Ausweg gefunden zu haben, eilte er mit fliegenden Schritten auf eine Treppe zu, die steil nach oben führte.
    Der dunkle Hirte hatte sich das an vielen Stellen geflickte Gewand eines Bettlers übergeworfen und einen alten, schäbigen breitkrempigen Hut auf den Kopf gesetzt, bevor er sich zum ersten Mal seit über fünftausend Sonnenwenden selbst auf den Weg aus den heiligen Hallen gemacht hatte. Niemand begleitete Saijrae auf seiner Reise. Er hatte es satt, von Nichtsnutzen umgeben zu sein, die ihm ständig das Gefühl des Scheiterns vermittelten und von denen er annahm, dass sie seine Abgeschiedenheit in den heiligen Hallen ausnutzten und ihn anlogen. Am meisten hatte ihn Rajuru enttäuscht, und er ärgerte sich noch immer, dass sie ihm am Ende einfach entwischt war. Von nun an würde er die Sache selbst in die Hand nehmen müssen.
    Solange die Zeit der Dämmerung noch vorhielt, glaubte er sich im Vorteil. Dafür nahm er sogar in Kauf, dass er den die heiligen Hallen umgebenden Zeitfluss durchbrechen musste und auf Ell dem Alterungsprozess ausgesetzt sein würde, während er dort verweilte. Allerdings nahm er nicht an, dass er allzu lange bleiben musste, um seine Ziele zu erreichen.
    Sein erstes Ziel war eine Siedlung im Faraghadwald. Dort wollte er die Herausforderung der Naikihexe Metaha annehmen und ihr ein gebührendes Ende bereiten. Hatte er sie erst überwunden, wäre es gewiss ein Leichtes, an den Lesvaraq heranzukommen. Er musste die Lesvaraq zerstören, wenn er siegen wollte. Erst danach wollte er sich um Rajuru und ihr Volk der Chimären kümmern.
    Ungestraft würde er ihr den Verrat nicht durchgehen lassen.
    Während der dunkle Hirte als Bettler verkleidet auf der Suche nach der Naiki-Siedlung durch den Faraghad-Wald wanderte, erwachte Tallia in den heiligen Hallen, nachdem sie in ihren Körper zurückgekehrt war. Sie hatte Glück und war alleine. Der Wanderer hatte sie ins Leben zurückgeholt, aber er hatte die Folgen des steinernen Blickes nicht vollständig beseitigen können. Tallias Haut war grau geworden; sie sah aus und fühlte sich auch so an, als sei sie aus Stein. Genau so hatte sie sich die Felsgeborenen vorgestellt, von denen ihr Kallahan einmal erzählt hatte. Mit den Saijkalrae und ihren Dienern hatte sie abgeschlossen; Tallia war daher froh, keinem von ihnen begegnen zu müssen, als sie die heiligen Hallen verließ. Ihre Bestimmung vor Augen wandte sie sich nach Norden. Eisbergen lautete ihr Ziel.

D ER A TTENTÄTER
    N ach Wochen des Bangens und Hoffens hatten sie die Suche nach Elischa schließlich aufgegeben. Auf Alvaras ausdrücklichen Wunsch hin hatten die Eiskrieger ganz Eisbergen durchkämmt und vom Hafen bis zum Nordtor auf den Kopf gestellt. Zahlreiche Befragungen hatten kein Ergebnis gebracht. Niemand hatte Elischa gesehen. Die Orna blieb spurlos verschwunden. Am Ende mussten sie annehmen, dass ihr im Palast etwas zugestoßen war. Das Blut in ihrer Kammer deutete darauf hin, dass sie zumindest verletzt worden war. Alvara und ihr Gatte Fürst Alchovi machten sich schwere Vorwürfe,

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