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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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dachte er: Fürst Corusal ist tot. Und das ist einzig und alleine dein Verdienst.
    Ein merkwürdiges Gefühl beschlich ihn. Einerseits bedauerte er des Fürsten Gang zu den Schatten. Corusal hatte ein solches Ende nicht verdient. Der Fürst war ein überaus guter und fähiger Mann gewesen. Andererseits sah Henro die Notwendigkeit des Attentats und wollte sich selbst für den aufgebrachten Mut und die gelungene Ausführung auf die Schulter klopfen, einen solch wichtigen Beitrag für die Praister und die Zukunft der Klanlande im Sinne der Kojos geleistet zu haben. Er alleine hatte mit diesem Mord Geschichte geschrieben und die Geschicke des Kontinents Ell nachhaltig verändert. Wer konnte das von sich schon behaupten?
    Henro wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als die Tür zu seiner Kammer eingetreten wurde und samt herausgerissener Angeln und Rahmen in seine Richtung flog. Geistesgegenwärtig machte er einen Satz hinter das Bett, um nicht von den Holzsplittern getroffen zu werden. Im Türrahmen stand Baylhard mit wutverzerrtem Gesicht. Sich nach einer Fluchtmöglichkeit umsehend musste Henro einsehen, dass es kein Entkommen gab.
    »Ihr«, donnerte die Stimme des Eiskriegers durch die Kammer, während er mit dem Finger auf den Praister zeigte, »kommt mit mir. Ihr wisst, was mit Verrätern und feigen Mördern geschieht?«
    »Ich … ich habe nichts getan«, stammelte Henro beschwichtigend, »Ihr platzt hier herein und beschuldigt mich. Könntet Ihr mich bitte aufklären, was Ihr mir vorzuwerfen gedenkt?«
    »Wie ich sehe, habt Ihr Euer Bündel bereits gepackt. Umso besser, dann können wir sofort aufbrechen«, antwortete Baylhard.
    »Wohin aufbrechen? Wollt Ihr mich etwa nach Harrak bringen, ohne mich vorher anzuhören? Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Gebt mir eine Möglichkeit, mich zu verteidigen«, flehte der Praister.
    »Harrak?«, lachte der Eiskrieger ein gehässiges Lachen. »Harrak wäre noch viel zu gut für Euch. Ihr seid ein Feigling, ein Verräter und ein Mörder. Ich hätte längst tun sollen, was ich jetzt mit Euch anstellen werde.«
    Henro erinnerte sich an die Nadel zwischen seinen Fingern und sprang, ohne weiter nachzudenken, auf den Eiskrieger zu. Er erwischte Baylhard am Unterarm. Die vergiftete Nadel hinterließ einen dünnen Kratzer auf der Haut des Eiskriegers. Ein wuchtiger Schlag mit der Faust traf den Praister im Gesicht und schleuderte diesen auf das Lager zurück. Betäubt sah Henro, wie der Eiskrieger geschwind den Arm abband, ein Messer aus dem Gürtel zog und sich zähneknirschend und ohne zu zögern ein großes Stück Fleisch aus dem Unterarm schnitt. Anschließend nahm er einen Lederbeutel mit einer klaren Flüssigkeit, deren nach hochprozentigem und scharfem Schnaps riechenden Duft den Raum ätzend erfüllte, und schüttete sich den Inhalt über die tiefe Wunde. Der Eiskrieger brüllte den Schmerz heraus, warf den leeren Beutel in die Ecke, verband sich die Wunde, packte den Praister und warf ihn sich wie einen Sack über die Schultern.
    »Wir fanden den Fürsten in seinen Gemächern. Er war tot«, sagte Baylhard sichtlich erregt mit zitternder Stimme, »aber er hinterließ einen Namen, den er mit den Fingernägeln in das Eis seines Sitzes gekratzt hatte. Wahrscheinlich war es das Letzte, was er getan hat. Dort standen zwei Worte. Aber sie waren klar und deutlich zu lesen. Gift und Henro . Ihr werdet keine Gelegenheit erhalten, Euch zu verteidigen, werter Praister. Euer Leben ist verwirkt.«
    Henro stöhnte. Der Kopf schmerzte von dem mächtigen Schlag, den ihm der Eiskrieger verpasst hatte. Mit schlaffem Körper hing er über der Schulter des Hünen, während dieser ihn, von neugierigen Blicken vorbeigehender Passanten begleitet, zum Hafen und auf ein Fischerboot schleppte. Das Boot war schlicht, schmal geschnitten und höchstens zwanzig Fuß lang. In der Mitte befand sich ein mit einem blutroten Anstrich versehener Mast, an dem ein Segel aus stabilem, aber schon recht verschlissen wirkendem und mehrfach geflicktem Tuch angebracht war. Außer einer Ruderbank, einer Pinne und zwei abgegriffenen Rudern, deren Ruderblätter deutlich erkennbare Biss- und Kratzspuren aufwiesen, gab es ein aus Tierhäuten gefertigtes Fischernetz, wenige Seile, einige mehr oder weniger brauchbare Messer und eine erquickliche Anzahl langstieliger Speere. Die Speerspitzen waren aus Stahl gefertigt und wirkten auf Henro fürchterlich scharf und gefährlich. Neben einem frisch gefüllten Trinkwasserfass

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