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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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fragte der dunkle Hirte. »Erspart Euch das. Ich weiß, wozu Ihr imstande seid. Aber ich will Euch gerne sagen, warum ich Eure Herausforderung annahm und mich aus den heiligen Hallen hierher in den Faraghad-Wald begab.«
    »Sprecht nur …«, lächelte Metaha wissend, »… ich bin ganz Ohr, auch wenn ich nur jedes zweite Eurer Worte hören kann.«
    »Pah, alberne Naikihexe«, ärgerte sich der dunkle Hirte, »was glaubt Ihr, wer Ihr seid? Dachtet Ihr, ich wäre Euretwegen gekommen? Ihr und Euer Volk seid mir gleichgültig, solange Ihr mir und meinen Plänen nicht in die Quere kommt. Ihr erwähntet einen Lesvaraq. Das ist der wahre Grund, weshalb ich Euch suchte. Sprecht, wo ist der Lesvaraq?«
    »Ihr kommt zu spät«, antwortete Metaha wahrheitsgemäß, »er ist fort.«
    »Was?« Der dunkle Hirte war irritiert. »Ich verstehe Euch nicht. Was bedeutet: Er ist fort ?«
    »Es bedeutet das, was es bedeuten soll. Ihr werdet den Lesvaraq nicht mehr hier finden. Er ist gegangen und hat die Siedlung verlassen.«
    »Ihr lügt!«, regte sich der dunkle Hirte auf. »Niemals würdet Ihr ihn ziehen lassen. Nicht Metaha, die ehemalige Dienerin des Pavijur. Ihr seid ihm immer noch viel zu sehr verbunden, als dass Ihr seinen Nachfolger ohne Euren Schutz von dannen ziehen lassen würdet. Da staunt Ihr, ich habe Euch nach so vielen Sonnenwenden wiedererkannt und erinnere mich sehr genau an Euer entsetztes Gesicht, als Ulljan, Saijkal und ich Euren Meister ermordeten. Was war das für ein Spaß! Damals wart Ihr aber noch nicht mit Blindheit geschlagen, habt in unser Antlitz geblickt und die Dunkelheit gesehen, die Euch gewiss in Euren Träumen bis heute verfolgte. Aber Ihr konntet nichts mehr für ihn tun. Ihr habt versagt, Metaha.«
    Metaha starrte dem dunklen Hirten regungslos aus ihren blinden Augen entgegen. Der dunkle Hirte wusste, dass er einen wunden Punkt bei ihr getroffen und unliebsame Erinnerungen geweckt hatte, die ihr zeit ihres Lebens nachgehangen und die sie nie überwunden hatte. Was würde sie tun? Würde sie ihn jetzt angreifen, um Rache zu nehmen und ihn zu vernichten? Saijrae bereitete sich auf eine magische Attacke seiner Kontrahentin vor, wie immer diese auch aussehen mochte. Aber nichts dergleichen geschah. Stattdessen antwortete Metaha sehr leise, aber bestimmt.
    »Wie ich schon sagte. Er ist nicht hier. Geht und lasst die Naiki in Ruhe. Ihr habt genug Unheil auf Ell angerichtet. Und was mein Versagen als Magierin des Pavijur angeht, so lasst Euch gesagt sein, dass ich dem Lesvaraq treu bis zu seinem Ende und darüber hinaus diente. Ich war es, die sein Erbe bewahrte und es unbeschadet weitergab. Ihr hingegen verrietet Euren Meister, wo Ihr doch mit und durch ihn viel mehr an Größe und Stärke für Euch selbst hättet hinzugewinnen können. Aber Euer Bruder und Ihr wart habgierig und wolltet unbedingt seine Macht an Euch reißen. Also musstet Ihr seinen Geist, seine Seele und mit ihm all das wertvolle Wissen eines Lesvaraq vernichten. Selbst die Erinnerung an ihn wolltet Ihr über die Sonnenwenden ausmerzen, auf dass er niemals existierte. Doch Ulljan war Euch stets einen Schritt voraus. Selbst in seinem Tod schlug er Euch noch um Längen. Die Erinnerung an Ulljan und sein Erbe bewahren die Orden der Sonnenreiter und Orna noch immer, und sein gesammeltes Wissen versteckte er an einem geheimen Ort, für Euch unerreichbar. Sagt mir ehrlich, Saijrae: Wer von uns hat am Ende versagt?«
    »Geschwätz einer alten Hexe«, wiegelte der dunkle Hirte die Vorwürfe ab, »Ihr wollt mich vom Wesentlichen ablenken und Zeit gewinnen. Gebt den Lesvaraq heraus und ich verschone Euer Volk.«
    »Ihr wollt nicht hören, nicht wahr?«, meinte Metaha. »Der Lesvaraq weilt nicht mehr unter den Naiki. Geht! Hier gibt es nichts für Euch zu holen.«
    »Wie stur Ihr seid«, lächelte der dunkle Hirte kalt, »aber gut. Ich habe verstanden. Ihr habt es nicht anders gewollt. Gebt mir also nicht die Schuld am Ende Eurer Siedlung.«
    Metaha blieb ungerührt stehen, als warte sie bereits auf den ersten Schlag des dunklen Hirten. Dieser machte sich für einen Kampf mit der Naikihexe bereit, warf den Kapuzenmantel ab und streckte seine Glieder.
    »Wir müssen uns beeilen«, hielt der weiße Schäfer die beiden ihn begleitenden Saijkalsan zu größerer Geschwindigkeit an.
    Über dem Wald und in der Erde lag eine Anspannung, die Saijkal mit jeder Faser seines Körpers fühlen konnte. Ein Kribbeln lief über seine Haut, und er spürte, wie es

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