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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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auf diese Weise behandelt wurdet. Glaubt ihr, von mir könntet ihr etwas anderes erwarten? Denkt ihr, etwas anderes verdient zu haben?«
    »Nein, Herr«, Enymon ließ beschämt den Kopf hängen.
    »Mitnichten, Saijkal«, stimmte Raalahard in das Zeugnis des Versagens ein.
    »Das ist das Verhalten, das ich von euch erwartet habe«, schrie der weiße Schäfer wutentbrannt und schüchterte die Saijkalsan noch weiter ein, »ihr seid eine Bande von Nichtsnutzen. Geht mir aus den Augen, bevor ich mich vergesse und euch das Augenlicht vollends nehme.«
    Die Saijkalsan wagten nicht, dem weißen Schäfer in die Augen zu sehen, und zogen sich rückwärtsgehend in nach vorne gebeugter Haltung zurück. Der weiße Schäfer lächelte überlegen, als er das sich langsam entfernende Paar beobachtete.
    Kriecher, elende, schleimige Krabbeltiere, dachte er abfällig bei sich.
    »Halt! Bleibt stehen!«, rief er plötzlich.
    Enymon und Raalahard gehorchten sofort und blieben an Ort und Stelle wie angewurzelt stehen. Ihre Knie zitterten, als sich der weiße Schäfer näherte.
    Macht ist ein solch erquickliches und erhabenes Spiel für Seele und Geist , ging es Saijkal durch den Kopf, ich kann dich gut verstehen, Bruder, auch wenn du es zuweilen übertreibst.
    »Ihr!«, setzte er den beiden Saijkalsan die Finger auf die Brust und schlug einen vorwurfsvollen Ton an. »Ihr werdet mich begleiten und meinem Bruder im Kampf gegen die Naiki beistehen. Gemeinsam werden wir eine schmerzliche Niederlage verhindern. Ich warne euch, erweist ihr euch als feige, werdet ihr meinen Zorn kennenlernen.«
    »Sehr wohl, Meister«, nickten Enymon und Raalahard zugleich.
    »Gut, dann lasst uns sehen, wo er sich aufhält«, schlug der weiße Schäfer vor.
    Das Auge brauchte nicht lange, den dunklen Hirten auszumachen. Er hatte es sich auf weichem Moos sitzend unter einem Baum im Faraghad-Wald gemütlich gemacht und wartete. Sein Gesichtsausdruck wirkte gelangweilt auf den weißen Bruder der Saijkalrae, was unschwer an einem ausgedehnten Gähnen zu erkennen war.
    »Das sieht nicht nach einem schweren Kampf aus«, stellte der weiße Schäfer überrascht fest. »Was macht er da? Ruht er sich aus und sammelt Kräfte?«
    »Ich glaube nicht, Herr«, sagte Enymon, »richtet das Auge nach oben. Die Rinde der Bäume scheint sich zu bewegen. Eine schwarze Masse kriecht daran empor.«
    Dem Hinweis des Saijkalsan folgend erkannte der weiße Schäfer bei genauerem Hinsehen die Flut der schwarzen Spinnen und verstand. Jeden Augenblick musste der Kampf losgehen. Der dunkle Hirte hatte eine Helferschar der Dunkelheit vorausgeschickt, um die Naiki aus der Siedlung herunterzulocken.
    »Lasst uns gehen!«, blies der weiße Schäfer zum Aufbruch. »Uns bleibt wenig Zeit.«
    Die Siedlung der Naiki brannte lichterloh. Metaha hatte überall Feuer gelegt. Plattformen, Häuser, Brücken und Geländer hatte sie in Windeseile mit magischer Unterstützung entzündet. Die Flammen schlugen hoch, suchten und fanden neue Nahrung. Das zum Bau der Siedlung verwendete Holz war abgelagert und längst trocken. Doch das Feuer machte auch vor den saftigen Blättern und Ästen der Bäume nicht halt. Dunkler Rauch und Ruß stiegen auf und verdeckten das ohnehin spärliche Licht der Dämmerung. Beißend drang der Rauch in die Lungen der alten Hexe und löste schwere Hustenanfälle aus. Ihre blinden Augen tränten. Das vor Mund und Nase gehaltene feuchte Tuch nutzte ihr nur wenig. Hinzu kam eine von dem Flammensturm ausgehende unerträgliche Hitze, die der Hexe die wenigen noch verbliebenen Haare versengte und schmerzhaft auf der Haut brannte. Metaha wankte, hielt der Tortur jedoch eisern stand. Rasch breitete sich das Feuer aus. Diejenigen Spinnen des dunklen Hirten, die als erste die Siedlung erreicht hatten, wurden von den Flammen begierig verschlungen, bis nichts von ihnen übrig blieb. Die enorme Hitze der brennenden Balken und Bretter versengte selbst die Krabbeltiere, die sich noch einige Fuß unter den Plattformen befanden.
    Hustend und schwer nach Atem ringend brachte die alte Naikihexe nur krächzend und keuchend einige Worte in der alten Sprache hervor.
    »Genya Katarrako. Es tut mir leid, meine Freunde. Aber es geht nicht anders. Ihr müsst brennen und mit mir leiden.«
    Die Baumwipfel verneigten sich und winkten mit den Ästen, als hätten sie die Naikihexe verstanden und billigten ihr Vorhaben. Das Feuer breitete sich rasch über die Plattform aus und raste in hoher Geschwindigkeit die

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