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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Augenblick? Ich könnte ihn befragen, bevor ich ihn für dich beseitige.«
    »Er ist in der Grube«, meinte Boijakmar, »aber ich halte das für keine sehr gute Idee, wenn du zu ihm hinabsteigst und dich nach dem Lesvaraq erkundigst.«
    »Was spricht dagegen?«, wollte das Gefäß wissen. »Die Finsternis ist kein Problem für mich.«
    »Überschätze dich nicht«, tadelte Boijakmar sein zweites Ich, »du magst zwar irgendwo zwischen Leben und Tod stehen, aber den Herrn der Grube wird das nicht stören. Er wird keinerlei Rücksicht auf deine magische Natur und die Fremdartigkeit deines Wesens nehmen. Deine Boshaftigkeit wird er sehr zu schätzen wissen, wenn er sich erst deines Geistes bemächtigt hat. Du würdest dem Wahnsinn anheimfallen und ich mit dir. Das dürfen wir nicht riskieren.«
    »Du bist doch ohnehin schon verrückt, alter Mann«, lachte das Gefäß gehässig, »was macht da ein wenig Wahnsinn mehr aus? Aber gut. Es ist dein Leben, das du aufs Spiel setzst, sollte der Bewahrer der Grube entkommen.«
    »Das wird er nicht«, antwortete Boijakmar überzeugt, »niemand entflieht aus der Grube, noch nicht einmal der Herr der Grube selbst. Dafür hat Ulljan die Grube einst errichten lassen.«
    »Dein Wort in seine Ohren. Bevor du allerdings zu den Schatten gehst, werde ich dich an dein Versprechen erinnern. Du schuldest mir einen verbundenen Geist, der mir ein Fortkommen nach deinem Tod sichert.«
    »Keine Sorge, ich werde dich nicht vergessen«, wiederholte Boijakmar sein Versprechen.
    Boijakmar war in Sorge. Die Schattengestalt hatte ihm keine guten Nachrichten gebracht. Natürlich war er seine Verpflichtungen gegenüber Fallwas endlich losgeworden. Das nahm ihm eine Last von den Schultern und gab ihm in gewisser Weise freie Hand. Aber er wollte nicht glauben, dass Elischa das Kind verloren hatte. Das Erbe Ulljans war in Gefahr.
    Mit verschränkten Armen und Beinen auf dem Grund der Grube sitzend, wartete Madhrab und lauschte in die Stille. Bar jeglichen Zeitgefühls konnte er schwer einschätzen, wie lange er schon wartete. Gedankenverloren betrachtete er zwischendurch seine Finger und stellte mit Schrecken fest, wie lange seine Fingernägel inzwischen gewachsen waren. Der Lordmaster strich sich über den Kopf und zog mit zwei Fingern eine lange Haarsträhne vor seine Augen. Verwirrt fühlte er zu allem Überfluss einen buschigen Vollbart in seinem Gesicht sprießen. Was geschah mit ihm? Er konnte sich nicht daran erinnern, zwischendurch gegessen oder getrunken zu haben. Jedes natürliche Bedürfnis schien unterdrückt und doch wuchsen seine Haare und Nägel unaufhaltsam. Nervös kaute er seine Fingernägel ab, doch schon bei nächstem Hinsehen waren diese wieder nachgewachsen, Haare und Bart länger geworden.
    Lähmendes Entsetzen überfiel den Bewahrer und er schrie seine Angst in die Gänge der Grube hinaus. Madhrab befand sich in einem Albtraum, aus dem es kein Erwachen gab. Er sprang auf, versuchte die nassen Felswände zu erklimmen. Vergessen waren das Erlebnis während des Abstiegs und der Geruch des Blutes. Aber er rutschte ab und landete unsanft auf dem Grund der Grube. Wieder und wieder versuchte er sein Glück, unüberlegt und erfolglos, bis er ein letztes Mal erhitzt und außer Atem völlig erschöpft liegen blieb. Seine Augenlider wurden schwer und er spürte, wie ihn der Schlaf ein weiteres Mal überwältigen wollte. Er wehrte sich dagegen, wollte sich nicht erneut den bedrückenden Träumen hingeben und war doch zu schwach.
    »Madhrab?«, hörte er seine eigene Stimme seinen Namen sagen. »Bist du wach?«
    Der Lordmaster wusste nicht, was er auf die Frage antworten sollte. Wie sollte er auch, da er selbst nicht mehr einschätzen konnte, ob er schlief oder wach war. Was war Wirklichkeit, was Einbildung?
    »Keine Ahnung«, hörte er sich selbst in mürrischem Tonfall zur Antwort brummen.
    »Das ist gut«, gab seine Stimme zur Antwort.
    Führte er jetzt bereits Selbstgespräche? War dies der Wahnsinn der Grube, die jeden zu dieser Strafe Verurteilten erwartete? Ein Schicksal des Sich-selbst-Zermürbens in der Einsamkeit und Stille eines bis ans Ende seiner Tage tristen Daseins, in dem es keine Ansprache und Hoffnung mehr gab. Grau, ansonsten farblos. Keine Höhen, keine Tiefen. Er war zur Tatenlosigkeit verdammt. Er kam sich vollkommen hilflos vor, wusste nicht, was er tun konnte oder wie er sich gegen ein Abrutschen in die Trostlosigkeit und vollendete Verzweiflung wehren konnte. Unterbewusst

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