Kryson 03 - Zeit der Dämmerung
habe die Drachen heimgesucht. Dann wiederum gibt es Berichte, die besagen, die Drachen hätten sich den Rachuren angeschlossen und halfen eine neue Armee aufzubauen. Chimärenkrieger mit der Kraft eines Drachen, fliegende Chimären, die in der Lage seien, Drachenfeuer zu speien, mit ledernen Schwingen, Pranken und Klauen, die schärfer und stärker als Blutstahl wären. Ich weiß nicht, was davon stimmt. Angeblich soll der Schänder Grimmgour wieder erstarkt sein und eine Eroberungsarmee aufbauen, um die Klanlande erneut anzugreifen und dieses Mal endgültig zu vernichten.«
»Das hört sich nicht sehr glaubwürdig an«, stellte Madhrab fest, »aber wer weiß. Die Magie ist zurück. So viel ist sicher, und für die Rachuren wäre genug Zeit vergangen, eine neue Armee gegen die Nno-bei-Klan zu schicken. Du solltest die Augen offen halten und vorbereitet sein. Es könnte ein neuer Krieg drohen.«
»Ich werde wachsam sein, Lordmaster«, antwortete Yilassa besorgt, »denn ich teile Eure Ansicht, dass wir die Ruhe vor dem Sturm erleben. Schlimmer als zuvor. Viel schrecklicher und grausamer. Aber das ist nur ein Gefühl.«
»Hast du von den Lesvaraq gehört?«
»Den Zeichenträgern?«, vergewisserte sich Yilassa und Madhrab nickte. »Manche Klan behaupten, Fürst Tomal sei ein Lesvaraq. Eines dieser mächtigen, unbegreiflichen Wesen, denen Unsterblichkeit nachgesagt wird. Anscheinend soll es auf Ell einen zweiten Lesvaraq geben, der sich im unerkundeten Vulkangebiet um den Tartatuk herum in der Nähe des Rachurengebietes aufhält. Wenn es die Lesvaraq gibt, dann haben sie sich bislang zurückgehalten und nicht nach der Macht über Ell gegriffen oder einen Krieg gegeneinander geführt. Tomal kümmert sich um das Fürstenhaus Alchovi und eifert seinem Vater nach. Er gilt als starker und guter Fürst, dem seine Untertanen am Herzen liegen. Die Eiskrieger sind auf ihn eingeschworen, wie sie es auf seinen Vater waren. Sapius, der Magier – Ihr kennt ihn – soll ihn vieles gelehrt haben und sein ständiger Berater sein. Sie sind unzertrennlich. Eine eigenartige Frau befindet sich im Kreis seiner Vertrauten. Soweit mir berichtet wurde, hört sie auf den Namen Tallia. Die Eisbergener meinen, sie sei eine Felsgeborene, was sie angeblich abgestritten hat. Ich habe sie nie gesehen, aber sie soll angeblich eine Felsenhaut besitzen. Sie ist noch nicht lange dort, vielleicht ein oder zwei Sonnenwenden höchstens, seit wir das erste Mal von ihrer Anwesenheit im Eispalast erfuhren. Es heißt, sie soll aus dem Riesengebirge gekommen sein.«
»Klingt sonderbar«, räumte Madrhab ein, »aber ich glaube an die Völker der Altvorderen. Mit der Macht und den Lesvaraq kehren auch sie wieder.«
»Ach, Madhrab, ich glaube, Ihr habt Euch den falschen Zeitpunkt ausgesucht, die Grube zu verlassen. Ich hätte Euch den Frieden der letzten Sonnenwenden wirklich so sehr gegönnt. Aber auf Kryson riecht es nach Krieg und Veränderung. Ein Kribbeln und eine Unruhe liegen in der Luft, als würde sich der Sturm jeden Augenblick mit Wucht über uns entladen. Die Gegner sammeln ihre Kräfte und warten nur auf eine günstige Gelegenheit, um endlich loszuschlagen. Ich vermute, es wird einen unüberschaubaren Kampf geben. Jeder gegen jeden.«
»Mag sein«, antwortete Madhrab, »aber was kümmert mich das. Ich bin alt. Meine besten Sonnenwenden sind verloren. In diesem Krieg werde ich gewiss keine Rolle mehr spielen.«
»Ihr belügt Euch selbst, Lordmaster. Niemand wird sich einem solchen Krieg entziehen können und Ihr schon gar nicht. Ihr seid ein Krieger. Ein Mann, der die einzigartige Gabe der Kojos besitzt. Ein Bewahrer, der dem Schicksal der Grube entflohen ist. Ein freier Mann. Macht Euch nichts vor, kommt es zum Kampf, werdet Ihr mittendrin sein. Das ist Eure Bestimmung. Und hört auf zu jammern, Madhrab. Ich verstehe Euren Schmerz, aber Ihr seid nicht alt und habt noch einige Sonnenwenden vor Euch, bevor Ihr Euch den Schatten anschließen könnt.«
Yilassa stand auf, schloss einen massiven Schrank auf und zauberte das Schwert und die Rüstung des Bewahrers daraus hervor. Ihr Gesichtsausdruck war ernst, als sie das Blutschwert Solatar an Madhrab übergab, dessen rötliches Leuchten für einen Moment heller als sonst schien, als er sein Schwert in die Hand nahm. Ein beinahe zärtlicher, leiser Ton erklang, als Madhrab vorsichtig mit den Fingern über die Klinge strich, gerade so, als wollte Solatar seinen Herrn mit sanften Klängen
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