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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Sohn«,
    »Wahrscheinlich liegst du in vielen Dingen richtig, aber in einer Sache muss ich dir widersprechen, Vater. Ich hätte dich niemals verraten. Nicht für den Orden und nicht für Ulljan.«
    »Doch, das hättest du und würdest es noch tun. Tief in deinem Herzen weißt du das«, seufzte Boijakmar. »Du hättest mich und den Orden für deine Liebe zu Elischa verraten. Eine Liebe, die niemals entflammen durfte. Die Liebe zwischen einem Bewahrer und einer Orna hat alles verdorben und ein Wesen geschaffen, das Kryson verändern wird. Töte den Lesvaraq, wenn du dies vermagst. In der Tat hast du das Erbe Ulljans und damit mich und den gesamten Orden verraten. Ja, du bist schuldig und gewiss nicht in geringerem Maße, als ich in meinem Leben Schuld auf mein Gewissen geladen habe. Aber bevor ich zu den Schatten gehe, bitte ich dich dennoch um Verzeihung. Denn ich liebe dich wie einen Sohn, den ich niemals haben durfte.«
    »Wo ist sie, Vater?«, verlangte Madhrab den Aufenthaltsort Elischas von Boijakmar.
    »Wenn du es selbst noch nicht erraten hast, werde ich es dir nicht sagen«, krächzte der Overlord von Hustenanfällen geschüttelt. »Denke scharf nach, was sich zuletzt ereignet hat, und vertraue deinen Träumen. Euer unheiliges Band der Liebe wird dich zu ihr führen. Dessen bin ich mir gewiss, auch wenn ich es nicht gutheiße. Aber ich bin uralt und sterbe. Was kümmert es mich noch, was aus Ell wird?«
    Madhrab ließ betroffen den Kopf sinken. Er wusste, dass Boijakmar die Wahrheit sprach. Der Lordmaster drehte sich um und verließ ohne ein weiteres Wort die Kammer des sterbenden Overlords. Er horchte in sich, erinnerte sich an einen Albtraum und wusste, wo Chromlion Elischa gefangen hielt.
    Aus dem Schatten der Wand löste sich plötzlich eine dunkle Gestalt, die an das Sterbebett des hohen Vaters trat und sich über ihn beugte.
    »Du weißt, was du mir versprochen hast«, flüsterte die Schattengestalt in Boijakmars Ohr.
    Der hohe Vater hob langsam den Arm und zeigte mit knochigem Zeigefinger auf Yilassa, die blass, mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen und offenem Mund am Ende des Bettes stand. Die Schattengestalt drehte den Kopf und sah Yilassa breit grinsend an.
    »Eine gute Wahl«, sagte das Gefäß, als es auf die Kriegerin zusprang.
    Ein stummer Schrei löste sich von Yilassas Lippen, als sich ihr Geist für kurze Zeit mit dem des Gefäßes verband und ihr einen Blick in den tiefsten Abgrund des Bösen erlaubte. Nur wenig später löste sie sich wieder von ihrem zweiten Ich. Ihr Blick wanderte zum Bett des hohen Vaters. Sie lächelte kalt.
    Boijakmar war tot.
    Madhrab verlangte nach seinem Pferd. Doch wieder wurde ihm leidvoll vor Augen geführt, es gab kein Zurück für ihn. Die Zeit und das Schicksal kannten keine Gnade. Najak war zu alt, um den Bewahrer auf eine Suche zu begleiten und ihn auf seinem Rücken zu tragen. Auf einer saftigen Weide durfte der einst prächtige Hengst seine letzten Tage in aller Ruhe genießen. Der Lordmaster würde sich von seinem treuen Streitross für immer verabschieden müssen. Er kam sich wie ein Fremder vor und kannte sich auf Kryson nicht mehr aus. Nichts war ihm mehr vertraut. Viele der Freunde waren tot. Die Eindrücke und Veränderungen überwältigten ihn, waren eindeutig zu viel, sie alle zu erfassen und zu verkraften. Das verheerende Gefühl, alsbald und immer tiefer in einen Abgrund zu rutschen, wurde stärker. Irgendetwas musste es doch geben, woran er sich festhalten konnte. Wenigstens fühlten sich sein Schwert und die Rüstung unverändert an. Solatar war womöglich die einzige Konstante in seinem Leben, die ihm geblieben war und sein Selbstvertrauen zurückgeben konnte. Aber er wusste, dass die Sicherheit des Schwertes trügerisch sein konnte. Denn er würde töten müssen, um zu sich selbst zurückzufinden. Das Schicksal eines ewigen Kriegers, das ihm gar nicht behagte.
    Ich werde mich schon daran gewöhnen, wenn ich erst alles erfahren habe, versuchte sich der Bewahrer selbst Trost zuzusprechen.
    Beinahe übertrieben langsam legte er die Rüstung an. Er wollte jedes Teil zwischen seinen Händen spüren und prüfen, ob es nicht gelitten hatte. Am wichtigsten erschien ihm dabei, dass er sich währenddessen auf sich selbst konzentrieren konnte. Das Anlegen der Rüstung beruhigte ihn.
    Madhrab entschloss sich, Haare und Bart nicht abzunehmen oder zu kürzen. Stattdessen flocht er sie zu dicken Zöpfen. Sie waren die einzigen Zeugen und der Beweis

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