Kryson 05 - Das Buch der Macht
sein. Das macht mir Angst.«
Tomal nickte nachdenklich. Auch er hatte schon viel von Nalkaars Fähigkeiten gehört, aber er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es dagegen kein Mittel geben sollte. Der Lesvaraq fürchtete sich nicht vor dem Todsänger.
Er ließ sich von Jafdabh den Weg und den Standort beschreiben, an dem dieser Madhrab entdeckt hatte. Das Angebot Jafdabhs, ihn zu begleiten oder ihm einige seiner Getreuen mit auf die Reise zu geben, lehnte der Lesvaraq ab. Wortlos brach Tomal sein Lager ab und machte sich sogleich auf die Suche. Er hatte vor, Madhrab noch vor Einbruch der Dunkelheit einzuholen. Tomal rechnete mit einer schwierigen Begegnung, im schlimmsten Fall mit einem Kampf, bei dem er seine Magie einsetzen musste. Er hoffte, dass er mit möglichst wenigen Sprüngen auskam, bis er Madhrab erreichen würde.
Weder Madhrab noch die Todsänger waren an dem Ort, den Jafdabh ihm beschrieben hatte. Sie mussten bereits weitergezogen sein.
» Komme ich denn dauernd zu spät?«, ärgerte sich Tomal.
Nach drei weiteren Sprüngen konnte der Lesvaraq den Zug der Todsänger sehen. Sie waren mit einem großen Teil des Eroberungsheeres der Rachuren auf dem Marsch Richtung Norden. Tomal erkannte Madhrab nicht sofort. Ein in einen Kapuzenmantel gehüllter Hüne ritt an der Spitze des Zuges, links und rechts neben ihm zwei Reiter, die sich ebenfalls die schwarzen Mäntel umgelegt hatten. Gleich dahinter ging ein Mann, der auf einer Flöte spielte. Tomal kannte den Flötenspieler nicht. Aber die eigenwilligen Klänge, die der Wind zu ihm herübertrieb, ließen ihn erschaudern. Neben dem Flötenspieler schwebte oder schritt ein Wesen in einen abgetragenen Kapuzenmantel, auf das die Beschreibung eines Todsängers passte.
»Das muss Nalkaar sein«, schloss Tomal.
Der Lesvaraq hatte keinen Plan, um die Rachuren und Todsänger aufzuhalten und an Madhrab heranzukommen, so er sich denn tatsächlich bei ihnen befand, wie Jafdabh behauptet hatte.
»Ein großes Heer «, überlegte Tomal. »Ein sehr großes Heer und die Todsänger dazu. Es wird nicht leicht, sie in die Flucht zu schlagen. Ich brauche eine Demonstration meiner Macht, um sie zu beeindrucken.«
Der Lesvaraq entdeckte in der Ferne einen mächtigen, einsamen Felsen, auf den das Rachurenheer geradewegs zusteuerte .
Tomal leerte seinen Geist, wie Sapius es ihm beigebracht hatte, und sprang. Er landete direkt auf dem Felsen und wartete auf die Rachuren, die jetzt auf ihn zumarschierten. Falls sie ihn bereits entdeckt hatten, zeigten sie sich wenig beeindruckt von seinem Erscheinen. Weder hielten sie ihren Marsch an noch wurden sie langsamer. Er hätte wenigstens alarmierende Rufe erwartet.
»Wahrscheinlich haben sie mich doch nicht gesehen« , beruhigte sich Tomal.
Aber die Spitze des Zuges war bald herangekommen und gab das Zeichen, anzuhalten, an die dahinter marschierenden Reihen weiter. Jetzt erkannte Tomal den Hünen an der Spitze des Heeres auf seinem Streitross. Der Krieger trug den Kapuzenmantel offen, darunter trug er seine Rüstung und auf dem Rücken in einer mit schwarzem Band umwickelten Scheide sein Blutschwert. Es war Madhrab, der von den Zwillingen Foljatin und Hardrab flankiert wurde.
Madhrab blickte auf und sah dem Lesvaraq direkt in die Augen. Der Lesvaraq erschrak, denn der Blick des Regenten war kalt und gleichgültig.
»Was wollt Ihr und warum haltet Ihr uns auf ?«, verlangte Madhrab zu wissen.
»Ich muss mit Euch reden, Eure Regentschaft«, antwortete Tomal, »unter vier Augen.«
»Es gibt keinen Regenten mehr«, sagte Madhrab, »und es gibt kein Reich mehr, über das er noch herrschen könnte. So weit Euer Auge reicht, werdet Ihr Rachurenland entdecken. Der Regent ist tot und mit ihm sind die Klanlande gestorben.«
»Unsinn!«, widersprach Tomal drohend. »Der Vormarsch der Rachuren endet an diesem Ort.«
»Nalkaar?« Madhrab drehte sich in seinem Sattel nach dem Todsänger um. »Wollt Ihr unserem tapferen Helden nicht das Lied der Seelen singen?«
Nalkaar kam langsam und zögernd nach vorne an die Spitze des Heereszuges. Sein Gesicht versteckte er hinter der Kapuze. Tomal konnte das Gesicht des Todsängers hinter der schwarzen Leere nur vermuten.
»Ihr seid … Tomal, der Lesvaraq«, vernahm Tomal eine knarrende Stimme aus der Kapuze und er glaubte eine leichte Unsicherheit heraushören zu können.
»Und Ihr? Mit wem habe ich die Ehre? Nalkaar?«, fragte Tomal.
»So ist es«, antwortete der Todsänger.
»Hört mir
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