Kryson 05 - Das Buch der Macht
von Tomals bedenklichem geistigen Zustand gesprochen. In Hörweite des Lesvaraq traute er sich allerdings nicht, diese Befürchtung offen auszusprechen.
»Wohin werdet Ihr gehen?«, fragte der Felsenprinz den Magier.
»Auf schnellstem Weg zu meinem Volk und den Drachen«, antwortete Sapius.
»Du wirst mich also nicht nach Tut-El-Baya, Eisbergen und nach Kartak begleiten?«, mischte sich Tomal in ihr Gespräch ein.
»Nein«, erwiderte Sapius, »du wirst auf meine Gesellschaft künftig verzichten müssen.«
»Wie du willst«, drohte Tomal. »Wenn wir uns das nächste Mal begegnen, werden wir Feinde sein.«
Sapius schüttelte resignierend den Kopf. Er war hin- und hergerissen. Konnte er den Lesvaraq sich selbst überlassen? Würde Tomal sich in eine tödliche Waffe wandeln und den gesamtenKontinent Ell ins Unglück stürzen? Würde Sapius die Schuld an dieser Entwicklung tragen, weil er sich ihm in diesem Moment verweigerte? War der Magier in der Lage, diese Bürde – sollte es wie von Tarratar befürchtet zur Katastrophe kommen – zu tragen?
Tomal hatte sich seinen Zustand selbst zuzuschreiben, das stand für Sapius außer Frage. Aber das Schicksal Ells und des Gleichgewichts ging ihn sehr wohl etwas an, ob er nun ein freier Magier oder der Yasek der Drachenreiter war. Dennoch entschied er sich für das Leben bei den Drachenreitern und gegen den Kampf an der Seite des Lesvaraq. Nach langer Zeit entschied er sich dafür, endlich einmal, ein einziges Mal etwas für sich selbst zu tun.
Baijosto und Belrod wollten gemeinsam in die Siedlung der Naiki zurückkehren. Nur Malidor war sich nicht sicher, welchen Weg er einschlagen sollte, nachdem ihm bewusst geworden war, dass er ebenfalls frei und sein Zyklus mit Kallya gewaltsam unterbrochen worden war. Der Magier des Lichts erwog laut, Tomal nach Tut-El-Baya zu begleiten und mit dem Lesvaraq zusammenzuarbeiten. Der Name Thezaels in Tarratars Bericht von der Lage der Klanlande hatte Malidor aufhorchen lassen. Die Gelegenheit schien ihm günstig, sich an dem obersten Praister für die Qualen, die er ihm hatte zuteilwerden lassen, zu rächen. Tomals Pläne, nach Tut-El-Baya weiterzuziehen, kamen ihm dabei gelegen.
Einer nach dem anderen verließ den Ort, an dem sie das Buch der Macht gesucht und erfolglos gehofft hatten, es für sich gewinnen zu können.
Sapius wartete, bis die Streiter im Verlies aus seinem Blickfeld verschwunden waren und er Tarratar unter vier Augen sprechen konnte. Der Magier hatte bemerkt, dass der Narr ihm etwas zu sagen hatte, was er ihm vor den Streitern nicht offenbaren wollte.
»Ihr seht bedrückt aus, Tarratar«, begann Sapius das Gespräch, »schmerzt Euch der Verlust des Buches so sehr?«
»O nein, gewiss nicht«, widersprach Tarratar, »ich hätte das Buch so oder so an einen von Euch aushändigen müssen. Wahrscheinlich wäre dies sogar Renlasol gewesen. Dafür sprach einiges. Die Prophezeiung, seine Prüfung. Aber ich bin mir nicht sicher, was geschehen ist. Beinahe glaube ich, er hat die Wächter des Buches hinters Licht geführt und uns das Buch entwendet.«
»Aber wie konntet Ihr das zulassen?«, fragte Sapius überrascht.
»Ich habe es nicht gemerkt, und das kann nur bedeuten, dass es dem Willen des Buches entsprach.«
»Ihr behauptet also, dass Renlasol im Besitz des Buches ist.«
»Das glaube ich, nachdem ich darüber nachgedacht habe, ja«, bestätigte der Narr, während er den Kopf so bewegte, dass die Glöckchen an seiner Kappe wild klingelten.
»Ihr wollt ihn damit durchkommen lassen?«, überrascht zog Sapius seine Augenbrauen nach oben. »Warum nehmt Ihr nicht mit Vargnar die Verfolgung auf und verschafft Euch Gewissheit.«
»Mir sind die Hände gebunden. Die Wächter des Buches dürfen nicht gegen den Willen des Buches handeln. Dennoch stimme ich Euch zu. Das Buch der Macht in seinen Händen zu wissen, wird mir keinen ruhigen Schlaf gönnen. Das könnt Ihr mir glauben. Renlasol, der Fluch des Bluttrinkers und das Buch mit all seiner zerstörerischen Kraft könnten eine gefährliche Mischung bilden, die der eines verrückten Lesvaraq in nichts nachsteht. Ich bitte Euch, Sapius: Ihr solltet den Fürsten verfolgen und ihm das Buch wieder abjagen, so er es denn tatsächlich in seinem Besitz hat. Sollte Euch das gelingen, wird Euch das Buch akzeptieren und Ihr werdet fortan dafür verantwortlich sein, es zu schützen.«
»O nein, Tarratar«, wehrte sich Sapius gegen den Vorschlag des Narren, »das könnt Ihr nicht von
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