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Kubu und der Tote in der Wueste

Kubu und der Tote in der Wueste

Titel: Kubu und der Tote in der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stanley
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So.« Der alte Mann ließ den Knochen klappernd auf die Tischplatte fallen, und er rollte und hüpfte, bis er schließlich liegen blieb. Bongani sah fasziniert zu. »Und JETZT packt er den Serothe und beißt ihn tot.« Der alte Mann schlug so heftig mit der Hand auf den Tisch, dass sein Teebecher umfiel. Bongani zuckte zusammen. Kalter Tee vermischt mit weißlichem Schlamm floss über den Tisch.
    Der alte Mann sagte nichts mehr. Bongani erkannte, dass die Geschichte zu Ende war. Sie hatte ihn geängstigt. Normalerweise fügte sein Vater am Schluss etwas Lustiges hinzu, um einer Geschichte das Unheimliche zu nehmen, oder er erklärte die Moral. Doch heute Abend gab es nichts als Schweigen.
    »Was bedeutet das, Vater?«, fragte der achtjährige Sohn schließlich.
    Der alte Mann öffnete die Augen. »Es heißt, was es heißt. Die Geschichte enthält ihre eigene Wahrheit.«
    »Ich verstehe sie nicht«, sagte Bongani ein bisschen bockig. Er wollte zu Bett gebracht werden und den bösenAasgeier vergessen. Er fühlte sich müde, verwirrt, beunruhigt.
    »Jetzt musst du schlafen gehen, wie du es versprochen hast.«
    Dankbar stand Bongani auf, ging zurück zur Couch und ließ sich darauf sinken. Er war wirklich sehr müde. »Gute Nacht, Vater«, sagte er. Dann erinnerte er sich an seine guten Manieren und fügte hinzu. »Danke für die Geschichte«. Aber er erhielt keine Antwort.
     

Kapitel 69
    Bongani schreckte aus dem Schlaf hoch. Er wusste zunächst nicht, wo er sich befand. Er hatte leichte
    Kopfschmerzen, und sein Mund fühlte sich so trocken an wie die Kalahari. Der Fernseher zeigte das Testbild, im Hintergrund lief Musik. Es musste sehr spät sein. Sie hatten bereits die Nationalhymne gespielt. Er sah auf seine Armbanduhr. Fast zwei Uhr morgens, ich muss auf dem Sofa eingeschlafen sein, dachte er. Sein steifer Nacken bestätigte das. Dann erinnerte er sich an seinen lebhaften Traum. Ein außergewöhnlicher Besuch seines geliebten Vaters, der vor nahezu vier Jahren gestorben war. Er hatte ihm eine verrückte Geschichte erzählt. Vielleicht war der Traum wichtig? Er wusste, wie schnell ein Traum – und wenn er zunächst noch so deutlich schien – verblassen und in Vergessenheit geraten konnte. Und so begann er, den Traum in allen Einzelheiten aufzuschreiben. Dazu verwendet er die Rückseite der Examensarbeit seines uninspirierten Studenten. Erst, als er ihn vollständig niedergeschrieben hatte, richtete er seine Aufmerksamkeit auf andere Dinge. Er verspürte das dringende Bedürfnis nach seinem Bett und noch ein paar Stunden Schlaf. Aber vorher brauchte er ein Glas Wasser und Aspirin.
    Er schaltete den dudelnden Fernseher aus und ging in die Küche. Auf dem Weg dorthin durchquerte er das Esszimmer. Dort blieb er stehen wie angewurzelt. Auf dem Esstisch waren zwei leere Teebecher, einer davon umgekippt, eine schwarze Feder und ein weißer Knochen. Er erriet sofort die Herkunft des Knochens und erschauerte. Er stellte die Tasse auf und roch etwas Bitteres, das nichts mit dem Tee zu tun hatte.
    Er überprüfte die Eingangstür. Sie war geschlossen und verriegelt. Sie verriegelte sich automatisch, wenn der Schnapper einrastete. Er kontrollierte alle Räume, um sicherzugehen, dass er allein war. Dann fand er die Visitenkarte, die Kubu ihm gegeben hatte. Auf die Rückseite hatte er seine Privatnummer gekritzelt. Bonganis Hand zitterte, als er die Nummer wählte.
    Er kam sofort. Bongani hatte am Telefon völlig außer sich geklungen, und Kubu machte sich Sorgen. Der junge Mann hatte schon immer etwas überspannt gewirkt, aber diesmal schien er einem Nervenzusammenbruch nahe. Die beiden saßen auf der Couch und tranken Scotch. Kubu hatte eingeschenkt, weil Bonganis Hände so sehr gezittert hatten. Kubu las die Aufzeichnung des Traums, während der junge Mann versuchte, sich zusammenzureißen.
    »Geht es dir wieder ein bisschen besser?«
    Bongani nickte. Er war noch immer aschfahl und abgespannt.
    Kubu stand auf und wanderte im Zimmer hin und her. Er rieb sich die Augen. Bonganis kleines Haus war sauber und ordentlich, aber nicht heimelig. Dafür braucht man eine Frau, dachte Kubu. Er nahm ein gerahmtes Foto vom Büfett, ein Schwarz-Weiß-Bild mit einem jüngeren Bongani. Zu seiner Rechten stand ein beleibter Mann, ein wenig größer als Bongani, der eine zarte Frau im Arm hielt. Ein netter Anblick. Die Männer sahen sehr förmlich und ein bisschen verlegen aus.
    »Sind das deine Eltern?«
    »Ja. Das ist ungefähr zwei Jahre

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