Kubu und der Tote in der Wueste
vor seinem Tod, als ich an der University of Minnesota angenommen wurde.«
»In deinen Aufzeichnungen heißt es, du hättest auf den Mann an der Tür hinuntergeblickt. Aber vor deinem Haus sind keine Stufen, und dein Vater war größer als du. Er hätte es also gar nicht sein können. Er sah auch noch nicht so alt aus.«
»Natürlich war das nicht mein Vater! Mein Vater ist tot! Es muss der Alte Mann gewesen sein, der Medizinmann. Verdammt, schau dir doch mal den Fingerknochen auf dem Tisch an.«
Kubu war erleichtert. Das klang schon mehr nach dem rationalen Wissenschaftler. Er nickte. »Das weiße Zeug ist bestimmt eine Hypnosedroge. Ihr habt sie beide genommen. Sie machte dich empfänglicher für die Vorstellung, dass du wieder ein kleiner Junge warst, der eine Geschichte erzählt bekam, und dass er dein Vater war. Und dass du wirklich einen Aasgeier gesehen hast, natürlich.«
»Warum verfolgt er mich so? Ich kann ihm nicht helfen. Was will er?«
Kubu schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. In der Lodge ist er nicht mehr gesehen worden, seitdem die Versammlung nach dem Leichenfund abgehalten wurde. Ich habe ihn nach deiner letzten Begegnung mit ihm suchen lassen, aber er war verschwunden. Diesmal hat er den Fingerknochen zurückgelassen – wenn es wirklich einer ist –, und vielleicht ist der Spuk jetzt vorbei. Er hat ja auch nie versucht, dich zu verletzen oder Geld von dir zu verlangen.« Kubu fragte sich, warum er jetzt diesen Scharlatan in Schutz nahm, der seinen jungen Bekannten terrorisierte.
Kubus Handy klingelte. Er zuckte zusammen; er hatte vergessen, dass er es dabei hatte. Es war drei Uhr morgens! Er sah auf das Display und erschrak, als er erkannte, dass es der Director war. »Mein Boss«, flüsterte er Bongani zu, als er den Anruf entgegennahm.
Er sprach eine Zeitlang mit Mabaku. Als er die Verbindung beendete, sah er genauso mitgenommen aus wie Bongani. Er trank seinen Scotch mit zwei Schlucken aus.
»Tut mir leid, Bongani, ich muss gehen. Ich schicke dir einen Constable rüber, der bis morgen früh bei dir bleibt und die Beweise sichert. Fass nichts an. Ich an deiner Stelle würde versuchen, noch ein paar Stunden Schlaf zu bekommen.«
»Was ist passiert?«
Kubu zögerte.
»Dianna Hofmeyr ist gefunden worden. Ihr Zustand ist kritisch, und sie wurde ins Krankenhaus gebracht. Ich muss zum Tatort. Da wimmelt es in null Komma nichts von Reportern.«
»Wann?«
»Wann was?« Kubu hatte bereits nach seiner Jacke und dem Schlüssel gegriffen.
»Wann ist es passiert? Der Anschlag?« Bonganis Stimme klang wieder angespannt.
»Wir wissen noch gar nicht, ob es ein Anschlag war. Vielleicht nur ein betrunkener Autofahrer. Die Kollegen glauben, es war zwischen elf Uhr und Mitternacht. Warum?«
Bongani schüttelte den Kopf. »Ich werde noch einen Scotch trinken und auf deinen Constable warten.«
Kubu nickte. »Ich finde allein raus.« Er war bereits beinah an der Tür.
Bongani stand auf und folgte ihm. »Kubu!«
»Ja?«
»Bitte pass auf dich auf.«
Kubu sah ihn an und nickte. Dann war er weg.
Kubu betrachtete die in glänzendem Limonengrün gestrichenen Wände und die abgewetzten Stühle mit Plastikbezug, atmete den durchdringenden Geruch nach Desinfektionsmitteln ein. Der abgespannte Mann, der auf ihn wartete, trug eine Sanitäter-uniform, fleckig, abgenutzt und blutverschmiert.
Kubu stellte sich vor. Der Mann sagte, er heiße Mandla. Ergeben seufzte er: »Ich bin müde, Rra. Ich war voll im Einsatz, seit meine Schicht um sechs Uhr begonnen hat.« Kubu sah auf seine Armbanduhr. Es war fast fünf Uhr morgens. Ich habe wenigstens vier Stunden geschlafen, dachte er. Dieser arme Teufel kann sich wohl kaum noch auf den Beinen halten.
»Tut mir leid, dass Sie auf mich warten mussten, Mandla, aber es ist wichtig, dass wir uns unterhalten, solange Ihre Erinnerung noch frisch ist. Ich werde Sie nicht lange aufhalten.«
Mandla nickte. Sein Gesichtsausdruck besagte, dass seine Erinnerung das einzige Frische an ihm war. Nichts sonst an ihm entsprach dieser Beschreibung.
»Sie haben die Frau abtransportiert, die vom Auto angefahren worden war?«
»Ja. Wir erhielten einen Notruf und sind sofort an den Unfallort geeilt. Sie lag auf der Straße. Ein Autofahrer hatte angehalten und sie so abgeschirmt, dass kein anderes Fahrzeug sie erwischen konnte. Er hatte uns mit seinem Handy angerufen. Sein Auto war sauber, weder Beulen noch Blut, deswegen konnte er nicht der Unfallfahrer gewesen sein. Das
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