Kubu und der Tote in der Wueste
nickte
mitfühlend, er wusste, wie zeitraubend und dabei unspektakulär und kaum je lösbar solche Fälle waren.
Als Kubu zu seinem Schreibtisch zurückkehren wollte, fragte Edison plötzlich: »Hast du schon gehört, dass die BCMC-Erbin einen Liebhaber hat?« Er meinte natürlich Dianna Hofmeyr. »Er leitet eine Mine in der Nähe des Zentralen Kalahari-Wildreservats. Die beiden haben sich wohl vor ungefähr sechs Monaten kennengelernt. Sie war schon ein paar Mal bei seiner Mine. Und dann hat einer von den Jungs sie vor ein paar Wochen zusammen in ihr Zimmer im Grand Palm gehen sehen. Letztes Wochenende war er wieder in der Stadt und hat sie im Hotel besucht. Vielleicht vertreibt sie sich auch nur die Zeit mit ihm, solange sie in Botswana ist.«
»Interessant«, murmelte Kubu. »Danke für die Neuigkeiten.« Wie konnte sich diese Art von Klatsch so schnell verbreiten? Wir Menschen sind eben eine soziale Spezies, erinnerte er sich. Wir interessieren uns für unsere Artgenossen, besonders, wenn wir sie kennen, sei es auch nur indirekt. Er dachte an Diannas seltsames Verhalten ein paar Wochen zuvor auf der Cocktail Party, die die Botswana Cattle and Mining Company gegeben hatte, ihr und ihrem Bruder zu Ehren – Angus, der demnächst die Leitung der Gesellschaft übernehmen sollte. Angus und Kubu waren zusammen auf die Maru-a-Pula-Schule gegangen, und trotz der vier Jahre Altersunterschied hatten sie sich angefreundet, weil sie einige Interessen teilten, unter anderem Cricket. Angus war ein guter Allrounder gewesen und hatte bereits für die Auswahlmannschaft gespielt, obwohl er damals noch keine fünfzehn war. Kubu liebte Cricket, doch leider war er zu dick und zu unsportlich, um ein guter Spieler zu sein. Dafür war er der offizielle Werfer des Teams. Bedingt durch die langwierigen Regeln des Cricketspiels hatten sie genügend Gelegenheit gehabt, einander gut kennenzulernen. Doch dann war Angus’ Vater bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Kaum war das Schuljahr zu Ende, zwang die Mutter Angus und Dianna, nach England zu gehen. Sie hatte nie den Anschein erweckt, Afrika im Allgemeinen und Gaborone im Besonderen zu lieben.
NachAngus Weggang hatten er und Kubu sich noch ungefähr drei Jahre lang geschrieben.Angus hatte sich über die Briten, das Wetter und die Tatsache beklagt, dass er in der Schule hart arbeiten musste, um mitzuhalten. Weder seine Mutter noch seine Schwester hatte er in seinen Briefen je erwähnt. Später hatten er und Kubu sich nur noch Weihnachtskarten geschickt, und Kubu hatte das Gefühl, dass auch das bald einschlafen würde. Er mochte Angus sehr, ihm hatte er auch seinen Spitznamen Kubu zu verdanken. »Du heißt David?«, hatte Angus bei ihrer ersten Begegnung ungläubig ausgerufen. » David Bengu? Das kann nicht sein. Du bist kein David. Nicht mal ein Goliath. Du bist ein Kubu. Das bist du – ein großes, freundliches Kubu!« Kubu war setswana für Flusspferd. Kubu erinnerte sich daran, dass er zunächst beleidigt gewesen war, aber nach und nach die besondere Vertraulichkeit zu schätzen lernte, die mit diesem Namen verknüpft war. Er fühlte sich Angus dadurch näher. Die anderen Kinder lachten ihn natürlich aus, aber schon bald nannten ihn alle nur noch Kubu. Er war sich sicher, dass einige seiner Freunde nicht einmal seinen echten Vornamen kannten.
Wieder am Schreibtisch, rief Kubu Joys Schwester Pleasant Serome in der Gaborone Travel Agency an und fragte nach Namen von Kontaktpersonen in allen Urlauberresorts im Umkreis von fünfundsiebzig Kilometern rund um das Kamissa-Wasserloch. Dort wollte er sich nach vermissten Personen umhören. Einige der luxuriöseren Resorts besaßen Telefonnummern und E-Mail-Adressen, die anderen waren nur über Funk erreichbar. Zwar hatten die meisten Satellitentelefone für Notfälle, wollten aber die Nummern nicht rausrücken wegen der Kosten. In der Regel waren die Mitarbeiter der Reiseagenturen ihre Ansprechpartner.
Eine Stunde später rief Pleasant zurück und berichtete, sie habe ihm die Kontaktdaten für fünf Resorts zugefaxt. Sie fragte nach Joy, was Kubu amüsant fand, da die beiden mindestens fünfmal am Tag miteinander telefonierten. Er erzählte ihr, dass Joy am Samstag etwas ganz Besonderes mit ihm vorhabe. Er grinste breit, als er sich fragte, wie Joy reagieren würde, wenn sie erführe, dass er das Pleasant erzählt hatte.
Kubu holte sich das Fax und begann, die Resorts durchzutelefonieren. Der Großteil seiner Arbeit bestand aus
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