Kubu und der Tote in der Wueste
machten es unmöglich, schneller als Schritttempo zu fahren, bevor sie die Autobahn erreichten. Als sie in die Straße einbogen, in der Kubus Eltern lebten, kläffte Ilia vor Aufregung. Zweifellos erkennt sie die Straße, dachte Kubu und fragte sich, was sonst noch im Kopf des Hundes vor sich ging. Waren Hunde relativ dumm im Vergleich zu Menschen, oder waren sie klüger, auf eine Art und Weise, die den Menschen unbegreiflich war?
Kubus Eltern lebten auf einem kleinen, sandigen Stück Land in einem rechteckigen Haus. Es hatte zwei kleine Schlafzimmer und einen offenen Wohnraum, der Küche, Essbereich und Wohnzimmer einschloss. Die Wände bestanden aus Lehm und Backsteinen , das Dach aus dem landesüblichen Wellblech. Vor dem Haus stand eine kleine Fertigveranda, die Kubu seinen Eltern nach seiner Beförderung geschenkt hatte. Dort verbrachten sie den größten Teil des Tages, vor der heißen Sonne geschützt.
Der vordere Garten war staubtrocken. Einige Aloen wuchsen neben dem Haus, und eine struppige Akazie auf der Rückseite spendete dem Außenklo etwas Schatten. Doch im hinteren Teil des Gartens lagen liebevoll gepflegte Gemüsebeete mit Kürbissen, Möhren und Kartoffeln, denen sich Kubus Mutter Amantle mit fast religiöser Hingabe widmete. Daneben befand sich eine Sammlung anderer Pflanzen, einige in eigenen kleinen Beeten, andere in Tontöpfen. Es war eine bunte Mischung aus kleinen Sträuchern, Kräutern und Sukkulenten, die Amantle nie berührte. Kubus Vater Wilmon hatte viele Jahre auf einem Viehposten in Kgalagadi verbracht und dort manches über die traditionellen Heilmethoden der Buschleute und anderer Pflanzenkundiger gelernt. Er behauptete nicht, Wunder vollbringen oder zaubern zu können, aber seine Kräuterarzneien waren in der Stadt heiß begehrt, besonders die gegen Rheumabeschwerden. Viele Leidende schworen auf die sofortige Linderung, die ihnen Wilmons Salben verschafften.
Im Vergleich zu zahlreichen anderen Bewohnern des Großraums Gaborone waren sie einigermaßen wohlhabend, denn sie hatten fließendes Wasser – ein wahrer Segen! – und gelegentlich sogar Strom, dessen Verfügbarkeit jedoch völlig unvorhersehbar war. Kubu war sich nicht sicher, ob sein Vater überhaupt wusste, dass Strom etwas kostete, denn er und Joy zahlten die monatlichen Rechnungen.
Und sie besaßen ein Handy – ein weiteres Geschenk von Kubu und Joy. Zwar riefen er und Joy sie häufig an, aber Kubu wusste genau, dass sie es niemals benutzten, um selbst irgendwo anzurufen. Dennoch schaltete sein Vater es jeden Morgen und jeden Abend feierlich ein und aus. Samstagabends lud er den Akku, egal, ob er leer war oder nicht. Die Routine war das Wichtigste.
Als Joy das Auto am Rande der unbefestigten Straße vor dem Haus parkte, erhob sich Wilmon wie immer langsam von seinem Lieblingsstuhl. Ilia war völlig aus dem Häuschen, weil sie jetzt an dem Ort angekommen waren, wo sie noch mehr verwöhnt wurde als zu Hause.
»Still, Ilia!«, mahnte Joy.
»Ruhig, ganz ruhig!«, zischte Kubu, aber vergeblich. Sobald die Tür geöffnet wurde, flitzte Ilia am Zaun entlang, schlidderte um die Ecke durch das Tor und sprang an dem älteren Bengu hoch, der lächelnd den Hund auf denArm nahm. Ilia leckte ihn begeistert ab. Kubu ging auf seine Eltern zu und begrüßte sie förmlich: » Dumela, Rra. Dumela, Mma.« Dann streckte er den rechten Arm seinem Vater entgegen und legte den linken darüber, zum Zeichen des Respekts.
Wilmon antwortete feierlich: »Dumela, mein Sohn.« Kubu fügte hinzu: »Ich bin angekommen.«
»Willkommen, mein Sohn. Wie geht es dir, mein Sohn?« »Mir geht es gut, Vater. Wie geht es dir und Mutter?«
»Uns geht es auch gut, mein Sohn.« Wilmons Stimme war kräftig, aber leise. So begrüßten sie sich seit nun sieben Jahren jeden Sonntag.
Joy begrüßte Wilmon und Amantle mit untraditionellen Umarmungen, obwohl Ilia sich dazwischendrängte. Dann setzten sich Wilmon, Kubu und Joy auf ihre Lieblingsplätze, während Amantle ins Haus ging, um Tee zu kochen. Ilia lag entspannt auf Wilmons Schoß.
»Vater, mir geht es gut, obwohl ich zu viel herumgereist bin und meine Frau versucht hat, mich Hungers sterben zu lassen. Die Frauen heutzutage haben keinen Respekt mehr vor ihren Ehemännern.«
»David, du kannst froh sein, überhaupt eine Ehefrau gefunden zu haben, und dann noch eine so wundervolle wie Joy«, erwiderte Wilmon mit unbewegtem Gesicht, während Joy ein Kichern unterdrückte.
»Vater, du bist ein weiser
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