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Kubu und der Tote in der Wueste

Kubu und der Tote in der Wueste

Titel: Kubu und der Tote in der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stanley
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Mann, und ich höre auf dich.«
    Kubus Mutter kam aus dem Haus. Sie trug ein verbeultes Tablett mit einer Aluminiumteekanne, vier Emailbechern, einem weißen Milchkännchen und einem Zuckertopf.
    »David und Joy«, sagte sie. »Bitte trinkt eine Tasse Tee.« Sie stellte das Tablett auf den Tisch. Joy erhob sich und bestand darauf, alle zu bedienen. Sie öffnete ihre Handtasche und holte ein Paket Butterkekse heraus, Amantles und Wilmons Lieblingssorte. Sie schenkte vier Tassen starken Tee ein, gab Milch und Zucker hinzu und reichte die Tassen mit je drei Plätzchen herum.
    Dann herrschte für eine Weile behagliches Schweigen, als jeder in sein Plätzchen biss oder es in den Tee tunkte. Kubu liebte es, sein Plätzchen zur Hälfte in den Tee zu tauchen und dann zu versuchen, die durchweichte Hälfte zum Mund zu führen, ohne dass sie in die Tasse oder auf seine Hose fiel. Joy fand dieses Benehmen ziemlich kindisch, sagte aber wohlweislich nichts und knabberte an ihren trockenen Keksen. Kubu schnippte Ilia von Zeit zu Zeit ein kleines Stückchen zu, aber möglichst ohne dass seine Eltern es sahen, denn sie hätten ihn unweigerlich an die vielen hungernden Kinder in Afrika erinnert.
    »Joy«, sagte Kubus Mutter, während sie vorgab, Kubus Verhalten nicht zu bemerken, »wie geht es Pleasant und Sampson?«
    Joys Eltern waren tot, als einzige nahe Verwandte waren ihr die jüngere Schwester Pleasant und der älterer Bruder Sampson geblieben, der in Francistown arbeitete. Ihre Eltern waren beide auf einer Missionsschule in der Nähe von Francistown erzogen worden. Die Mutter war Lehrerin gewesen. Sie hatte Kinder geliebt und es verstanden, ihnen ihre eigene Liebe zum Lernen zu vermitteln. Der Vater hatte ein kleines Bekleidungsgeschäft aufgebaut, das sehr gut lief, dank seines Fleißes und seiner Bereitwilligkeit, bis nach Johannesburg zu reisen, um seine Ware einzukaufen.
    Als Joy ungefähr fünfzehn war, starb ihre Mutter an Tuberkulose. Sie hinterließ einen hart arbeitenden Fünfunddreißigjährigen, der sich jetzt um drei halbwüchsige Kinder kümmern musste, obwohl er den Tod seiner Frau nur schwer verkraftete. Nach afrikanischer Sitte hatten sich sowohl seine Familie als auch die seiner Frau der Kinder angenommen, während er sich ganz in seiner Arbeit vergrub. Er arbeitete wie besessen in seinem Geschäft – das war wohl seine Art, mit dem Verlust seiner Frau fertig zu werden. Fünf Jahre später erlitt er einen schweren Herzinfarkt, an dem er wenige Tage darauf starb. Sampson war damals zweiundzwanzig, Joy zwanzig und Pleasant achtzehn. Keiner von ihnen hatte Erfahrung in der Geschäftsführung, und so beschlossen sie, den Laden zu verkaufen. Der Betrag, der ihnen angeboten wurde, kam ihnen wie ein Vermögen vor. Erst Jahre später erkannten sie, dass sie das Geschäft weit unter Wert veräußert hatten. Dennoch galten sie als verhältnismäßig wohlhabend.
    Joy und Pleasant belegten einen Sekretärinnenkurs und beschlossen, in die Hauptstadt Gaborone zu ziehen, die mehr Arbeitsplätze und eine größere Auswahl an heiratsfähigen Männern bot. Joy fand eine Anstellung im Polizeipräsidium, Pleasant fing in einem Reisebüro an und bildete sich weiter zur Reisekauffrau. Sampson blieb in Francistown und arbeitete für die Regierung, im Ministerium für Raumordnung und Wohnungsbau.
    Mit Sampson trafen sich Joy und Kubu nur ungefähr einmal im Jahr, während Joy und Pleasant schier unzertrennlich waren. Sie telefonierten mehrmals am Tag und aßen oft in einem der Schnellrestaurants in der Nähe des Reisebüros zu Mittag. Joy hätte es gerne gesehen, dass Pleasant in ihre Nähe zöge, aber ihre Schwester wollte das nicht. Sie lebte ein paar Meilen entfernt im nördlichen Teil der Stadt, wo abends mehr los war und viele junge Leute wohnten.
    »Mma Bengu, Sampson haben wir schon seit mehreren Monaten nicht mehr gesehen. Es geht ihm gut, aber er ist immer noch unverheiratet.« Ihr Tonfall unterstrich den inhärenten Widerspruch, dass es einem Unverheirateten gut gehen konnte. »Und Pleasant«, fuhr sie fort, »geht es ebenfalls gut, aber auch sie ist immer noch allein.«
    Kubus Mutter erschauerte förmlich. »Die jungen Leute von heute haben kein Verantwortungsbewusstsein. Wenn deine Eltern noch lebten, wäre ihr Leben von Traurigkeit erfüllt wegen deines Bruders und deiner Schwester. Ich weiß, wie sie sich fühlen würden. Denk nur daran, wie lange es gedauert hat, bis David Vernunft angenommen und dich geheiratet hat.

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