Küchenfee
stürzte ins Haus, an der geschlossenen Küchentür vorbei direkt ins Wohnzimmer, aus dem die Musik dröhnte. »Svenja? Svenja!«
Der Raum wurde nur durch den flackernden Bildschirm des Fernsehers erhellt. Irgendein Rapper inmitten wohlgeformter Damen in knappsten Bikinis gab zu dröhnenden Rhythmen irgendwelche Schweinereien von sich. Die Gestalt im Sessel machte den Ton leiser, drehte sich zur Tür um und sagte: »Tante Lilli? Ich bin’s – Tobi.«
Die Enttäuschung war ein schmerzhafter Stich in ihrer Brust. Lilli hatte schon von draußen gesehen, dass im ersten Stock des Hauses kein Licht brannte. Svenja war nicht da.
»Lilli? Alles in Ordnung?«, fragte Mike, der in der Wohnzimmertür auf sie wartete.
Lilli drehte sich zu ihm um. »Ja. Ich dachte nur …« Sie ging zum Sessel, aus dem Tobi sich verunsichert erhoben hatte. »Komm, Großer, drück mich mal. Ich freue mich, dich zu sehen.«
Tobi grinste erleichtert und ließ sich von Lilli umarmen.
»So, aber jetzt ab in die Küche. Ich glaube, die haben noch gar nicht gehört, dass wir gekommen sind.«
»Nee, die haben sich verbarrikadiert, denen war die Musik zu laut«, sagte Tobi.
Vor der Küche blieben Lilli und Mike einen Moment stehen und lauschten den Stimmen, die durch die geschlossene Tür drangen. Kati debattierte mit Monsieur Pierre über irgendein Rezept, wobei Gina auf Katis Seite zu sein schien, Käthe aber dem Koch beipflichtete. Lilli lachte leise, drückte vorsichtig die Klinke hinunter und schob die Tür auf. Gina war die Erste, die sie bemerkte, und schrie: »Leute! Sie sind da!« Sie sprang von ihrem Stuhl auf und lief Lilli mit ausgebreiteten Armen entgegen. »Willkommen zu Hause! Du siehst super aus.« Gina umarmte Lilli stürmisch, griff nach Mikes Hand und zog beide in die Küche. »Guckt mal, sieht sie nicht super aus? Sehen sie nicht beide super aus? Vor allem zusammen?«
»Ja, genau«, sagte Lilli. »Eigentlich hätte ich einen neuen Wintermantel gebraucht, aber dann habe ich mir stattdessen Mike zugelegt.« Sie stellte sich neben Mike, der den Arm um sie legte. »Steht mir doch gut, oder?«
Alle lachten, sogar auf Käthes Gesicht erschien ein Lächeln.
»Setzt euch«, sagte Kati. »Wollt ihr etwas trinken? Kaffee? Ein Bier, Mike? Mineralwasser?«
»Und gleich gibt es Essen«, fügte Monsieur Pierre hinzu und schloss den Deckel eines Topfes, aus dem er gerade probiert hatte.
Mike hob bedauernd beide Hände. »Ich kann nicht bleiben, der Hof wartet auf mich. Ich verabschiede mich direkt wieder.« Er ging zu Käthe, griff nach ihrer Rechten und deutete einen Handkuss an. »Bei Ihnen möchte ich mich noch einmal extra bedanken, Frau Berger. Wenn Sie mir nicht gesagt hätten, wo ich Lilli finden kann …«
Käthe lächelte. »Habe ich gerne gemacht, Herr … Mike.«
»Trotzdem. Ohne Ihre Hilfe … Wer weiß.«
»Ohne Oma wäre das in tausend Jahren nichts geworden«, sagte Kati.
»So, ihr Lieben«, Mike winkte in die Runde, »ich muss los. Lilli, ich glaube, von dir ist noch eine Tasche im Auto – kommst du eben mit raus?«
Als Lilli nickte, sagte Tobi, der gerade in die Küche kam: »Die kann ich doch holen.«
»Tobi«, zischte Kati, »du kapierst aber auch gar nichts.«
Tobi war verblüfft. »Aber ich wollte doch nur …«
»Du meine Güte!« Kati verdrehte die Augen. »So begriffsstutzig kann doch kein Mensch sein! Die beiden wollen sich in Ruhe verabschieden, capito? Ohne dass wir glotzen.«
»Oh.« Tobi wurde tiefrot und trat einen Schritt zur Seite, um Lilli und Mike den Weg durch die Tür frei zu machen.
Draußen am Auto hielten sie sich eng umschlungen.
»Ich danke dir für diese wunderbare Woche, Lilli«, murmelte Mike, »und ich freue mich auf jeden weiteren Tag mit dir, weißt du?«
»Das klingt verdammt gut. Ich wünsche dir eine gute Nacht«, sagte Lilli und erwiderte Mikes Kuss.
Neben ihnen hielt ein Taxi. Die hintere Tür ging auf, und heraus krabbelte eine völlig verheulte, schniefende Svenja, die sofort auf ihre Mutter zustürzte und sich weinend in ihre Arme warf. »Mutti! Ich bin so froh, dich zu sehen!«
»Svenja! Meine Kleine! Was ist passiert? Warum weinst du?«
Svenja schluchzte so herzzerreißend, dass sie ihre nächsten Worte nur abgehackt hervorstoßen konnte. »Papa … er hat … er wollte … er ist so gemein … er …«
Der Taxifahrer hatte den Motor abgestellt und war ausgestiegen. Er zog sich die Mütze vom Kopf, kratzte seine beeindruckende Halbglatze und
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