Küchenfee
Grill, und Kati hatte mit Gina den Service übernommen. Die Gäste konnten ihr Menu individuell aus dem Angebot gestalten. Die Auswahl war groß: Spinatkuchen, gebratenes Fleisch, pikante Krapfen, Lauchgemüse, Lammragout, Kirschsuppe, Birnenpudding, Eintöpfe, Käseküchlein.
Nur am Rande hörte Lilli die Beteuerungen aller Gäste, ihren Stand zum schönsten der Messe wählen zu wollen, während ihr die Snacks und ihre Visitenkarten geradezu aus den Händen gerissen wurden. Als mittags das Fernsehteam wieder auftauchte, beschränkte sich die Crew diesmal darauf, den Trubel am Stand zu filmen und die Gäste zu befragen. Keiner von Lillis Schlemmerei hätte auch nur dreißig Sekunden Zeit gehabt, sich interviewen zu lassen.
Armins Ankunft, der mit Svenja erst nachmittags vorbeikam, fand wenig Beachtung, weil Lilli gerade von Verena Küpper zu den mittelalterlichen Rezepten interviewt wurde. Svenja blieb der Mund offen stehen, als sie ihre Mutter so sah: kostümiert wie für einen Film, ausgeleuchtet von einem Scheinwerfer, gefilmt von einer echten Kamera und mit einem Mikrofon vor dem Mund. Als die Aufnahme endlich vorbei war und das Team sich mit den Worten »Wir sehen uns später!« verzogen hatte, stürzte Svenja aufgeregt auf Lilli zu.
»Mama, kommst du ins Fernsehen? Wo wird das gezeigt? Kommen die noch mal wieder? Warum filmen die dich?«, plapperte sie auf Lilli ein. Ihre Wangen waren vor Aufregung gerötet.
Armin war Svenja langsamer gefolgt. Er schien nicht sicher zu sein, ob er willkommen war. Aber Lilli hatte keinerlei Bedürfnis nach Streit. »Hallo, Armin. Schön, dass du mit Svenja hergekommen bist.« Sie zog ihre zappelnde Tochter an sich und umarmte sie. »Und um auf deine dringenden Fragen zu antworten: Ja, wahrscheinlich wird das im Fernsehen gezeigt, keine Ahnung, wo. Ja, die kommen noch einmal wieder. Sie waren gerade zum dritten Mal hier.«
»Oh! Zum dritten Mal?« Svenja war beeindruckt. »Drehen die einen ganzen Film über dich?«
Lilli schüttelte lachend den Kopf. »Keinen Film. Nur ein paar Aufnahmen. Und sowieso nicht über mich, sondern über unseren Stand. Und wir sind hier nicht die Einzigen, die gefilmt werden, so besonders ist das gar nicht. Die finden uns einfach lustig mit unseren Kleidern. Und mit Gina haben sie auch schon gesprochen.«
Svenja sah ihre Mutter staunend an, als hätte sie sie nie zuvor gesehen. Dann sagte sie: »Ist Kati auch gefilmt worden? Hatte sie auch ein Interview?«
Wieder schüttelte Lilli den Kopf. »Gefilmt ja, interviewt nein. Beruhigt?«
Svenja wurde rot und entwand sich Lillis Umarmung.
»Siehst du?«, sagte Armin. »Wenn du deiner Mutter am Stand geholfen hättest, würdest du auch ins Fernsehen kommen, Svenja. Jetzt müssen wir aber los. Wir wollen noch zu Oma, die wartet mit dem Kaffeetrinken auf uns.«
Svenja biss sich verlegen auf der Unterlippe herum. »Ich will lieber hierbleiben, Papa«, murmelte sie kaum hörbar.
Armin schüttelte den Kopf. »Kommt nicht infrage. Oma hat extra für dich Buttercremetorte gemacht. So, wie du es dir gewünscht hast. Also bitte, Abmarsch.«
Svenjas Gesicht verdüsterte sich. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und starrte auf ihre Fußspitzen.
Bei der Vorstellung, dass Armin für den Rest des Tages das zweifelhafte Vergnügen einer auf den Tod beleidigten Svenja haben würde, konnte Lilli, wenn sie ehrlich zu sich war, eine Spur Genugtuung nicht unterdrücken. »Dein Vater hat recht«, sagte sie zu Svenja. »Es wäre nicht nett von dir, Oma zu enttäuschen. Und mir hast du vorgestern gesagt, du hast keine Zeit, mir zu helfen, weil du mit Oma verabredet bist. Was nun?«
Svenja wurde rot. Sie funkelte Lilli wütend an, drehte sich abrupt um und marschierte aus dem Stand. Armin hob hilflos die Hände und eilte ihr hinterher.
»Was war das denn?« Gina, ein Tablett mit gefüllten Zinnbechern in den Händen, war zu Lilli getreten.
»Svenja ist wütend auf sich selbst, weil sie eine falsche Entscheidung getroffen hat und jetzt die Konsequenzen tragen muss. Dann ist auch noch Kati gefilmt worden – und nicht sie.«
»Und Armin?«
»Der ist heute der offizielle Buhmann. Willkommen im Club, Armin.« Lilli lachte leise. »Ich kann nicht behaupten, dass ich ihn bedaure.«
»Na, das hoffe ich doch«, sagte Gina und ging mit den Getränken zu einem Holztisch, wo sie begeistert begrüßt wurde.
Lilli eilte zurück an ihren Platz am Tresen, den Kati für die Dauer des Interviews übernommen hatte. »Ich
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