Kühle Rache - heißes Herz
gestern Abend kann ich mich kaum noch gegen mein schlechtes Gewissen wehren. Mir ist klar geworden, dass ich kein Recht hatte, dir die Wahrheit über Cordy zu verschweigen. Ich habe dir etwas sehr Wertvolles gestohlen.”
Macon blickte kurz in Richtung seines Pick-ups. “Freut mich, dass du auch so etwas wie ein Gewissen hast”, stellte er fest. “Und was die Briefe angeht … Sie haben mich gerührt.” Seine Stimme klang wieder so tief, dass Hester erbebte. “Sie wirkten aufrichtig.”
Hester schluckte und sah ebenfalls nach draußen zu ihrem Sohn. Cordy liebte sie, und sie beide würden sich wieder gut verstehen. Sie musste an Bruce denken. Nach dem Unfall war sie mit Cordy ins Krankenhaus gefahren, und Cordy war eine Zeit lang allein bei Bruce im Zimmer gewesen. Es war typisch für Bruce, dass er kurz vor seinem Tod versuchte, Cordy die Wahrheit zu sagen.
“Aufrichtig?”, wiederholte sie und sah Macon ins Gesicht. “Ich finde es nicht sehr aufrichtig, aus einem anderen Grund als Liebe zu heiraten.” Das hätte sie vielleicht lieber nicht sagen sollen, aber in Gedanken war sie immer noch bei Cordy.
“Cam wird es nicht langsamer angehen lassen, obwohl es ihn umbringt”, rief Macon ihr in Erinnerung. “Durch meine Hochzeit rette ich ihm das Leben, also heirate ich in gewisser Weise doch aus Liebe.”
Sie holte tief Luft. “Ich verstehe deine Gründe, Macon. Aber in Anbetracht der Umstände bin ich besorgt.”
Er sah sie an, als könne er nicht fassen, was er da hörte. “Besorgt?”
“Diese Frau wird immerhin Cordys Stiefmutter.”
Mit offenem Mund sah Macon sie an. “Daran habe ich noch gar nicht gedacht.”
Selbst Hester konnte nicht glauben, was sie jetzt sagte: “Aber ich. Ich bin eine Mutter, und Mütter müssen an so etwas denken. Da du bei dieser Entscheidung nur an Cam denkst und nicht verliebt bist, kann es dich nicht stören, meine Meinung anzuhören. Ob es dir gefällt oder nicht: Diese Frau wird in den nächsten Jahren auch auf Cordy Einfluss nehmen. Mir ist es gleich, ob du mich als herrschsüchtig empfindest, aber es ist nur vernünftig, wenn ich mich mit diesen Frauen unterhalte. Das muss ich einfach”, betonte sie. “Ich werde nicht tatenlos zusehen, wie irgendeine Frau vielleicht Cordy in seiner gesamten Weltanschauung beeinflusst.”
Macon musste an Hesters Mutter denken, und er verstand Hesters Sorge. Trotzdem sah man ihm den Schreck an. “Du willst dich mit diesen Frauen treffen?”
“Ich finde, ich sollte einbezogen werden in die …” Hester brachte es nicht fertig, das Wort 'Brautschau' auszusprechen. “In den gesamten Ablauf.”
In Macons Blick zeichneten sich Ärger und Misstrauen ab. Unsicher blickte er zu seinem Wagen, und dann wieder neugierig zu Hester. Die Neugier gewann. “Also schön, Hester. Du wirst an der Entscheidung beteiligt.”
4. KAPITEL
Pine Hills heißt Macons Kandidatinnen willkommen!
Teils wütend, teils amüsiert betrachtete Macon die Überschrift des Flugblatts, das Hester überall in der Stadt verteilt hatte. Darunter war seine Heiratsannonce abgedruckt. Es folgten ein paar Angaben über die fünf Frauen, die zu Besuch kamen, und die Bürger wurden eingeladen, an den unterschiedlichen Veranstaltungen teilzunehmen, um die Kandidatinnen zu begrüßen. Es gab eine Fahrt auf Heuwagen, eine Grillparty am Pool, eine Wanderung und einen Tanzabend in der Scheune der McCanns. Kopfschüttelnd fragte er sich, wieso sie sich so große Mühe gab, ihn als Idioten hinzustellen.
Macon war in die Poststelle gekommen, aber Hester war nicht da. Hinter dem Tresen stand eine Aushilfskraft und sortierte Briefe in verschiedene Fächer. Macon drehte sich um und sah, wie Hester gerade mit einem Eis in der Hand aus der Eisdiele kam.
Mit verschränkten Armen lehnte er an der Fahrerseite seines Pick-ups. Die Hitze verbesserte seine Laune nicht gerade. Seit Cordy vor drei Tagen zu ihm auf die Ranch gezogen war, hatte Macon Hester nicht mehr gesehen. Als er sie jetzt sah, wünschte er sich, er könnte den Kontakt zu ihr ganz abbrechen, aber wegen Cordy war das natürlich unmöglich.
Nach einem Moment gab er den Kampf gegen die Hitze auf. Er warf seinen Hut auf den Beifahrersitz und zog sich das feuchte T-Shirt über den Kopf. Seufzend setzte er sich ins Auto und ließ die Türen offen, damit die Luft wenigstens ein bisschen zirkulieren konnte. Endlich kam Hester über die Straße. Wie konnte jemand, der jahrelang gelogen hatte, so süß aussehen? Bei der
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