Kühle Rache - heißes Herz
zukam. Einen Moment lang vergaß sie völlig, dass sie nur ihr kurzes hellblaues Nachthemd trug. Macon hatte nicht einmal angeklopft.
Er war verschwitzt und trug eine schmutzige Jeans und ein mit Öl verschmiertes T-Shirt, bei dem sich an den Schultern die Nähte lösten. Trotzdem sah er umwerfend aus. Er war unrasiert und hatte einen leichten Sonnenbrand. An der Tür blieb er stehen und stützte sich mit beiden Händen oben gegen den Türrahmen. Er füllte den Rahmen fast völlig aus.
Unter seinem Blick wurde es Hester heiß, doch Macon schien sie gar nicht sonderlich zu bemerken. Eingehend musterte er die in Rot und Weiß gehaltene Einrichtung und das schwarze Linoleum auf dem Fußboden, das Hester selbst verlegt hatte. Machte es ihm vielleicht etwas aus, das Haus zu sehen, in dem sie mit ihrem Ehemann gelebt hatte? Hester schluckte und wandte auch den Blick ab. Sie sah hinaus in die warme Nacht.
Schließlich hörte sie seine tiefe Stimme. “Willst du mich mit dem Löffel angreifen?”
Hastig sah sie auf ihre Hände. Sie hielt den Löffel krampfhaft fest wie eine Waffe. “Du bist die Mühe nicht wert”, versicherte sie ihm und war froh, dass sie so gelassen klang. Vorsichtig legte sie den Löffel neben den Topf auf den Herd. Sie kochte gerade eine Suppe. Alles war in Ordnung, so lange sie nicht verletzt, sondern nur verärgert klang. “Was verschafft mir die Ehre, Macon?”
Er blockierte immer noch ihren einzigen Ausweg. “Vielleicht tröstet es dich”, sagte er mit einem Blick auf ihre nackten Schenkel, “dass ich lange draußen im Wagen gesessen habe, weil ich auch nicht genau wusste, wieso ich hier bin.”
“Das soll mich trösten?” Sie musste sich zwingen, dass sie ihm nicht auf die Brustbehaarung starrte, die im Ausschnitt seines T-Shirts zu sehen war. “Willst du mir dabei helfen, deine Verlobung zu verkraften?” Sie bemerkte seinen Blick, ließ sich dadurch aber nicht ablenken. “Deine letzte Nacht als freier Mann kannst du doch sicher aufregender gestalten, oder, Macon? Solltest du jetzt nicht mit deinen Kumpeln feiern? Mit einem Mädchen, das aus einer Torte springt?”
“Hester”, erwiderte er, ohne sich von ihrem Spott aus dem Konzept bringen zu lassen. “Solche Junggesellenabschiedspartys gibt es doch kaum noch. Männer sind heute zivilisierter.”
“Das bezweifle ich.” Sie lachte nur bitter. “Außerdem klopfen zivilisierte Männer vor dem Eintreten an. Hast du etwa den Motor deines Wagens ausgestellt und bist die Auffahrt nur noch gerollt, damit ich dich nicht höre?”
Nur weil sie genau hinsah, fiel ihr auf, dass er errötete. “Ich wollte mir die Möglichkeit offen lassen, wieder unbemerkt verschwinden zu können, falls ich meine Meinung ändere.”
“Feigling!”
“Ich bin hier, weil meine Mutter sich Sorgen um dich macht.”
Und du nicht? fragte Hester sich und wünschte sich, er würde nicht so sexy aussehen, wenn er sie so fest entschlossen ansah. Er atmete tief durch und runzelte dann plötzlich die Stirn. “Was kochst du da eigentlich?”
Was für ein plumper Themenwechsel, dachte sie, aber dann wurde ihr klar, dass er beim Luftholen die Suppe gerochen haben musste. In der Küche duftete es nach Tomaten, Knoblauch, Hühnchen und Zwiebeln. Kühl sah sie ihn an. “Es kann dir egal sein, denn du wirst es nicht bekommen.”
Fast lächelte er, und das machte Hester noch ärgerlicher. Wie konnte er in dieser Situation amüsiert sein? Bestimmt bemerkte er auch ihre geröteten Augen, und sicher hatte sich ihr Haar auch aus dem Mozartzopf gelöst. Auf keinen Fall sollte Macon bemerken, dass sie den halben Tag lang geweint hatte. Hastig drehte sie sich zur Spüle um und achtete nicht auf Macon, der sich einen Topflappen nahm und in den Suppentopf sah.
“Eine Suppe im Sommer?”, fragte er verwundert nach.
“Mir geht es schlecht”, fuhr sie ihn an und drehte den Kopf zu ihm.
“Du siehst aber nicht so aus.”
Sie kämpfte dagegen an, rot zu werden. “Mir ist aber schlecht.”
“In der Poststelle hat man mir gesagt, dass du heute früher nach Hause gegangen bist.” Sein gelassener Tonfall ließ sie fast die Fassung verlieren. “Und meine Mutter sagt, du hast ihr alle letzten Vorbereitungen für meine Hochzeit aufgehalst.”
Hilflos sah sie zu, wie er sich einen Teller mit Suppe füllte und in ihren Schubladen kramte, bis er einen Löffel fand. Um nicht in Macons Nähe zu kommen, floh Hester regelrecht in die entgegengesetzte Ecke. Macon lehnte an der
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