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Kuehles Grab

Titel: Kuehles Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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liefen eisige Schauer über den Rücken. »Können Sie Dori überprüfen?«, fragte ich. »Ihren Namen durch den Computer laufen lassen, um zu sehen, ob sie eine Adresse, einen Führerschein hat? Es sind lauter Kinderleichen, stimmt's? Das zumindest wurde in den Nachrichten gesagt. Wenn sie also einen Führerschein hat …«
    »Sie können sicher sein, dass wir das überprüfen«, fiel mir Sergeant Warren ins Wort.
    Wieder richtete ich den Blick auf Detective Dodge. Mir war bewusst, dass ich ihn anflehte – ich konnte nicht anders.
    »Warum geben Sie uns nicht Ihre Telefonnummer?«, schlug er vor. »Wir setzen uns mit Ihnen in Verbindung.«
    »Rufen Sie uns bitte nicht an, wir melden uns bei Ihnen«, erwiderte ich unfreundlich.
    »O nein, so ist das nicht. Sie können uns jederzeit kontaktieren.«
    »Und falls Ihnen noch mehr zu diesem Medaillon einfällt …«, setzte Sergeant Warren hinzu.
    Ich stand auf, nahm meine Tasche und nannte meine Privatnummer – irgendeine Möglichkeit, mit mir Verbindung aufzunehmen, musste ich ihnen anbieten. An der Tür blieb ich noch einmal stehen. »Können Sie mir sagen, was ihnen zugestoßen ist? Diesen Mädchen?«
    »Wir warten noch auf die genauen Untersuchungsergebnisse.« Sergeant Warren blieb förmlich.
    »Aber sie sind ermordet worden, oder? Sechs Leichen, alle in einem Grab …«
    »Waren Sie jemals auf dem Grundstück des Boston State Mental Hospital?«, warf Detective Dodge ein. »Oder Ihr Vater?«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich wusste nicht mehr über dieses Areal als das, was in den Lokalnachrichten über den Planungsstreit der möglichen Bauherren berichtet worden war.
    Sergeant Warren begleitete mich hinunter. Wir schwiegen, nur die Absätze unserer Stiefel klackten auf den Treppenstufen.
    Unten hielt sie mir die schwere Metalltür zur Halle auf und reichte mir mit der anderen Hand ihre Visitenkarte.
    »Wir bleiben in Verbindung.«
    »Klar«, entgegnete ich ohne jede Spur von Überzeugung.
    Sie bedachte mich mit einem strengen Blick. »Und, Annabelle …«
    Ich schüttelte prompt den Kopf. »Tanya. Ich bin jetzt Tanya Nelson.«
    Sie zog die Augenbraue hoch. »Und, Tanya, falls Ihnen noch etwas wegen des Anhängers einfällt …«
    Ich musste lächeln. »Keine Sorge. Ich habe gelernt, wie ich davonlaufen muss.«

6
    Bobby hätte gern angenommen, dass man ihn wegen seiner besonderen Fähigkeiten gebeten hatte, bei den Ermittlungen am Boston State Mental Hospital mitzuwirken. Aber er kannte die Wahrheit: D. D. brauchte ihn. Er war ihr Ass im Ärmel. D. D. war immer schon vorausschauend gewesen.
    Er beschwerte sich nicht. Der einzige Staatspolizist im Team zu sein war bestenfalls schwierig, schlimmstenfalls bekam er eine tägliche Dosis Unmut zu spüren. Solche Arrangements waren schon in der Vergangenheit vorgekommen. D. D. beschrieb ihn als den Mann, der über großes »lokales Wissen« verfügte, und spannte ihn für ihre Zwecke ein. Die Tatsache, dass er als Detective ein Neuling und noch nie in größere Ermittlungen einbezogen war, vereinfachte den Wechsel von Behörde zu Behörde beträchtlich. An einem Tag lief er noch durch die großzügigen Büros einer staatlichen Einrichtung, am nächsten hockte er in einem winzigen Verhörraum in Roxbury.
    Aus seiner Sicht gab es nicht viel zu überlegen: Die Mitarbeit an diesem aufsehenerregenden Fall würde sich in seiner Akte ganz gut machen. Und nachdem er die unterirdische Kammer betreten und diese sechs toten Mädchen gesehen hatte … So etwas ließ keinen Cop kalt. Besser, man half bei der Aufklärung mit, statt Nacht für Nacht davon zu träumen.
    Die meisten anderen Detectives schienen das ganz ähnlich zu sehen. Bei diesem Fall mussten alle mit jeder Menge Überstunden rechnen. Bobby hielt sich mittlerweile knappe zwei Tage im Präsidium auf. Wenn die Kollegen für einige Zeit verschwanden, dann nur, um kurz zu duschen und sich zu rasieren. Gegessen wurde Pizza oder irgendetwas von einem chinesischen Schnellimbiss, und zwar meistens am Schreibtisch oder bei einer Besprechung der Sondereinheit.
    Dabei löste sich das wirkliche Leben nicht auf wundersame Weise in Luft auf. Die Detectives mussten nach wie vor Termine vor Gericht wahrnehmen und die Entwicklungen in anderen Ermittlungen verfolgen. Der eine musste einen Informanten empfangen, der andere Untersuchungen im Mord an einem Kronzeugen unterstützen. Die anderen Fälle fielen nicht einfach weg, nur weil plötzlich eine schockierende Mordserie in den

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