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Kühlfach betreten verboten

Kühlfach betreten verboten

Titel: Kühlfach betreten verboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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»Es ist das alte Lied, wir sind wie immer überlastet. Anfang der Woche, hoffe ich.«
    Das Telefon klingelte und Gregor meldete sich mürrisch mit einem einfachen »Ja?«. Dann hörte er kurz zu, grunzte und legte den Hörer wieder auf.
    »Die Schule von Yasemin und Zeynep veranstaltet ein ›offenes Gedenken‹ mit seelsorgerischer Begleitung. Ich glaube, da sollten wir mal nach dem Rechten sehen. Zumal die Schüler, die auf Klassenfahrt waren, auch wieder da sind.«
     
    Ich hatte keinen Bock auf offenes Gedenken, was auch immer das war. Vermutlich einfach ein Treffpunkt für die heulenden Schülerinnen und Schüler, die ihren Eltern zu Hause auf den Sack gingen. In der Schule konnten sie zusammen heulen. Grässliche Vorstellung. Stattdessen machte ich michmal wieder auf den Weg zu meinen Assistenten. Ich musste endlich mehr über die Lehrerin erfahren. Sie war seit Dienstagabend verschwunden, inzwischen war der Freitag fast vorbei. War es nun ein gutes Zeichen, dass ihre Leiche noch nicht aufgetaucht war, oder ein schlechtes? Die Bonsais mussten etwas wissen, was mir weiterhelfen könnte. Vermutlich hatte ich bisher einfach die falschen Fragen gestellt.
     
    Ich traf Edi, Jo und Bülent an Bülents Bett. Seine Mutter sang. Es klang wie ein Kassettenrekorder mit Bandsalat, aber Bülent grinste selig.
    »Leute, wir sollten eure Lehrerin finden, bevor sie verhungert oder verdurstet ist.«
    »Ja, später«, nuschelte Bülent, während er gleichzeitig versuchte, die Melodie mitzusummen.
    »Stimmt!«, rief Edi. »Frau Akiroglu hatte ich ja ganz vergessen. Mein Gott, wie schrecklich!«
    »Hast du auch schon eine Idee, wo wir nach ihr suchen sollten?«, fragte Jo.
    »Nein«, musste ich zugeben. »Deshalb brauche ich euch ja.«
    Inzwischen war es dunkel. Ich sammelte die Kids und Niclas ein, der auf der Kinderstation herumhing und einen Trickfilm im Fernsehzimmer glotzte, und zog mit ihnen zum Unfallort. Es war kalt, es war windig, und der leichte Nieselregen des Tages ging in Schnee über. Da am Freitag die Rushhour früher einsetzt und früher zu Ende ist, herrschte auch jetzt bereits abendliche Ruhe, insgesamt also ungefähr die gleichen Bedingungen wie am Unglücksabend.
    »So, jetzt denkt mal ganz intensiv darüber nach, was am Dienstag hier los war, als der Unfall passiert ist.«
    Stille.
    »Wir sind hier gefahren, und dann war plötzlich das Auto neben und dann vor uns, und dann hat es geknallt.«
    »War das Auto schwarz oder blau oder braun oder was?«
    »Auf jeden Fall dunkel«, sagte Edi.
    »Rot«, sagte Niclas.
    »Hey, du hast geschlafen, du kannst das gar nicht wissen«, sagte Edi.
    »Blödsinn, ich habe nicht geschlafen. Ich saß hier am Fenster und habe die Farbe genau gesehen«, motzte Niclas zurück.
    »Im Dunkeln sehen die Farben doch alle gleich aus«, sagte Jo.
    »Rot«, wiederholte Niclas.
    »Okay. Wie groß?«
    »So groß«, sagte Edi und machte eine Geste, die einen Schulbus oder einen Zwanzigtonner beschreiben konnte. Damit war nichts anzufangen, aber was wollte man von einem Mädchen auch erwarten?
    »Konntet ihr auf das Dach sehen?«, fragte ich.
    »Nö«, sagte Niclas. »Das Dach war mindestens so hoch wie das Dach von Frau Akiroglus Auto. Und die Reifen waren riesig.«
    »Konntest du die Reifen im Fenster sehen?«, fragte ich. Wenn er jetzt Ja sagte, wusste ich, dass er geträumt hatte, denn dann hätte die Karre mindestens ein Bigfoot sein müssen, und der wäre auf jeden Fall aufgefallen.
    »Nö«, sagte Niclas. »Das war ja kein Trecker.«
    »Aber schmutzig war er«, sagte Edi aufgeregt.
    Als ob eine dreckige Karre im November ungewöhnlich wäre.
    »Nein«, protestierte sie. »Da war richtiger Schlamm dran.«
    »Stimmt«, erklärte jetzt auch Jo. »Das sah aus wie das Auto von dem Förster, den wir auf dem Schulausflug besucht haben.«
    »Ja«, rief Bülent. »Genau so.«
    »Dann war die Farbe doch vielleicht Grün?«, fragte ich.
    Peinliches Schweigen.
    Okay, immerhin hatte ich eine relativ klare Idee von dem Auto. Vermutlich redeten wir von einem Geländewagen in einer dunklen Farbe. Davon gab es, seit Großstadtbewohner die wilde Bedrohung schief sitzender Gullideckel entdeckt hatten, höchstens hunderttausend in der Stadt. Vielleicht war ja einer davon auf Akif Akiroglu zugelassen. Wenn er seine Schwester verschleppt hatte, müssten die Bonsais sich an die geringe Größe des Kidnappers erinnern.
    »Wie groß war der Mann, der eure Lehrerin gekidnappt hat?«, fragte ich also.
    »Groß«,

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