Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten
Martin ein strahlendes Lächeln und einen fragenden Blick, der wiegte den Kopf.
»Hm, tja, also so ganz spontan könnte ich nicht …«
Birgits Schultern sackten leicht ab. »Nicht?«
»Äh …«
»Danke, wir melden uns telefonisch«, sagte Birgit zur Maklerin und zu Martin: »Komm, ich bringe dich nach Hause. Vielleicht
brütest du irgendwas aus. Du bist so blass.«
Ich musste hier weg, weil ich sonst Augenkrebs bekomme von dem Elend, das Martin um sich herum verbreitet. Birgit war für
Martin die Traumfrau schlechthin, die Wohnung war ein Palast für bezahlbares Geld, Martin wollte mit beiden zusammen glücklich
werden, nur eben ohne mich. Und er hoffte offenbar immer noch, einen Weg zu finden, wie er das hinbekäme. Dabei hatte er auch
jetzt schon allen Grund, glücklich zu sein, immerhin hatte er eine Freundin in derselben Existenzform. Ich hingegen war ein
Geist, der eine Frau aus festem, wohlgeformtem Fleisch und heißem Blut liebte. Irina. Die noch nicht wieder in ihrer Wohnung
aufgetaucht war. Langsam wurde ich wirklich stinkig.
Ich düste in Martins Büro, wo er, wie immer, den Computer für mich angelassen hatte. Ich baute die Internetverbindung auf,
ging auf die Homepage einer großen Suchmaschine, deren Namen ich besser nicht nennen soll (riet mir meine Lektorin), und gab
den Namen Kwasterow ein.Ich wollte alles über Irina wissen. War sie bei Facebook? Veröffentlichte sie ihre geheimsten Gedanken und Wünsche in einem
Blog? Gab es Fotos von ihr im Netz? Konnte ich ihre Geschichte und die Geschichte ihrer Familie recherchieren? Wie lautete
ihre Handynummer? Vielleicht würde ich ja irgendwann den Mut finden und sie einfach mal anrufen …
Die Suchmaschine lief zur Hochform auf. Jeder fünfte Wodkasäufer scheint Kwasterow zu heißen. Ich schränkte die Suche ein,
indem ich »Kwasterow«, »Viktor« und »Köln« eingab. Nichts. Ich ging zur Telefonbuchseite und gab dasselbe ein. Wieder nichts.
Warum hatte ich mir bloß den Straßennamen nicht gemerkt? »Kwasterow« und »Iri na «. Nichts. Unfassbar. In diesem Land lesen die Bullen deine E-Mails , hören dein Telefon ab und kennen deinen Kontostand besser als du selbst, außerdem veröffentlichen die Internetnetzwerke
deine Schuhgröße, deine Potenzbewertung und Fotos, auf denen du nackt und besoffen auf dem Tisch tanzt, aber über Irina fand
ich nichts.
Es blieb mir nichts anderes übrig, als Viktor zu beschatten. Das war nicht so schwierig, denn Samstagnachmittag war bei Viktor
offenbar Waschtag. Er hatte seine wollenen Socken von Hand gewaschen und hängte sie gerade an einer Leine in der Küche (!)
auf, als ich bei ihm eintraf. Wollsocken. Während der größten Hitzewelle, die die Stadt Köln seit dem ausgehenden Mittelalter
getroffen hatte. Eine Hitzewelle, der bereits über einhundert Menschen im Regierungsbezirk zum Opfer gefallen waren, wenn
man den Zeitungen Glauben schenken darf. Was man natürlich nicht darf, das weiß jeder, aber zählen werden die ja wohl können.
Es war schon nach fünf, Viktor hatte noch ein paar denkmalgeschützte Unterhosen der Sorte Feinripp mit ausgeleiertem Gummi
und Eingriff gewaschen, als die Tür aufgingund Irina hereinkam. Endlich! Sie kannte offenbar die Wäscheleinenkonstruktion in der Küche bereits, denn sie beachtete sie
mit keinem Blick. Ich konnte aber auch nicht feststellen, dass sie den Blick in diese Richtung absichtlich gemieden hätte.
Was eine normale Regung einer strahlend schönen Frau gewesen wäre. Verfilzte Socken und schlabberig gefurzte Unterhosen über
dem Gasherd vermitteln mir jedenfalls nicht das Gefühl von Geborgenheit in den eigenen vier Wänden. Das könnten schon eher
ein paar leere Pullen Bier im Ausguss und ein mannshoher Stapel Pizzakartons neben der Biotonne. Irina jedenfalls zuckte mit
keiner ihrer langen, seidigen Wimpern, gab ihrem Großväterchen einen Kuss auf die zweifellos kratzige Wange, packte die Einkäufe
aus und schmierte einige Butterbrote, die sie dann mit Viktor am Küchentisch verspeiste.
»Wie war denn der Ausflug?«, fragte Viktor.
»Wunderschön, wirklich, wunderschön«, entgegnete Irina mit leuchtenden Augen. »Wir waren am Meer. Der Vater eines Kollegen
hat dort ein Ferienhaus.« Tatsächlich war sie ein wenig mehr gebräunt als gestern und sah gleich noch appetitlicher aus.
Viktor guckte traurig. »Mein Kind, du weißt, dass du nichts annehmen sollst, wofür du dich nicht
Weitere Kostenlose Bücher