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Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten

Titel: Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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unverständlichen Sching-Schang-Schong ganze Heldenepen herunter. Ihm war ich dann später auch gefolgt bis
     zu dem Imbiss, in dem Martin und Birgit jetzt saßen. Dort arbeitete er in der Küche.
    »Also: Ich zeige das Tatoo herum und du beobachtest die Reaktion der Leute«, verlangte Martin.
    »Du kannst doch selbst sehen, wie sie reagieren«, maulte ich.
    »Du sollst sie beobachten, sobald sie aus meinem Blickfeld raus sind«, präzisierte Martin.
    Birgit hatte inzwischen die Bestellung aufgegeben. Vegetarisch für Martin, Ente für Birgit. Wer in einem chinesischen Restaurant
     Ente bestellt, muss schon wirklich ein hoffnungsloser Optimist sein.
    »Taiwanesisch«, korrigierte Martin mich.
    »Ist doch alles dasselbe«, entgegnete ich. »Nun mach zu mit deinem Tatoo.«
    Martin hielt die junge Kellnerin, die die Bestellung aufgenommen hatte, auf. »Entschuldigung, könnten Sie mir vielleicht sagen,
     ob Sie schon mal so ein Tatoo gesehen haben?«, fragte Martin.
    Sie blickte erst beiläufig auf das Foto, das Martin ihr hinhielt, dann starrte sie das Bild an.
    »Kennen Sie den Mann?«, fragte Martin.
    »Was?« Ihr Kopf ruckte hoch. »Nein, nein. Es ist nur ein sehr schöner Drache.«
    Sie log. Das konnte man hören, riechen, fühlen und schmecken.
    »Was bedeuten die Schriftzeichen?«, fragte Martin.
    »Nichts.« Sie drehte sich bereits weg und sagte im Weggehen über die Schulter: »Das sind einfach Kritzeleien, die wie Schriftzeichen
     aussehen sollen.«
    Martin hätte mich gar nicht auffordern müssen, der Frau zu folgen, so deutlich war ihre Reaktion gewesen.
    Sie ging durch den kleinen Speiseraum, dessen drei Stehtische leer herumstanden, zielstrebig weiter in die Küche. Sie passte
     kaum noch herein, so voll war der winzige Raum. An einem Tisch saßen zwei Kinder, die in Malbüchern Schweine blau kolorierten,
     daneben saß eine Frau von geschätzten zweihundertfünfzig Jahren, die die Schalen von diversen bunten Gemüsesorten abisolierte
     und das Grünfutter in kleinste Schnipsel zerlegte. Zwei weitere Frauen mit Schürzen und Kopftüchern wickelten irgendwelches
     Gemüsezeug in Blätter, die aussahen wie Pergamentpapier. Diese Päckchen wurden von einem alten Mann entgegengenommen und in
     eine Fritteuse geworfen. Zwei junge Männer räumten Getränkekästen hin und her. Einer der beiden trug das Bruderdrachentatoo.
    Die Bedienung pfiff und augenblicklich erstarb jedeBewegung. Sie sagte ein paar Worte oder Sätze, wer weiß das schon bei dieser komischen Sprache. Alle Anwesenden ließen alles,
     was sie gerade in den Händen hielten, liegen und stehen und rannten durch den Hinterausgang hinaus. Innerhalb von fünf Sekunden
     war die Küche leer.
    »Tja, das mit dem Essen wird wohl nichts«, eröffnete ich Martin. »Das gesamte Personal hat die Flucht ergriffen.«
    Martin stutzte, wurde blass, sprang auf und eilte in den Laden hinein.
    »Martin?«, rief Birgit hinter ihm her. »Ist dir nicht gut?«
    »Alles in Ordnung«, rief Martin ihr über die Schulter zu. Dann ging er in die Küche.
    Die Bedienung hockte auf einem der Stühle und heulte die blauen Schweine voll. Martin zog sich zurück. Dann rief er nach Birgit.
    »Was ist denn   …« Birgit sah sich erstaunt um. Die Küche glich einem Schlachtfeld, aus der Fritteuse rauchte es inzwischen stark und es stank
     nach verbranntem Essen. Birgit, die Praktische, hob erst den Korb aus dem heißen Fett, dann setzte sie sich auf den anderen
     Stuhl und legte der Bedienung die Hand auf den Arm.
    »Was ist denn los? Kann ich etwas für Sie tun?«
    »Er hat nichts Unrechtes getan«, murmelte sie.
    Logo, erst mal alles abstreiten. Typische Reaktion für Leute, die was zu verbergen haben.
    »Das hat auch niemand behauptet«, sagte Martin.
    Sie blickte auf und starrte Martin mit tränenverschleiertem Blick an. »Warum suchen Sie ihn dann?«
    Birgit blickte verständnislos zwischen den beiden hin und her.
    »Wissen Sie, dass er tot ist?«, fragte Martin.
    Die Frau brach in lautes Schluchzen aus. Mir war nicht klar, ob das Ja oder Nein bedeutete, und wenn ich MartinsGesichtsausdruck richtig deutete, war er sich auch nicht sicher.
    »Hören Sie, ich bin Arzt. Ich interessiere mich nicht für Aufenthaltsgenehmigungen, Asylanträge oder so etwas. Mir geht es
     darum, die offenbar sehr gefährlichen Nebenwirkungen eines Medikamentes zu untersuchen. Der junge Mann   … Entschuldigung, wie heißt er denn?«
    »Yan Yu«, schluchzte die Bedienung.
    Für mich hörte sich der

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