Künstlerpech: Palzkis achter Fall
sie weiter: »Pako ist ganz allein im Haus unterwegs, und vermutlich ist niemand bei ihm. Das ist ein Skandal! Was da alles passieren kann, nicht auszudenken.«
Mir schoss schon wieder eine neue Idee durch den Kopf. Ist vielleicht sie unsere Täterin? War ihr Gehabe nur ein geschickt gesteuertes Ablenkungsmanöver? Doch warum sollte sie ihren Schützling ermorden wollen? Egal, zunächst musste ich mich um ihren Mann kümmern.
»Herr Kreuzberger, warum sind Sie nicht zu unserem Treffen gekommen?«
Er schaute mich komisch an. »Welches Treffen? Habe ich etwas verpasst?«
»Sie haben mir doch ein Fax geschickt, weil Sie mich um 16 Uhr im Kammersaal treffen wollten.«
Kreuzberger schienen die Augäpfel herauszufallen. »Ich Ihnen ein Fax geschickt? Es ist Monate her, dass ich das letzte Mal etwas gefaxt habe. Nein, Herr Palzki, da muss eine Verwechslung vorliegen.«
Das war ja unglaublich. Irgendjemand hatte mir ganz bewusst diese Falle gestellt. Ob es sich um die rothaarige Frau handelte oder ein Komplize im Spiel war, harrte allerdings noch der Aufklärung. Ein anderer Gedanke kam mir in den Sinn: Verleugnete Kreuzberger sich selbst, weil seine Frau anwesend war? Zumindest diesen Punkt konnte und wollte ich gleich ausschließen.
»Wo ist eigentlich Ihr Freund?«, fragte ich Henrike Reichlinger.
»Der wollte den Wein aus seinem Wagen holen«, antwortete sie mit ihrer zuckersüßen Stimme. »Ich mache mir aber langsam Gedanken, weil er schon so lang unterwegs ist.«
Ich nutzte die Gelegenheit. »Gerhard, du bleibst hier, Herr Weilacher, Sie auch.« Ich deutete auf Theobald Kreuzberger. »Sie kommen bitte mit.«
Er gehorchte und folgte mir. Auf dem Weg zur Bühne des Konzertsaals fragte ich ihn erneut, dieses Mal unter vier Augen: »Jetzt sind wir allein. Haben Sie mir das Fax geschickt?«
»Aber nein, nie im Leben. Was soll ich Ihnen überhaupt geschrieben haben?«
Ich hatte den Eindruck, als würde er die Wahrheit sagen.
»Dann gehen Sie bitte wieder zu den anderen zurück.«
»Warum wollten Sie dann, dass ich mit Ihnen mitgehe?«
»Weil ich Sie unter vier Augen sprechen wollte.«
Kreuzberger verstand. »Ich habe keine Geheimnisse vor meiner Frau.«
Ich ließ ihn stehen. Pako war im Moment wichtiger. Dieser kam mir wenige Sekunden später entgegen. In seinen Armen trug er einen Karton.
»Man sucht Sie schon.«
»Ich wurde aufgehalten«, setzte er dagegen. »Was ist denn passiert? Wer hot Ihne uff de Deetz gekloppt?«
»Nur ein kleiner Unfall«, bagatellisierte ich. »Von wem wurden Sie denn aufgehalten?«
Er lächelte verschmitzt. »Polizisten sind ja immer sehr neugierig. Ich weiß, Sie haben zwei Mordfälle aufzuklären. Daher will ich Ihnen sagen, was ich gerade erlebt habe.«
Der Comedian setzte den Karton, der schwer sein musste, auf dem Boden ab.
»Dieser Dietmar Becker wars. Ich hab’s ja schon die ganze Zeit bemerkt, dass er mir etwas sagen möchte. Und dann war es doch wieder das Gleiche.«
»Das Gleiche? Wie muss ich das verstehen?«
»Weil ich ständig Angebote von Leuten erhalte, die meinen, sie müssten für mich als Gagschreiber tätig werden. Jeder, der eine Handvoll Witze auswendig gelernt hat, meint, dass er damit die Comedy-Bühnen dieser Welt begeistern kann. Ich kann es nicht mehr hören: Pako, wie gefällt Ihnen dieser Gag oder jenes Wortspiel? Meistens sind die Dinger schon so alt, dass sie einen Bart haben.«
»Das wollte Ihnen Herr Becker anbieten?« Ich überlegte. »Prädestiniert dafür wäre er. Seine angeblichen Krimis, die er schreibt, sind so schräg, dass man nicht weiß, ob man darüber lachen oder weinen soll.«
Pako schüttelte seinen Kopf. »Darum geht es überhaupt nicht. Ich schreibe meine Texte nämlich selbst. Und zwar komplett alle. Ich brauche keinen Gagschreiber, meine Fantasie ist mindestens grenzenlos.«
Ich verstand. Dietmar Becker wollte sich ein paar zusätzliche Einnahmen sichern. Ich konnte nur hoffen, dass der Student niemals auf die Idee kam, als Comedian auftreten zu wollen.
»Okay, dann wäre dieser Punkt geklärt. Was will eigentlich Claudius Stefanus von Ihnen?«
Er seufzte. »Noch so einer, der von mir profitieren möchte.« Er schaute mich verschwörerisch an. »Das muss aber unter uns bleiben, Herr Palzki. Das habe ich Claudius versprochen. Schließlich hat es ja nichts mit den Morden zu tun.«
»Dann schießen Sie mal los. Ich bin mehr als gespannt.«
»Claudius Stefanus will sich mit einer Künstleragentur selbstständig
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