Küss mich, bis der Sommer geht (Bianca) (German Edition)
aber … Cait und ich wünschen uns beide, dass du länger bei uns bleibst, als nur für diesen Sommer.“
Emily merkte, wie sich ihr Herz zusammenzog. Sie wusste, dass das unmöglich war. „An meinen Plänen hat sich nichts geändert, aber bis September bin ich auf jeden Fall noch hier. Ich hoffe, dass sich die Situation mit eurem Vater bis dahin entspannt.“
„So meinte ich das gar nicht“, warf Liz ein. „Nach allem, was ich gestern Abend mitbekommen habe …“
„Interpretiere bloß nicht zu viel hinein“, sagte Emily betont beiläufig. Dabei bekam sie jedes Mal eine Gänsehaut, wenn sie den Abend im Geiste Revue passieren ließ. „Es war doch nur ein Kuss.“
Ein Kuss, über den inzwischen vermutlich alle gesprochen haben, nur Luke und sie nicht. Fast, als hätte es ihn nie gegeben. Und den Kuss davor auch nicht. Trotzdem war sie Luke dabei unheimlich nah gewesen. Wie er sie angesehen hatte, als wäre sie die einzige Frau auf der ganzen Welt. Wie er ihr Gesicht berührt hatte … Dass in diesem Moment eine ganz besondere Verbindung zwischen ihnen entstanden ist, konnte sie sich unmöglich eingebildet haben. Aber von seiner Seite aus war das wohl nur eine vorübergehende Regung gewesen. Sonst hätte er sich danach doch nicht gleich wieder zurückgezogen.
„Ich glaube nicht, dass das nur ein Kuss war“, widersprach Liz.
Bitte, lass uns das Thema wechseln, dachte Emily. „Ist Luke noch im Pflegeheim?“, fragte sie und sortierte die benutzten Gläser der Kinder in den Geschirrspüler ein.
„Ja, er wollte noch bei unserem Vater bleiben.“
Dann war er jetzt also allein dort. Ein Gefühl von Erbitterung stieg in Emily auf. Dachten seine Schwestern denn nie daran, dass Luke auch jemanden an seiner Seite brauchte? Immerhin mussten Liz und Cait diese schwierige Zeit ja auch nicht allein durchmachen.
Vielleicht braucht er mich doch, dachte sie und wünschte zugleich, sie wäre konsequenter und könnte ihre Gefühle einfach abschalten. „Dann fahre ich jetzt noch mal los und hole ihn ab“, sagte sie und suchte nach ihrer Handtasche. „Darf Sam solange hier bleiben? Ich hole ihn später ab.“
Aus dem Wohnzimmer drang das Lachen der Kinder zu ihnen. Liz musterte Emily aufmerksam, aber im Moment war es ihr ausnahmsweise mal egal, was Lukes Schwester dachte.
„Er kann auch gern hier übernachten“, schlug Liz vor. „Nach allem, was du heute für uns getan hast, ist es das Mindeste, was wir dir anbieten können. Morgen früh bringe ich die drei wieder zum Ferienprogramm, von dort kannst du ihn dann abholen.“
Eine perfekte Lösung, fand Emily. „Ist das auch wirklich in Ordnung?“
„Natürlich, was denkst du denn?“
Sam fand die Idee, bei Liz und Paul zu übernachten, großartig, und Emily konnte beruhigt zum Pflegeheim fahren. Es war schon spät, als sie dort ankam. Alle schienen bereits zu schlafen. Im Gebäude war es ganz still, nur ihre Schuhe quietschten über das frisch gebohnerte Linoleum. Im Gemeinschaftsraum lief gerade eine Fernsehserie, ein paar Pflegekräfte unterhielten sich leise.
Emily hatte sich beim Pförtner erkundigt, wo John Evans lag. Als sie das Zimmer endlich gefunden hatte, sah sie, dass die Tür offen stand. Vorsichtig schaute Emily hinein und erblickte Luke. Er saß neben dem Krankenhausbett auf einem Stuhl und hatte sich zu seinem Vater vorgebeugt. Der Mann im Bett bewegte sich nicht, aber Emily erkannte, dass Luke seine Hand fest umschlossen hielt. Es war dunkel im Zimmer. Die Jalousien waren heruntergelassen, nur eine kleine Nachttischlampe spendete Licht. Im Schein der Lampe konnte Emily erkennen, dass Luke Tränen über die Wange liefen. Langsam hob er die Hand seines Vaters an die Lippen und küsste sie.
Leise ging Emily wieder auf den Flur zurück und lehnte sich gegen die Wand. Mühsam rang sie um Fassung. So hatte sie Luke noch nie erlebt. Für sie war er der Mann, der sich nur selten schwach zeigte. Der immer alles ertrug, ohne mit der Wimper zu zucken. Und jetzt sah sie, dass Luke Evans weinte!
Emily schloss die Augen und atmete tief. In diesem Moment wusste sie, was mit ihr passiert war, und sie fühlte sich nicht gerade gut dabei. Sie hatte sich unsterblich in diesen Mann verliebt, da gab es kein Zurück mehr. Von Anfang an hatte sie sich zu ihm hingezogen gefühlt, hatte seine Stärke und seine Großzügigkeit bewundert. Aber jetzt, wo sie auch seine verletzliche Seite gesehen hatte, war es endgültig um sie geschehen.
Der Zeitpunkt dafür war
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