Küss mich, bis der Sommer geht (Bianca) (German Edition)
einen Disneyfilm gesehen und Popcorn gegessen.“
„Dann hast du den Jungen bei meiner Schwester gelassen?“
„Hätte ich das nicht tun sollen?“ Sein verwirrter Gesichtsausdruck verunsicherte sie.
„Doch! Ich dachte bloß … sonst lässt du ihn doch keine Minute aus den Augen. Du bist doch die geborene Glucke.“
Damit hatte er allerdings recht. „Schon, aber du meintest doch, ich müsste lernen, auch mal loszulassen. Und ich dachte, dass du mich im Moment vielleicht dringender brauchst als er.“
Schweigend sah er sie an. Doch Emily erwartete auch keine Antwort. Natürlich würde er nie zugeben, dass er sie brauchte. Trotzdem wusste sie, dass es so war. Und sie selbst? Sie war die ganze Zeit auf ihren Sohn fixiert gewesen, weil er der einzige Mensch auf der Welt gewesen war, der ihr wirklich etwas bedeutete. Inzwischen hatte sich daran etwas geändert. Inzwischen war ihr auch Luke unendlich wichtig geworden. Aber würde er sie an sich heranlassen?
„Sam ist ein toller Junge.“
Sie dachte daran, wie die beiden miteinander gelacht hatten, als sie gemeinsam auf der Stute Bunny über das Ranchgelände geritten waren. Bei der Erinnerung schnürte sich ihr die Kehle zu. „Ja, ich weiß.“
„Und du bist eine wunderbare Mutter. Du denkst immer zuerst an ihn.“
Sie standen auf, und Luke knipste die Nachttischlampe aus. Emily war sich gar nicht mehr so sicher, ob das, was er da gerade über sie gesagt hatte, noch zutraf. In letzter Zeit hatte sie ihre eigenen Bedürfnisse wichtiger genommen als die ihres Sohnes. Sonst wäre sie längst abgereist, um Sam davor zu schützen, dass er Luke und die Ranch zu sehr ins Herz schloss. Aber sie hatte die Ranch – und Luke – nicht verlassen wollen.
„Du warst doch genauso selbstlos für deine Schwestern da und bist es immer noch“, sagte sie. „Mir ist heute wieder klar geworden, wie viel Halt du ihnen gibst.“
Gemeinsam verließen sie das Zimmer, und Luke schloss leise die Tür. Dann gingen sie Hand in Hand den Flur hinunter. „Ich glaube, so etwas versteht nicht jeder. Du schon.“ Lukes Stimme klang rau.
„Hoffentlich wissen Cait und Liz das auch zu schätzen“, bemerkte Emily. „Manchmal kommt es mir so vor, als vergäßen sie, dass du auch nur ein Mensch bist.“
Unvermittelt blieb er stehen und sah sie überrascht an. „Was willst du damit sagen?“
Sie betrachtete seine vor Müdigkeit geröteten Augen. „Na ja, sie kennen dich nur als den starken, großen Bruder, der sich immer um alles kümmert. Dabei verlieren sie vielleicht aus dem Auge, dass du auch mal jemanden brauchst, der für dich da ist. Du kannst nicht immer nur geben.“
„Aber sie waren damals noch nicht erwachsen. Ich schon. Sie haben die Dinge aus einer ganz anderen Perspektive gesehen.“
„Das stimmt wohl. Kann es sein, dass du deswegen nie geheiratet hast? Weil du zu sehr damit beschäftigt warst, für deine Schwestern da zu sein? Und darüber gar nicht dazu gekommen bist, selbst eine Beziehung zu einer Frau aufzubauen?“ Sie drückte seine Hand.
Er versteifte sich merklich. „Ich bin eben einfach noch nicht der Richtigen begegnet.“
Irgendetwas verschwieg er ihr, das wusste sie. Unter anderen Umständen hätte sie seine Bemerkung verletzt, aber sie hatte ihm ja selber deutlich zu verstehen gegeben, dass sie nicht bereit für eine Beziehung war. Trotzdem fragte sie sich, welche Rolle sie wohl in seinem Leben spielte. Auf jeden Fall war sie nicht bloß seine Angestellte, sie war auch mehr als eine gute Bekannte. Andererseits waren sie aber auch kein Liebespaar.
Draußen vor dem Gebäude empfing sie ein warmer Sommerabend. Die Luft duftete nach den Rosen, die links und rechts vom Eingang angepflanzt waren. „Das ist aber noch nicht alles, oder?“, fragte sie weiter.
Er ließ ihre Hand los. „Wie bitte?“
Emily blieb stehen, doch Luke ging noch ein paar Schritte weiter. Erst dann schien er zu bemerken, dass sie nicht mehr neben ihm war, und drehte sich zu ihr um.
„Na ja, du hältst die Leute doch bewusst auf Abstand. Meistens jedenfalls. Nur ganz selten lässt du mal jemanden an dich heran. Heute zum Beispiel deine Schwestern und eben deinen Vater. Aber sonst …“ Sie hielt inne und suchte nach passenden Worten. „Sonst scheinst du in einer Art innerer Festung zu leben.“
Er sah sie an, als hätte sie ihm ins Gesicht geschlagen. „Du hast ja keine Ahnung.“
„Woher denn auch? Du erzählst mir ja nichts von dir.“
Sein Lachen klang höhnisch,
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