Küss mich, Cowgirl!
erstaunliches Abenteuer verwandelt hat.”
“Du meinst das Leben auf der Ferienranch?”
“Was sonst? Ich will nicht behaupten, dass ich mit einer vorgefassten Meinung hergekommen bin, aber es hat sich gezeigt, dass das Landleben nicht das ist, was ich erwartet habe. Ich habe großen Respekt vor der Arbeit, die ihr hier leistet, um den Urlaubern einen angenehmen Aufenthalt zu bereiten.”
“Vielen Dank.” Toni fragte sich, ob seine Worte vielleicht eine doppelte Bedeutung hatten und was er eigentlich sagen wollte. Aber es gab Dinge, die sie sagen musste, auch wenn das hier mitten unter all den Leuten nicht leicht war. “Simon …”, begann sie daher.
“Simon”, unterbrach ihre Großmutter sie. “Wir haben hier noch einen halben Schokoladenkuchen übrig, falls Sie noch etwas möchten.”
Er drehte sich zu Tilly Collins um. “Danke, aber ich hatte bereits zwei Stücke.”
“Ach, das macht doch nichts”, erwiderte Granny.
“Na schön, ich bin gleich da.” Er wandte sich wieder an Toni, genauso unpersönlich wie vorher. “Was wolltest du sagen?”
“Ich wollte nur sagen, dass …” Sie schluckte. Sie brachte es nicht heraus. Es gelang ihr einfach nicht, ihm zu sagen, wie sehr die Geschehnisse dieser Woche sie durcheinandergebracht hatten. Wie verwirrt sie von ihren Gefühlen war. Stattdessen sagte sie kurz entschlossen: “Dass ich meine Meinung geändert habe.”
Etwas flackerte in seinen Augen auf. Aber vielleicht war es auch nur das Feuer, das sich darin spiegelte. “In welcher Hinsicht?”
“Ich habe behauptet, du würdest nie einen Cowboy abgeben. Doch ich habe mich geirrt. Ich glaube, du kannst alles, was du willst, sogar …”
“Hier kommt der Kuchen.” Granny drückte ihm einen Unterteller mit einem riesigen Stück Kuchen in die eine und eine Gabel in die andere Hand. “Dobe holt gerade die Gitarre heraus, um uns etwas vorzuspielen. Also essen Sie rasch auf, sonst bekommen Sie bei seinen schrägen Klängen noch eine Magenverstimmung.” Dann packte sie Tonis Ellbogen und zerrte sie förmlich fort. Als sie ihre Schritte endlich verlangsamte, waren sie ein ganzes Stück von Simon entfernt.
“Was sollte das?” Toni rieb sich den Ellbogen, erstaunt von der Kraft ihrer Großmutter.
“Ich rette dich”, erwiderte Granny.
“Wovor rettest du mich?”
“Vor dem, was zwischen dir und ihm vorgeht. Toni, du sahst so verloren aus, fast verängstigt. Also habe ich dich gerettet.” Granny tätschelte ihr freundschaftlich die Schulter und kehrte zurück zu den Picknicktischen, wo sie leere Becher und Teller zusammenräumte. Toni sackte in sich zusammen.
Granny hatte recht. Was hatte sie sich eigentlich gedacht? Nichts, was sie zu Simon sagen könnte, würde etwas ändern. Trotzdem musste sie später, als alle “Auld Lang Syne” sangen, gegen die Tränen ankämpfen. All die Leute hatte sie inzwischen ins Herz geschlossen. Sie hatten etwas miteinander erlebt, was für Toni Routine, für die Gäste jedoch etwas Einmaliges gewesen war.
Von wegen, dachte sie, und versuchte, nicht zu Simon zu sehen, der eine Frau aus Chicago mit seinem Charme verzauberte. Auch für Toni war es eine einmalige Erfahrung gewesen. Sie hatte Simon kennengelernt, sich in ihn verliebt und mit ihm geschlafen. Dann war sie von ihm verletzt worden und hatte durch ihre Reaktion das Ende ihrer Beziehung herbeigeführt. Es gab kein Zurück mehr – nicht, dass sie es gewollt hätte.
Simon Barnett war reich, attraktiv und ein wundervoller Liebhaber. Aber er war nicht der richtige Mann für sie. Der Richtige für sie war jemand, der mit dem Land verwurzelt war. Am besten ein Rancher. Allerdings hatte sie bisher noch keinen getroffen, der für sie infrage kam. Und weil sie noch immer auf ihren Märchenprinzen wartete, war es Simon auch gelungen, sie so sehr zu beeindrucken.
Sie würde die Trennung überstehen und sich irgendwann von ihrer Enttäuschung erholen. Auch wenn sie keine Ahnung hatte, wie lange das dauern würde, würde es sicher schon vom Moment seiner Abreise an besser werden.
Morgen verschwindet er aus meinem Leben, dachte sie erschrocken. Dann ist es endgültig vorbei.
8. KAPITEL
Samstag
Um zwei Uhr morgens am letzten Tag lag Toni in ihrem Bett und starrte die Zimmerdecke an. Zwar ohne zu weinen, aber tiefunglücklich. Sie fühlte sich elend und hatte keine Ahnung, was sie dagegen tun sollte. Sie wusste nicht, was sie wollte, und wenn sie es gewusst hätte, hätte sie nicht gewusst, wie sie es
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