Küss mich Engel
noch Knoblauch und einen Hauch Rosmarin hinzu. Sie entdeckte eine Packung Wildreis mit weißem Reis gemischt, warf jedoch die Gewürzmischung weg und fügte ihre eigenen frischen Kräuter hinzu. Auf der Anrichte stand ein Kofferradio, und sie suchte sich einen Sender mit klassischer Musik heraus. Die köstlichen Gerüche ihres selbstgekochten Mahls und die kräftigen Töne von Rachmaninoffs Prelude in cis-Moll erfüllten den Wohnwagen. Sie machte einen Salat, fügte Hühnerbrüstchen in den Topf zu der Zwiebel-Sellerie-Mischung hinzu und goss das Ganze mit ein wenig Weißwein aus einer Flasche an, die sie vor ein paar Tagen geöffnet hatten.
Die Wohnwagenfenster begannen sich zu beschlagen, und Kondenswasser rann daran herab. Der Regen prasselte auf den Metallbehälter des Trailers, während sie die sanfte Musik und die gemütlichen Küchengerüche in einen warmen Kokon hüllten. Sie deckte den Tisch mit ihrem angeschlagenen blauen Porzellangeschirr, irdenen Salatschüsselchen, zwei nicht zueinander passenden Weingläsern und einem alten Honigtopf mit einem kleinen Strauß roten Wiesenklees, den sie gestern gepflückt hatte, bevor alles passierte. Während sie den Blick über den Tisch und dann auch den Rest des Raums gleiten ließ, ertappte sie sich bei dem Gedanken, dass keine der wunderschönen Villen, in denen sie schon gelebt hatte, so perfekt gewesen war wie dieser verbeulte, kleine alte Wohnwagen.
Die Tür schwang auf, und Alex kam herein. Das Wasser rann ihm von seiner gelben Regenhaut, und das Haar klebte ihm am Kopf. Sie langte nach einem Handtuch, als er die Tür zumachte, und reichte es ihm. Ein ferner Donnerschlag ließ den Trailer erzittern.
»Hmm, riecht gut hier.« Er blickte sich in dem warm beleuchteten Raum um, und sie glaubte so etwas wie Sehnsucht in seinen Augen lesen zu können. Hatte er je ein Zuhause gehabt? Nicht als Kind natürlich, aber als Erwachsener?
»Das Abendessen ist gleich fertig«, sagte sie. »Warum ziehst du dich derweil nicht um.«
Während er sich trockene Sachen anzog, schenkte sie die Weingläser halb voll und machte den Salat an. Aus dem Radio ertönte jetzt Debussy. Als er in Jeans und einem grauen Sweatshirt an den Tisch trat, verteilte sie gerade Hähnchen und Reis auf den Tellern.
Er wartete, bis sie sich gesetzt hatte, bevor auch er Platz nahm, dann ergriff er sein Weinglas und erhob es in einem stummen Toast.
»Ich weiß nicht, ob‘s schmeckt«, sagte sie. »Ich hab einfach genommen, was da war.«
Er nahm einen Bissen. »Schmeckt toll.«
Eine Zeitlang aßen sie friedlich schweigend, eingelullt vom Essen, der Musik und der Gemütlichkeit des Trailers, während draußen der Regen herunterrauschte. »Ich kauf dir eine Pfeffermühle, wenn ich meinen nächsten Gehaltsscheck bekomme«, sagte sie. »Dann kannst du frische Pfefferkörner nehmen, anstatt dieses Packerlzeugs.«
»Ich will nicht, dass du dein Geld für eine Pfeffermühle für mich ausgibst.«
»Aber du magst doch Pfeffer.«
»Darum geht‘s nicht. Worum es geht -«
»Wenn ich nun gerne Pfeffer mögen würde, würdest du mir dann nicht auch eine hübsche Pfeffermühle kaufen?«
»Wenn du eine haben willst.«
Sie lächelte.
Er blickte sie verwirrt an. »Willst du das? Willst du, dass ich dir eine Pfeffermühle kaufe?«
»Ach nein. Ich bin kein großer Pfefferfan.«
Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Ich schäme mich, das zuzugeben, Daisy, aber ich fang tatsächlich langsam an, deinen verdrehten Gedankengängen zu folgen.«
»Überrascht mich nicht. Du bist nämlich ziemlich schlau.« Sie lächelte ihn frech an.
»Lady, du bist schon ein Knaller.«
»Und sexy.«
»Das brauche ich wohl nicht erst zu sagen.«
»Würdest du‘s trotzdem? Bitte?«
»Also gut.« Sein Gesicht wurde weich und zärtlich. Er streckte den Arm über den Tisch und nahm ihre Hand. »Du bist zweifellos ungeheuer sexy. Eine, die so sexy ist wie du, ist mir noch nie begegnet. Und so süß.«
Sie bekam einen Kloß im Hals und verlor sich in den goldenen Tiefen seiner Augen. Wie hatte sie je glauben können, dass sie kalt waren? Sie senkte den Kopf, bevor er sah, dass ihre Augen feucht wurden.
Er fing an, über die Vorstellung zu reden, und schon bald lachten sie über ein Missgeschick, das einem der Clowns mit einer mehr als wohlproportionierten jungen Dame unterlaufen war. Sie erzählten sich die Kleinigkeiten, die heute so passiert waren: ein Problem, das Alex mit einem Arbeiter hatte, Taters Unmut darüber, in
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