Küss mich Engel
Friseur.
Sie blickte die Riesenmengen Essen an, die er für sie bestellt hatte: einen großen Teller Salat, Hähnchenbrüste in Pilzsauce, eine große Ofenkartoffel, dazu Spaghetti, zwei warme Brötchen, ein großes Glas Milch und ein dickes Stück Käsekuchen.
»Das kann ich nicht essen.«
»Ich bin am Verhungern. Ich nehm dir was ab.«
Obwohl er gerne und gut aß, war er kein so großer Esser, um all das hier zu vertilgen. Ihr Magen drehte sich um. Seit sie ihm davongelaufen war, fiel es ihr schwerer, das Essen bei sich zu behalten.
»Probier das hier mal.« Er schaufelte seine Gabel mit Lasagne von seinem eigenen Teller voll und hielt sie ihr an die Lippen. Als sie den Mund aufmachte, um zu protestieren, schob er die Gabel hinein, und sie musste das Ganze wohl oder übel kauen.
»Ich hab dir doch gesagt, ich will nichts essen.«
»Bloß mal probieren. Schmeckt gut, nicht?«
Zu ihrer Überraschung schmeckte die Lasagne, nachdem ihr erster Schreck einmal vorüber war, tatsächlich sehr gut, obwohl sie das nie vor ihm zugegeben hätte. Sie nahm einen Schluck Wasser. »Ich will wirklich nichts mehr.«
»Überrascht mich nicht.« Er wies mit dem Finger auf ihr Hühnchen. »Sieht trocken aus.«
»Es schwimmt in Sauce. Sieht überhaupt nicht trocken aus.«
»Vertrau mir, Daisy. Dieses Hühnchen ist zäh wie Leder.«
»Du weißt ja nicht, wovon du redest.«
»Lass mich mal probieren.«
Sie stieß ihre Gabel in das Hühnchen, und als sie ein Stück heruntersäbelte, spritzte Fleischsaft heraus. »Da siehst du.« Sie streckte ihm böse die Gabel hin.
Er zog den Bissen gehorsam mit den Zähnen ab, kaute und zog dann eine Grimasse. »Zu trocken.«
Sie schnappte sich ihr Messer, säbelte ein Stück ab und aß es. Wie vermutet war es so köstlich, wie es aussah. Sie aß noch einen Bissen. »An diesem Hühnchen fehlt wirklich nichts.«
»Ich glaub, die Lasagne hat meine Geschmacksnerven beeinträchtigt. Lass mich mal von deinen Spaghetti probieren.«
Irritiert sah sie zu, wie er seine Gabel in ihren Spaghetti drehte und dann in den Mund schob. Einen Augenblick später fällte er sein Urteil. »Zu scharf für dich.«
»Ich mag gut gewürztes Essen.«
»Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«
Sie stieß ihre Gabel in die Spaghetti und vertropfte ein wenig Sauce aufs Tischtuch, während sie die Gabel zum Mund führte. Die Sauce war mild und würzig. »Ist überhaupt nicht scharf.«
Sie wollte noch mal zugreifen, hielt jedoch mitten in der Bewegung inne. Ihr Blick flog zu seinen Augen, und sie merkte, dass er sie reingelegt hatte. Sie legte ihre Gabel ab. »Noch so ein Machtspiel.«
Seine langen, schlanken Finger umschlossen ihr Handgelenk, und er blickte sie mit einer Besorgnis an, die sie ihm keine Sekunde lang abkaufte. »Bitte, Daisy. Du bist so dünn, dass es mir angst macht. Du musst um des Kindes willen essen.«
»Dazu hast du kein Recht!« Ein scharfer Schmerz durchfuhr sie. Sie würgte den Rest ihrer Worte zurück und verkroch sich wieder hinter ihrem harten, aber sicheren Panzer. Gefühle waren ihr Feind. Alles, woran sie zu denken hatte, war das Wohl ihres Kindes.
Ohne ein weiteres Wort machte sie sich wieder an ihr Essen und aß, bis sie nicht mehr konnte. Sie ignorierte seine Versuche, ein Gespräch anzufangen, und auch die Tatsache, dass er selbst kaum etwas aß. In Gedanken flüchtete sie zu einer wunderschönen Wiese, auf der sie und ihr Baby frei herumtollen konnten, bewacht von einem mächtigen Tiger namens Sinjun, der sie beide liebte und keinen Käfig mehr brauchte.
»Du bist total erschöpft«, sagte er, als sie schließlich die Gabel weglegte. »Wir brauchen beide Schlaf. Lass uns gleich zu Bett gehen.«
Sie erhob sich vom Tisch, suchte ihre Sachen zusammen und verschwand im Bad, wo sie sich eine lange, heiße Dusche gönnte. Als sie schließlich wieder rauskam, war es in der Suite ganz dunkel, nur durch einen Spalt im Vorhang drang noch ein wenig schwaches Licht. Alex lag auf dem Rücken auf der jenseitigen Seite des breiten Doppelbetts.
Sie war so müde, dass sie sich kaum mehr auf den Beinen halten konnte, aber der Anblick seiner nackten Brust ließ sie zögern.
»Ist schon okay«, hörte sie ihn im Dunkeln flüstern. »Ich fass dich schon nicht an, Schätzchen.«
Sie blieb, wo sie war, bis ihr klar wurde, dass es egal war, ob er sie anfasste oder nicht. Sie würde ohnehin nichts fühlen.
Alex schob die Fäuste in die Taschen seiner Windjacke und lehnte sich an den
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