Küss! Mich! Jetzt! (Julia) (German Edition)
Roxy sowieso nicht mitkommen.
Ivy schniefte beleidigt. „Man könnte glauben, du würdest dich deiner Familie schämen.“
„Du weißt, dass es nicht so ist. Aber es ist doch immer wieder das gleiche Spiel: Es wird gefeiert, die alten Geschichten werden erzählt, es wird gut gegessen, ein Feuerwerk wird abgebrannt, und das glückliche Paar wird mal wieder versuchen, mich zu verkuppeln. Irgendwann treibt mich das noch in den Wahnsinn.“
Bis vor fünf Jahren waren die Sparks bettelarm gewesen, doch dann hatte seine Mutter von einem entfernten Verwandten ein kleines Vermögen geerbt. Seitdem wurde der Hochzeitstag aufwendig gefeiert.
Seine Schwester lächelte aufmunternd, wie sie es schon als Kind getan hatte, wenn sie ihn beim Damespiel geschlagen hatte. „Wenn du selbst eine Freundin mitbringst, können sie sich das Verkuppeln sparen. Komm schon, Nate. Ich kann es kaum erwarten, sie kennenzulernen. Was macht sie denn beruflich? Ist sie blond oder brünett? Ist sie unsterblich in dich verliebt, oder spielt sie die Coole?“
„Das kommt auf den Tag an.“ Als Ivy aufhorchte, winkte er nur ab. „Vergiss, was ich gesagt habe.“ Doch eins wollte er selbst gern wissen. Eine Frage beschäftigte ihn, seit Roxy ihn Freitagabend hinauskomplimentiert hatte.
„Sag mal, Ivy, was weißt du eigentlich über den Familienfluch?“
„Es ist kein Fluch!“
„Okay, den Segen.“
„Er geht zurück auf eine Grabinschrift, die Urgroßvater Sparks auf dem Grabstein eines Vorfahren in England entdeckt hat. Mal sehen, ob ich das noch zusammenbekomme.“ Angestrengt runzelte Ivy die Stirn. „‚Ich lebe nur für dein Herz und vergehe ohne deine Liebe‘, so in etwa. Einen Monat nachdem seine Frau beerdigt worden war, starb auch der Mann. Unser Urgroßvater hat weitere Forschungen angestellt und kam zu dem Schluss, dass die Sparks sich schnell verlieben und ihrer Partnerin bis ans Ende ihrer Tage treu bleiben.“ Sie seufzte verzückt. „Ich liebe es, den Kindern zu erzählen, wie ihre Großeltern sich auf den ersten Blick verliebt haben – wie im Märchen.“
„Genau wie unsere Großeltern“, murmelte Nate.
„Ist es nicht süß, wie die beiden immer noch Hand in Hand spazieren gehen? Hoffentlich tun Cameron und ich das auch noch, wenn wir fünfundachtzig sind.“
Nate war sich dessen ziemlich sicher. Die beiden liebten einander innig. Ein weiteres Beispiel für den Familienfluch beziehungsweise – segen.
„Ist denn nun etwas dran an dem Fluch, Ivy?“ Gespannt wartete er auf ihre Antwort.
Seine Schwester riss die Augen auf. „Ich glaub’s ja nicht! Dir ist es ernst mit der Frau, oder? Du hast Angst, deine berufliche Zukunft zu zerstören, wenn du um die Hand deiner Freundin bittest. Du befürchtest, alles andere zu vernachlässigen, weil du nur noch Augen für deine große Liebe hast.“
Er schloss kurz die Augen. „Handelt es sich denn nun um so eine Art Voodoo, oder spielen nur die Gefühle verrückt?“
„Beides, schätze ich.“ Nachdenklich spielte sie mit ihrem Ehering. „Man ist wie verzaubert, wenn man sich verliebt.“
„Mit geflickten Hosen zur Schule gehen zu müssen, ist aber gar nicht zauberhaft.“
„Okay, deine eine oder andere Hose war mal geflickt, aber du hast eine ausgezeichnete Schule besucht“, gab Ivy zu bedenken. „Wir sind alle auf Privatschulen gegangen und haben eine hervorragende Ausbildung genossen.“
„Es wäre einfacher gewesen, wenn Dad sein eigenes Studium abgeschlossen hätte.“
„Trotzdem hatten wir es besser als Scheidungskinder. Zwar war das Geld knapp, aber …“
„Wir konnten uns kein Telefon leisten. Und manchmal wurde der Strom abgestellt, weil unsere Eltern die Rechnung nicht bezahlen konnten, Ivy.“
„Aber unsere Eltern haben uns mit Liebe großgezogen.“
Obwohl sie eigentlich nur Augen füreinander gehabt haben, dachte Nate. Er machte seinem Vater den Vorwurf, zwar ein Ehemann zu sein, der seine Frau auf Händen trug, aber als Vater, der auch mal Stärke zeigte und ein Machtwort sprach, versagt zu haben.
„Wir beide sehen die Dinge wohl unterschiedlich“, meinte Ivy. „Vielleicht liegt es daran, dass ich glücklich verheiratet bin und …“
Als sie die Lippen zusammenpresste und ihr Blick ins Leere ging, hakte Nate misstrauisch nach. „Und was?“
„Tut mir leid, Nate, ich kann das nicht erklären.“
Als er ihr mitleidiges Lächeln bemerkte, stöhnte Nate. Er wünschte sich ja auch eine eigene Familie, aber nicht bevor er
Weitere Kostenlose Bücher