Küss mich später: Marsden 1 - Roman (German Edition)
Zeigefinger. »Wag es ja nicht, auch nur einen Ton zu ihr zu sagen. Du betonst doch immer, du willst nicht, dass sie verletzt wird. Also, lass es mich auf meine Weise tun.«
»Wo liegt denn eigentlich das Problem?«
Mike rieb die Handflächen an dem kalten Glas. »Wann immer ich mir auszumalen versuche, wie es wäre, auf Dauer hierzubleiben, krampft sich alles in mir zusammen. Ich habe es nie in Erwägung gezogen, und das weiß Cara auch. Wenn ich ihr von Simons Plänen erzähle, wird ihre Fantasie garantiert Kapriolen schlagen.«
Sam verzog enttäuscht das Gesicht. »Und ich hatte in den letzten paar Wochen doch tatsächlich den Eindruck, dass du dich hier allmählich ganz wohl fühlst.«
Der Eindruck hatte ja auch nicht getäuscht. »Schon, aber sobald Dad mir vorgeschlagen hat, ich soll für immer bleiben, da hatte ich das Gefühl, als ob mir jemand eine Schlinge um den Hals legt.«
»Findest du nicht, es ist an der Zeit, endlich mal erwachsen zu werden?«, fragte Sam.
»Erspar mir deine dummen Sprüchen«, knurrte Mike. War ja klar, dass sein Bruder ihn nicht verstehen würde. »Du kennst mich doch – ständig unterwegs, ständig unter Strom, keine Zeit zum Grübeln. Und wenn doch, dann hatte ich jedes Mal ziemlich bald das Gefühl zu ersticken.«
»Hat mir letzte Woche aber gar nicht danach ausgesehen«, brummelte Sam. »Und die Woche davor genauso wenig.«
Ella und Simon hatten sich ähnlich geäußert, aber keiner der drei konnte auch nur ansatzweise nachvollziehen, dass Mike schon der Gedanke an eine derartige Verpflichtung die Luft abschnürte.
Er schnaubte frustriert, setzte sich etwas anders hin und beschloss, mit ein paar Beispielen aus seiner Vergangenheit aufzuwarten. »Die Eintönigkeit des Alltags hat mir seit jeher zu schaffen gemacht. Schon als ich noch hier gelebt habe, und auch später dann in Atlantic City. Ich kann das einfach nicht. Mein Boss hat mir damals den Job als Undercover-Cop in New York nur besorgt, weil er wusste, dass ich ständig Abwechslung und Adrenalinschübe brauche.«
Sam grinste. »Zugegeben, die bleiben aus, wenn man den lieben langen Tag nur in Meetings hockt. Aber brauchst du das denn überhaupt noch? Sehnst du dich wirklich noch immer nach Aufregung im Berufsleben oder hast du vielleicht inzwischen einen Ausgleich im Privatleben gefunden?« Er beugte sich nach vorn. »Bei einer bestimmten Frau zum Beispiel?«
»Ich weiß es nicht.« Und genau da lag das Problem. Mike rechnete damit, dass er sich langweilen würde, wenn er nicht ständig gefordert wurde. Andererseits musste er zugeben, dass ihm die Adrenalinschübe bei der Arbeit in letzter Zeit tatsächlich nicht gefehlt hatten.
»Und nun zu den Frauen«, fuhr Sam fort. »Seit Tiffany hast du sie alle auf Abstand gehalten, richtig?«
»Ja. Keinerlei Versprechungen oder Verpflichtungen. Hat bestens funktioniert … Bis Dad krank wurde und mich gebeten hat, für ihn einzuspringen.«
»Und du bist zurückgekommen. Nach Serendipity und zu Cara.« Sein Bruder musterte ihn mit jenem allwissenden Blick, der sonst bei der Befragung von Verdächtigen zum Einsatz kam.
Diesen Blick beherrschte Cara auch ganz hervorragend. Sie beide hatten das Zeug zum Kriminalbeamten, dachte Mike und verspürte plötzlich Bedauern, weil er nicht derjenige sein würde, der sie befördern würde.
»Cara ist … anders«, räumte er ein. »Sie schafft es immer wieder, mich aus der Reserve zu locken.«
Sam nickte lachend.
Aus der Reserve locken war die Untertreibung des Jahrhunderts. Cara hatte ein Talent dafür, ihn in den Grundfesten zu erschüttern. Und sie tat es immer wieder. Wann immer sie sich liebten – er hatte es längst aufgegeben, sich einzureden, dass es bloß Sex war –, kam er sich vor, als würde er einen kompletten emotionalen Striptease hinlegen.
Aber das gedachte er seinem Bruder nicht auf die Nase zu binden. Schlimm genug, dass er hier saß und sich bei Sam ausheulte, als wäre er eine gottverdammte Tussi. Und alles nur, weil es Cara gelungen war, sich Stück für Stück in sein tiefstes Inneres vorzuarbeiten; und jetzt war ihm, als würde ein Loch in seiner Brust klaffen. Er fühlte sich auf einmal entblößt und verwundbar. Das war ihm noch nie passiert, und es traf ihn völlig unvorbereitet. Dazu der Druck, eine Entscheidung in Bezug auf seine Karriere zu treffen … All das war mehr, als er verkraften konnte.
»Verstehst du denn nicht?«, fragte er seinen Bruder. »Es wird sie umbringen, wenn ich erst sage,
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